Der Schwarze Papst
närrisch, oder was?«
»Wenn’s stimmt, was du sagst, macht’s ja nichts, wenn du ihn mir zeigst.«
Franco zögerte.
»Keiner hat’s dir erzählt, stimmt doch«, sagte Rosina. Plötzlich riss sie die Augen auf. »Du warst es. Du hast ihn umgebracht.«
»Nicht so laut, verdammt«, fauchte er. »Gib es doch gleich in die Druckerei und verteil es an der Ecke.«
»Also hab ich recht.«
»Nein, verdammt, hast du nicht. Hast du nicht!«
Rosina wusste nicht, was sie glauben sollte. Ihr Bruder war auch nur ein Schuft wie alle anderen, und wenngleich er sie nicht schlecht behandelte und nicht betrog, so kochte er durchaus sein eigenes Süppchen. Und dieses stank gewaltig.
»Wieso«, zischte er, »hätte ich das tun sollen, hä? Sag mir das mal. Was bringt’s mir denn?«
»Für wie dumm hältst du mich eigentlich? Jetzt, wo der Schlaksige tot ist, dieser Johannes …« Rosina hielt inne und wiederholte, was sie gesagt hatte, im Geiste. Jetzt, wo dieser Johannes tot war … Jetzt war es möglich … Jetzt konnte man doch …
»Rosinchen, ich weiß, was dir gerade durch den Kopf geht.«
»Was geht mir denn durch den Kopf?«
»Geld. Genau wie mir. Wir sind dicht davor, das große Geschäft zu machen. Ich habe den ganzen Morgen darüber nachgedacht.«
Den ganzen Morgen, dachte sie. Wenn er aber eben erst erfahren hatte … Er verschwieg ihr etwas. Aber war das wichtig?
Auch sie hatte ihre Geheimnisse, denn ihr ging nicht nur Geld durch den Kopf, wie ihr Bruder meinte, sondern auch Liebe durchs Herz, und davon ahnte er nichts.
7
»Er heißt Lello Volone.«
Die Hure - Antonia hatte ihren Namen vergessen - hatte jemanden gefunden, der den Unbekannten auf dem Bild wiedererkannt hatte, einen Gemüsehändler, bei dem der besagte Lello regelmäßig einkaufte.
»Aha«, sagte Antonia. »Kennst du den Namen, Milo?«
»Nein, nie gehört.«
Die Hure warf, an Antonia und Milo vorbei, einen Blick auf einen der Steinmetze, die Verzierungen in der Kirche Santo Spirito anbrachten, und winkte ihm zu. Der Steinmetz winkte zurück und machte eine anzügliche Geste, die die Hure mit einem noch anzüglicheren Schnalzen der Zunge beantwortete, woraufhin der Steinmetz eine noch eindeutigere Geste machte, die die Hure wiederum …
Antonia verdrehte die Augen. Sie war zwar selbst kein Kind von Traurigkeit, aber dieser stumme Dialog der Obszönitäten inmitten einer Kirche und umgeben von allerlei Kunstwerken der Zeit war selbst ihr ein wenig zu ordinär.
»Was hast du sonst noch erfahren?«
Die Hure musste sich konzentrieren. »Wie? Ach so, ja, also der Gemüsehändler sagte, Lello Volone wohnt in einer Baracke auf Stelzen direkt an der südlichen Stadtmauer, wo genau wusste er nicht. Er konnte sich deswegen so gut an Volone erinnern, weil der ab und zu mit vier Frauen bei ihm einkauft, angeblich seine Cousinen.«
»Ich glaube, ich weiß, wo das ist«, sagte Milo, »ein ziemlich schmutziges Eck im letzten Winkel des Trastevere. Ich war schon lange nicht mehr dort, aber an diese Baracke erinnere ich mich. Als ich klein war, spielte ich oft mit Freunden in der Gegend.«
»Dann sollten wir gleich dorthin gehen und den Mann zur Rede stellen.«
»Nicht so schnell.« Er nickte der Hure freundlich zu. »Du hast uns sehr geholfen. Wir danken dir. Von jetzt an übernehmen wir die Angelegenheit.«
»Hab ich doch gerne gemacht«, sagte sie schnell und war im nächsten Moment schon bei dem Steinmetz.
»Komm«, sagte Milo und bedeutete Antonia, ihm zu folgen. Sie tauchten in das Gewirr des Gerüsts ein, ein Labyrinth von Pfosten, Matten, Steinblöcken und von Tüchern, mit denen man etliche Gegenstände abgedeckt hatte. Auch der Altar war unter einem riesigen Tuch verborgen. Hier waren sie allein.
»Was ist denn so geheim, dass es unter einem Gerüst stattfinden muss?«, fragte sie.
Seine Antwort bestand aus einem Kuss. Dann streichelten seine Hände ihren Hals, und er küsste den Adamsapfel. Für Antonia war jede von Milos Zärtlichkeiten ein Geschenk, sie freute sich darüber wie über etwas, das man für immer behalten durfte. Milo gab reichlich, wenn sie zusammen waren, Liebkosungen und Liebe. Nicht nur, weil er ein hervorragender Liebhaber war und es ihm Spaß machte, zu lieben, sondern - davon war sie überzeugt - weil er sich schon lange eine Frau gewünscht hatte, die er mit seiner Liebe glücklich machen konnte. Er hatte ihr, nachdem sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten, erzählt, dass er in seiner Kindheit wenig
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