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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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sich und klatschten in die Hände. Überall war Lachen, wo sonst nur Trübsinn gewesen wäre.
    Das war ihr Werk, sie wusste es. Sie war die Flamme, die die Freude entzündete. Und sie war die Prinzessin. Neider hatte sie nicht. Die anderen Frauen, deren Wohnungen um den kleinen Hof herum lagen, hatten bereits Ehemänner, oder sie waren kleine Mädchen, die noch nicht an Männer dachten. Somit war Rosina nicht nur die Flamme und die Prinzessin, sondern auch die Braut, die schöne Sechzehnjährige, die Nächste.
    Sie genoss all diese heimlichen Titel, jeden einzelnen. Bescheidenheit war ihr fremd. Man hörte nie ein prahlerisches Wort von ihr, aber wenn man sie bewunderte, war es ihr sehr recht. Und wenn sie sich einmal schlecht fühlte oder ärgerte oder Angst hatte, oder wenn ihr Herz bei Aufregung wie wild schlug, dann ging sie eben in den Hof und tanzte. Meistens dauerte es nicht lang, der Fiedler bemerkte sie von seinem Fenster aus und spielte auf. So war es heute Abend gewesen. Sobald sie sich drehte, drehte sich alles nur noch um sie, dann vergaß sie die Sorgen, die Angst, alle Schmerzen.
    Vergaß auch das Böse in ihr.
    Schwer atmend, aber mit einem breiten Lächeln, zog sie sich in eine Ecke des Innenhofes zurück. Ihr Gesicht glänzte vor Schweiß und Ekstase. Die Pose, mit der sie sich auf die noch warmen Pflastersteine legte, war aufreizend, aber sie tat das nicht deswegen, sondern weil die aufreizenden Posen meistens auch die bequemsten sind. Sie stützte sich mit den Ellenbogen auf und spreizte die angewinkelten Beine, sodass der lange Rock sich spannte. Dann blies sie sich eine lockige Strähne aus der Stirn und lachte zu dem Reigen der Alten und Kinder und
der Eheleute. Ihre Füße wollten noch nicht zur Ruhe kommen und bewegten sich leicht zur Musik.
    Ab und zu sah einer der verheirateten Jungmänner zu ihr herüber, aber keiner belästigte sie, denn jeder wusste, dass sie keine von denen war, die Ehefrauen traurig machte. Schließlich würde sie irgendwann selbst eine Ehefrau sein.
    Dieser Gedanke brandete wie eine große Welle über sie hinweg und löschte Freude und Flamme, löschte alle Illusionen aus. Rosinas Füße standen nun still. Die Beine berührten sich an den Knien, und die aufreizende Pose wandelte sich in ein Kauern. Sie hörte die Musik nicht mehr. Die klatschenden Frauen, die soeben noch ein Quell der Ermunterung gewesen waren, verkörperten plötzlich die Ahnung von Niedergang und Gleichgültigkeit. Sie saßen tagein, tagaus in ihren kleinen Wohnungen, von den Männern alleingelassen mit den Kindern, von den Männern mit Gleichgültigkeit behandelt und schlimmstenfalls geschlagen. Solche Frauen hatten, waren die Kinder erst erwachsen, bloß noch einander. Eine schlurfte zur anderen und beklagte sich, und irgendwann nicht einmal mehr das. Sie schlurften zueinander und schwiegen. Sie trauerten schweigend. Sie starben schweigend.
    Doch man sollte sich nicht täuschen: Jede dieser Frauen war einst eine tanzende Rosina gewesen, nun gut, vielleicht nicht ganz so begabt, aber gewiss auf eine Art reizvoll. Sie alle waren Sechzehnjährige gewesen, jede von ihnen die Prinzessin irgendeines Innenhofes. Und nun standen sie auf den Balkonen mit schrundigen Händen, Zahnlücken und ausgetrockneten Augen, und sie klatschten und klatschten in der absurden Erwartung, dieser Abend der Freude und Ablenkung möge nie vergehen.
    Doch er würde vergehen. Er war bereits dabei zu vergehen. Dieser Abend, und morgen der nächste, und dann der übernächste. Und jeder Abend brachte die Frauen auf den Balkonen
dem erlösenden Tod näher - und Rosina der Zukunft als Frau auf dem Balkon.
    Was war sie, Rosina, denn schon? Eine Innenhofprinzessin, eine Salome der Armen, umgeben von brüchigen Häusern, die von Menschen mit zerbrochenen Wünschen bewohnt waren. Schon zwei Häuser weiter befand sich der nächste Hof, dem ein dritter folgte und so weiter. Ein Mosaik aus tausend Innenhöfen, einer trostloser als der andere.
    Dieser Abend war ein Trugbild, der Tanz nur ein Traum.
    »Was liegt denn mein Rosinchen hier in der Ecke und trauert?«
    Es war seine Stimme, die Stimme ihres älteren Bruders Franco, die im Nu ein wenig Hoffnung brachte. Doch sie wandte sich ihm nicht zu, damit er glaubte, sie sei seinetwegen beleidigt.
    »Wo warst du? Ich habe getanzt.«
    »Wie oft ich dich schon tanzen gesehen habe, Rosinchen!« Franco lachte leise und sogar ein bisschen verschämt, so als wäre er nicht ein älterer, sondern

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