Der Schwarze Papst
schlug so kraftvoll auf den Ehrwürdigen, dass dessen Körper erbebte.
»Acht … neun …zehn«, zählte Duré. »Und jetzt beatmen.«
Sandro presste unter den Argusaugen des Magisters seine Lippen auf Loyolas und gab ihm von seinem Atem. Das war ungewohnt, doch er sagte sich, dass bei der Heiligen Kommunion das Blut und Fleisch Christi als Zeichen der Verbundenheit verzehrt wurde und es deshalb ganz natürlich sei, auch den Atem zu teilen.
»Geht zur Seite.« Duré stieß ihn ruppig weg und drückte sein Ohr auf Loyolas Brust. »Still!«
Sandro, erschöpft, wagte nicht, zu atmen.
»Es schlägt wieder«, jubilierte der Magister. »Geschafft! Geschafft! Gut gemacht, Bruder Carissimi. Nun helft mir, den Ehrwürdigen in sein Bett zu legen.«
Obwohl Loyola eher klein und nicht allzu schwer war, hatten sie zu zweit ihre liebe Not, ihn die paar Schritte zum Bett zu tragen. Doch dann war es glücklich getan. Loyolas Herz schlug gleichmäßig, ja, er öffnete sogar halb die Augen und schloss sie erst auf Anraten Durés wieder. Gleich darauf schlief er ein.
»Das war knapp«, seufzte Duré entkräftet, und eine Weile standen sie sprachlos neben dem Bett, den Blick auf den Schlafenden gerichtet.
Als Bruder Nikolaus Königsteiner mit einem Becher Tee hereinkam, ging Duré ihm entgegen, nahm ihm, wie Sandro fand, das Gefäß ruppig aus den Händen und sagte: »Es ist gut. Ihr könnt gehen.«
»Ist der Ehrwürdige genesen?«
»Ja. Nun geht. Wir sprechen uns später noch.« Den letzten Satz sprach er wie eine Drohung aus, woraus Sandro schloss, dass Königsteiner an dem Vorfall irgendeine Mitschuld trug.
Doch nicht nur Königsteiner, wie Sandro sogleich feststellte.
»Jetzt zu Euch, Bruder Carissimi«, sagte Duré mit gedämpfter Stimme, um Loyola nicht zu wecken. »Es ist mir ganz egal, dass Ihr unter dem Patronat Seiner Heiligkeit steht, ebenso wie mir egal ist, dass Ihr zwei Mordfälle aufzuklären habt. Mich interessiert einzig das Wohlergehen des Ehrwürdigen, und ich muss sagen, dass Ihr Euch nach und nach als Nagel zu seinem Sarg entpuppt.«
»Was habe ich denn getan?«, fragte Sandro betroffen.
»Die Weise, in der Ihr diese Untersuchung führt, ist absolut unangemessen - ab-so-lut un-an-ge-messen«, wiederholte er. »Gestern Abend hat dieser rüpelhafte Hauptmann, den Ihr aus mir unerfindlichen Gründen für die Ermittlung als notwendig erachtet, also besagter Hauptmann hat dem Bruder Königsteiner einen Faustschlag ins Gesicht versetzt - ich musste die Blutung seiner Nase stillen.«
Sandro war sich unsicher, ob das Blut sich gerade fluchtartig aus seinem Gesicht verzog oder im Gegenteil die Gesichtshaut flutete.
»Das wusste ich nicht«, sagte er und hatte einen Moment lang eine reichlich unchristliche Fantasie Forli betreffend. Er stellte ihn sich allein in einer Arena vor, und Sandro stand am Gitter des Löwenkäfigs, den Schlüssel in der Hand.
»Unwissenheit entbindet nicht von Verantwortung«, fügte Duré barsch hinzu. »Ihr mögt Visitator sein, aber vor allem seid Ihr Jesuit, und als solcher gebt Ihr derzeit eine klägliche Figur ab. Ich darf das sagen, gerade weil ich selbst kein Jesuit, noch nicht einmal Geistlicher bin. Bruder Carissimi, ich sage Euch hier und jetzt, dass ein weiterer Herzanfall des Ehrwürdigen innerhalb der nächsten Tage mit hoher Wahrscheinlichkeit seinen Tod bedeuten würde, und sollte es so weit kommen, tragt Ihr daran Anteil.«
Das war der Zeitpunkt, an dem Sandro den Löwenkäfig öffnete. Was war nur in Forli gefahren? Welchen Grund konnte es geben, einen Mönch zu schlagen? Dann fiel Sandro ein, dass er selbst schon einige Male das Opfer von Forlis Faust geworden war. Der Mann hatte sich einfach nicht in der Gewalt. Aber mitten in einem Collegium, einer Schule, einem Wohnort von Mönchen - das war zu viel. Wo glaubte er denn, dass er sich befand? Auf dem Schlachtfeld?
Dennoch, Forli war sein Helfer, eine Art Kamerad. Er war ruppig und rau, er drückte sich unmöglich aus, er machte Fehler. Aber Fehler machten alle, und es gab schlimmere Charaktermängel als Taktlosigkeit.
»Ohne sein Verhalten entschuldigen zu wollen - es war ja wohl nicht Forli, der dem Ehrwürdigen von dem Vorfall erzählt hat. Wenn ich Euer kurzes Gespräch mit Bruder Königsteiner richtig verstehe, konnte er nicht an sich halten und wandte sich an den Pater General.«
»Dabei hatte ich ihn gestern ausdrücklich gebeten, den Ehrwürdigen zu schonen. Und was macht er? Erzählt ihm vorhin von
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