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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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das tut unserer Liebe keinen Abbruch. Eurem Gesicht sehe ich an, dass Ihr es immer noch nicht versteht. Ich erkläre es Euch anders: Franco lässt seine Freunde fallen, wenn es sein muss, und sie lassen ihn fallen. Meines Vaters Kollegen booten ihn aus, wenn es ihnen zum Vorteil gereicht, und er bootet sie aus. Die Nachbarn bestehlen uns, wenn sich ihnen eine Gelegenheit bietet, und wir bestehlen sie. Einer haut den anderen übers Ohr, so ist das hier. Nur innerhalb der Familie nicht. Wir nutzen uns zwar aus, aber wir halten zusammen. Franco ist der Einzige, dem ich vertraue, und ich bin die Einzige, der er vertraut. Und jetzt schert Euch weg, bevor ich …«
    Sie wandte sich ab und rannte ins Haus, anscheinend im Zorn, aber Sandro glaubte, in der sich zum Schluss überschlagenden Stimme Rosinas etwas völlig anderes als Zorn erkannt zu haben.
     
    Als Rosina in das Zimmer zurückkehrte, saß Franco auf dem Fußteil des Bettes, mit angewinkelten Beinen. Ein Habicht auf einem Ast neben dem Acker, das war das Bild, das Rosina bei diesem Anblick in den Sinn kam.

    »Worüber habt ihr gesprochen?«, fragte er.
    »Über nichts.«
    »Über nichts kann man nicht sprechen. Rosinchen, wir müssen vorsichtig sein. Sag mal, hast du geweint?«
    »Blödsinn!«
    »Wäre wirklich blöd von dir. Läuft doch alles wie am Rosenkranz. Der Gisbert liegt dir zu Füßen, das ist ein ganz dicker Fisch, der kann uns mit einem Schlag aus dem Dreck herausholen. Jetzt bloß keine Fehler machen.«
    Er stieg von seinem Pfosten herunter und nahm sie in den Arm. »Was macht dir Sorgen, Rosinchen? Ich zerstreue sie. Ist es immer noch, weil ich wusste, dass dieser Johannes umgekommen war?«
    Nein, das war es weniger, was sie bekümmerte, aber da er es schon einmal ansprach …
    »Du hast gehört, was Gisbert uns vorhin erzählte«, sagte sie. »Alle im Collegium durften einen Tag lang das Haus nicht verlassen. Wie also hast du davon erfahren?«
    »Gut, ich war dort gewesen an dem Abend, im Collegium. Ich hatte am Abend vorher bei der Geldübergabe die kaputte Küchentür bemerkt, und da dachte ich, ich könnte ja mal wiederkommen und sehen, ob ich was abgreifen kann.«
    »Du hast klauen wollen?«
    »Und wenn’s nur ein bisschen Küchenzeug gewesen wäre, das kann man alles verkaufen. Ich musste nur über die Mauer in den Hinterhof klettern, das war nicht schwer, und dann bin ich in die Küche geschlichen.«
    »Da hat doch Giovanna gearbeitet, die Frau aus unserem Hof.«
    »Die war so beschäftigt, die hat mich gar nicht bemerkt. Außerdem ist die Küche von denen riesig. Na ja, und da habe ich zufällig mitbekommen, dass Johannes am selben Abend gestorben ist, kurz vorher. So war das. Ich schwöre es.«

    Noch so ein schaler Schwur. Wenn Franco von sich aus schwor, stimmte ganz bestimmt etwas nicht an seiner Geschichte. Rosina hatte viel von dem, was sie dem Jesuiten gesagt hatte, auch tatsächlich so gemeint, aber eine Sache nicht: Sie vertraute Franco nicht. Trotzdem gab sie sich vertrauensvoll in seine Hände. Was für ein Widerspruch. Franco war früh in Rosinas Leben ihr einziger Halt gewesen, weil er als Einziger Zuversicht verkörperte, wo andere Mühsal und Scheitern verkörperten. Sie war wie ihr Bruder - ein wenig böse - und konnte noch nicht einmal sagen, dass sie es bedauerte.
    In einer Hinsicht unterschied Rosina sich allerdings grundsätzlich von ihrem Bruder - da hatte der Jesuit etwas richtig erkannt, das Franco bisher entgangen war, weil es einfach nicht in seine Denkschablone passte. Die Liebe kam bei Franco nicht vor oder nur als Dummheit anderer, die es auszunutzen galt. Dass sein Rosinchen lieben könnte, kam ihm nicht in den Sinn. Würde sie Gisbert von Donaustauf lieben, wäre das kein Problem, doch sie liebte den Falschen, einen Mann ohne Geld.
    »Ich will diesen Gisbert nicht zum Mann«, platzte sie heraus. »Ich will Tilman. Ich dachte, ich würde es hinkriegen, ihn zu vergessen, aber als ich ihn vorhin wiedergesehen habe … Es geht nicht, Franco. Ich habe mir Mühe gegeben. Wir haben immerhin die fünfzig Dukaten, damit kann man eine Weile zurechtkommen.«
    Er schlug sie fest mit der flachen Hand, ihr Kopf wurde zur Seite gerissen, und die langen Haare lagen quer über ihrem Gesicht. Das war nicht das erste Mal. Alle paar Monate sagte oder tat sie etwas, das ihn dazu veranlasste, sie zu schlagen.
    Zum ersten Mal schlug sie heute zurück.
    Er war nicht lange verblüfft. Er schlug sie erneut, noch ein bisschen fester,

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