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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Taten anregte?
    Vielleicht spiegelte sich Sandros Verstimmung allzu sehr in seinen Augen wider, denn Ignatius von Loyola, der bisher mit größter Milde gesprochen hatte, mischte nun eine winzige Spur Vehemenz in seinen Tonfall und wechselte das Thema.
    »Bruder Carissimi, ich sehe ein, dass das ernste Gespräch, das ich heute eigentlich vorhatte, mit dir zu führen, von den Umständen verhindert wird. Was diesen Vorfall angeht, diesen Mord, so werde ich nur dann billigen, dass du als Visitator ermittelst, wenn ich das Recht habe, bei den Befragungen der Mitbrüder anwesend zu sein.«
    »Selbstverständlich«, sagte Sandro, dachte aber sogleich
daran, wie das seine Arbeit erschweren würde. Im Beisein des Ordensgenerals würden sowohl er als auch die Befragten befangen sein.
    »Außerdem brauche ich die Einwilligung des Papstes zu deiner Untersuchung.«
    »Das ist nur eine Formalität, ehrwürdiger Pater General. Ich würde Euch darum bitten, die Brüder und Schüler anzuweisen, zwei Tage lang das Collegium nicht zu verlassen.«
    Ignatius nickte. »Ich bewillige einen Tag.«
    »Ich bat um zwei Tage, ehrwürdiger Pater General.«
    »Und ich gebe dir einen Tag.«
    Das passte Sandro gar nicht, aber er verneigte sich zum Zeichen der Unterwerfung. »Ich habe Wachen vor den Eingängen postiert, die sicherstellen, dass das Ausgangsverbot - das selbstverständlich nicht für Euch gilt - eingehalten wird. Und ferner möchte ich Eure Erlaubnis einholen, mithilfe des Hauptmanns Forli, dem ich vertraue, die Zimmer zu durchsuchen - außer Euer Zimmer natürlich.«
    Ignatius erhob sich. »Nein, das werde ich nicht gestatten. Die Societas Jesu ist kein normaler Orden, wie du weißt. Der private Bereich jedes Bruders ist uns heilig. Deswegen haben die Zimmertüren keine Riegel, und keiner darf ein Zimmer eines Mitbruders betreten, wenn dieser nicht anwesend ist oder auf das Klopfen nicht reagiert.«
    »Hier handelt es sich um eine Ausnahme, wie Ihr sicher zugeben müsst.«
    »Ausnahmen gibt es nicht. Wenn wir von Jesuiten erwarten, dass sie sich an Regeln halten, dürfen wir sie nicht brechen, wenn es uns in den Kram passt. Vertrauen kennt keine Ausnahmen. Soldaten oder Polizisten dürfen das Collegium nicht betreten.«
    »Ich habe Hauptmann Forli bereits hereingebeten.«
    »Das war voreilig und eigenmächtig. Der Hauptmann hat
das Collegium umgehend zu verlassen. Guten Abend, Bruder. Ich möchte dich nicht länger aufhalten.«
    Sandro stand der Sinn nach Widerspruch, aber er ahnte, dass das nichts bringen würde. Loyola war nicht dafür bekannt, sich belehren zu lassen, und sich zu diesem frühen Zeitpunkt mit dem zweitmächtigsten Mann der Kirche anzulegen, noch bevor Sandro mit dem mächtigsten Mann gesprochen hatte, wäre unvorsichtig. Immerhin hatte er bisher ja noch nicht einmal das Mandat, dieses Verbrechen aufzuklären.
    »Bevor ich gehe«, sagte er und spürte dabei eine gewisse Genugtuung, »hätte ich noch ein oder zwei Fragen an Euch, ehrwürdiger Pater General. Und zwar den Toten betreffend.«
     
    Rosina tanzte. Und die Leute sahen zu. Sie bildeten einen Kreis, sie klatschten zur Fidel, sie sangen, und sie sprangen von einem Bein aufs andere. Aber keiner drehte sich wie Rosina. Sie hatte eine Technik entwickelt, mit der sie sich wie eine Windhose drehen konnte, wieder und wieder. Das bisschen Schwindel ignorierte sie. Wenn es zu arg wurde, machte sie ein paar Sprünge, warf die Beine hoch oder bog sich nach hinten, bis sich das Mieder über den Brüsten spannte, oder sie bewegte die Arme wie Geäst im Gewitter - irgendetwas fiel ihr immer ein. Sie wusste in dem einen Augenblick noch nicht, was sie im nächsten tun würde, aber das fand sich stets, und zwar im Tanz ebenso wie im Leben. Und wenn ihr nichts mehr einfiel, dann drehte sie sich eben wieder, schnell und schneller, und wenn jemand rief: »Noch schneller«, dann schaffte sie auch das. Sie war Rosina. Sie war das Prachtmädchen. An den Fenstern und auf den Balkonen rund um den kleinen Innenhof he - rum standen die Frauen und schüttelten bewundernd die Köpfe. »Dieses Prachtmädchen.« Und: »Diese Blume im Wind.« Und: »Diese Rosina.«
    Rosina machte die Abende, an denen sie im Hof tanzte, zum
Fest, so auch diesen Abend. Als sie zu tanzen aufhörte, hatte sich das Feuer auf alle Männer und Frauen im Innenhof übertragen. Der Fiedler spielte weiter, und die Leute hakten sich an den Armen unter und tanzten zusammen, und diejenigen, die zu alt waren, wiegten

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