Der Schwarze Papst
Bett und verschränkte, offensichtlich zufrieden mit seinem Werk, die Arme hinter dem Kopf.
»Ich komme jetzt auf die zweite Geldübergabe zu sprechen«, sagte Sandro. »Wann fand sie statt?«
»Ein paar Tage später, am Abend, bevor ich Ried verkloppt habe. Im Hinterhof des Collegiums. Wir waren allein. Johannes hat mich reingelassen und mir fünfzig Dukaten gegeben, wie vereinbart. Er verlangte dann noch, dass ich schwöre, meine Zusage einzuhalten. Habe ich gemacht, war lustig. So was von naiv habe ich noch nie erlebt. Mich schwören zu lassen - zum Totlachen.«
In diesem Punkt stimmte Sandro ihm zu. Einen wie Franco schwören zu lassen, sich ehrenhaft zu verhalten, das war, als würde man ein Huhn schwören lassen, keine Eier mehr zu legen.
Sandro hatte, was seinen Fall betraf, eine Reihe neuer Erkenntnisse gewonnen, wodurch sich interessante Fragen ergaben: Hatte Johannes seinen Bruder zur Rede gestellt, und wenn ja, ihm mitgeteilt, was er getan hatte beziehungsweise vorhatte? Woher hatte Johannes den Schlüssel, um Franco in den Hinterhof einzulassen? Hatte noch jemand aus dem Collegium von der Geldübergabe, die am Tag vor dem Mord an Johannes stattfand, gewusst und diese womöglich beobachtet? Woher hatte Johannes das Geld? Fünfzig Dukaten waren kein Vermögen, aber mehr, als man für gewöhnlich in einer Klosterzelle zur Hand hatte. Hatte er ein Goldreservoir in seinem Zimmer deponiert? Und wenn ja, wieso hatte man bei der Durchsuchung nichts gefunden?
Von Franco würde Sandro heute nichts mehr erfahren. Diese Informationsquelle war vorerst versiegt, denn Sandro hatte keine weiteren Anhaltspunkte, wonach er fragen sollte, und ganz von selbst zu erzählen, das war nicht Francos Art.
Eines aber wollte Sandro doch noch loswerden, auch wenn es nicht direkt den Fall betraf.
»Ich glaube dir zwar, dass dich Schwüre nicht interessieren,
Franco«, sagte er. »Trotzdem bin ich sicher, dass du und Rosina am Abend der Geldübergabe vorhattet, das Versprechen zu halten und Gisbert in die Wüste zu schicken. Die Liebesgeschichte kaufe ich euch nicht ab, und ein anderes Motiv, an der Beziehung festzuhalten, sehe ich nicht. Gisbert selbst besaß keine Reichtümer, auf Dauer taugte er nicht als Goldesel. Und nachdem du auf den Geschmack gekommen bist, Franco … Mit anderen Söhnen, Enkeln und Brüdern, deren Verwandte ihr erpressen könnt, macht ihr wesentlich mehr Geld als mit den paar Geschenken, die Gisbert euch bringt. Erst jetzt, wo Johannes tot ist, hat sich die Lage verändert. Wenn Rosina es schafft, dass Gisbert sie heiratet, seid ihr gemachte Leute, denn jetzt hat er Geld - und keinen einzigen Verwandten mehr, der ihn enterben oder eine Heirat verbieten könnte. Ihr spielt ein ziemlich übles Spiel - auch wenn es nicht ungesetzlich ist.«
Franco machte aus seinem Herzen keine Mördergrube und grinste. Vermutlich fühlte er nichts anderes als Stolz darüber, eine Gesetzeslücke gefunden zu haben, denn seine Art von Erpressung war nicht strafbar. Wenn sich ein Dummkopf in Rosina verliebte, war das die Sache des Dummkopfs, und wenn ein Vater meinte, Rosina sei nicht gut genug für den törichten Sohn, und kaufte ihn sozusagen frei, war das die Sache des Vaters.
So geschickt wie niederträchtig, und damit war auch schon Francos Charakter umrissen.
Rosina hingegen fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut, das sah Sandro ihr an. Als sie anbot, ihn hinauszubegleiten, wusste er, dass sie ihm noch etwas sagen wollte, und als sie im Hof waren, kam es zur Sprache.
»Bitte richtet Tilman aus, es täte mir leid«, sagte sie mit reuiger Stimme.
»Gerne, wenn du mir sagst, was dir leidtut. Dass du ihn verstoßen hast oder dass du ihm vorhin nicht die Wahrheit gesagt hast?«
Rosinas Reue verschwand im Nu wieder, und sie entgegnete Sandro kämpferisch: »Ihr habt keine Ahnung, wie es ist, arm zu sein. Ihr lebt im Vatikan, stammt vermutlich aus einer reichen Familie, und selbst wenn Ihr als Geistlicher Kranke und Arme gepflegt haben solltet, so ist das doch nur, als wenn man einem kranken Hund das Bein verbindet oder einen kranken Vogel von seinen Leiden erlöst - deswegen versteht man längst noch nichts von dem, was in Hunden und Vögeln vorgeht, wie sie leben … Ihr verurteilt meinen Bruder und mich, aber Ihr wisst nichts von uns.«
»Ich weiß, dass er dich ausnutzt.« »Und ich nutze ihn aus. Ziehe ich etwa keinen Vorteil aus allem? Bei uns nutzt man sich aus, jawohl, das ist so üblich. Aber das macht nichts,
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