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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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hielt ihn mit einer unnötig deutlichen Geste auf, indem er ihm mit ausgestrecktem Arm den Weg versperrte.
    »Nicht so eilig, Bruder Rodrigues. Da der Zufall uns hier zusammengeführt hat, möchte ich ihn nutzen. Ihr habt doch Zeit für mich?«
    Miguel verneigte sich und setzte ein - wie Sandro fand - gequältes Lächeln auf. »Natürlich, Vater. Es ist mir eine Pflicht.«
    Bevor er mit der Befragung begann, warf Sandro einen weiteren, vielleicht ersten genauen Blick auf Miguel Rodrigues. Ein Portugiese durch und durch, von kleiner Statur, mit einer gewissen Bräune, robusten schwarzen Haaren und Flaum über der Oberlippe und an Schläfen und Kinn. Obschon Lehrer am Collegium, machte er auf Sandro den Eindruck eines schüchternen, arglosen, vielleicht sogar ein bisschen dummen Menschen.
    »Ihr habt gestern die Messe vorbereitet?«, fragte Sandro.
    »Ja, Vater. Gemeinsam mit Bruder Königsteiner. Ich habe den Kapellenboden gefegt, die Kerzen aufgestellt und entzündet und Räucherwerk bereitgestellt. Bruder Königsteiner kümmerte sich um den Altar und stellte die liturgischen Geräte bereit.«
    »Wie kam es dazu? Ich meine, wer hat bestimmt, dass Ihr und er in die Kapelle gehen sollt, um die Messe vorzubereiten?«
    »Es gibt einen Plan, wer die Früh- und wer die Abendmesse hält, und derjenige bestimmt, wer ihn bei den Vorbereitungen unterstützt. Gestern Abend hielt Bruder Königsteiner die Messe, und er bestimmte mich, ihn zu begleiten.«

    »Es war also Zufall, dass er Euch wählte?«
    »Er hätte auch einen der Schüler heranziehen können, aber er wählte immer mich.«
    »Immer?«
    »Seit wir uns vor etwa drei Wochen kennenlernten.«
    »Das hört sich nach einem Vertrauensbeweis an«, sagte Sandro, aber Miguel kommentierte das nicht und schlug demütig die Augen nieder.
    »Kommt er besonders gut mit Euch aus?«, fragte Sandro. »Schätzt er Eure Anwesenheit?«
    Miguel zuckte mit den Schultern und schwieg.
    Sandro war nicht bereit, lockerzulassen. Es mochte ein unwichtiges Detail sein, aber es störte ihn, wenn für eine bestimmte Handlung kein offensichtlicher Grund erkennbar war. Wieso bereitete Königsteiner immer gemeinsam mit Miguel Rodrigues die Messe vor?
    »Lobt er Euch?«, wollte Sandro wissen.
    Die Antwort kam schnell und deutlich wie ein Schuss. »Nein.« Doch so, wie ein Schuss verhallt, versank auch Miguel sogleich wieder in stummer Demut.
    Sandro musste daran denken, dass Birnbaum nur mit mühsam unterdrücktem Groll über Königsteiner gesprochen hatte. Eine Zurechtweisung des Schülers Johannes, Geschrei, rote Flecken im Gesicht, Birnbaums Beschwerde über die kaputte Tür, die Königsteiner ignorierte …
    »Würdet Ihr sagen«, fragte Sandro, »dass Bruder Königsteiner streng ist?«
    Miguel überlegte kurz, dann nickte er mit gesenktem Kopf.
    Sandro wartete noch einen Moment darauf, dass Miguel sein Nicken mit Worten ergänzte, aber als das nicht geschah, fragte er: »Wäre es zu viel verlangt, Bruder Rodrigues, wenn ich Euch bitte, von Eurer Sprechfähigkeit Gebrauch zu machen?«

    Miguel schluckte. »Er hat kein gutes Wort für meine Hilfe übrig. Was ich auch tue und so sehr ich mir dabei Mühe gebe, bemängelt er.«
    Und doch, dachte Sandro, forderte Königsteiner jedes Mal Miguels Unterstützung an. Demnach genoss er es wohl, ihn zu kritisieren.
    »Wie erklärt Ihr Euch sein Verhalten?«
    Miguel machte eine hilflose Geste. »Bruder Luis sagt, dass er das eigentliche Ziel der Kritik ist. Dass Bruder Königsteiner mich zurechtweist, um ihm zu schaden.«
    Es entsprach zweifellos der egozentrischen Sicht eines Luis de Soto, dass alles - was auch immer - nur deshalb passierte, um ihm zu nutzen oder zu schaden. Doch in diesem Fall lag er damit vielleicht sogar richtig. Im Collegium Germanicum war ein Machtkampf im Gange, und die bei diesem Kampf eingesetzten Waffen entsprachen dem zu erringenden Preis: die Vorentscheidung über die künftige Führung des Ordens. Jeder der Bewerber versuchte, mit seinen Mitteln zu trumpfen. Königsteiner zeigte Strenge, weil er wusste, dass Ignatius von Loyola ein straffes Regiment führte. Luis’ bevorzugtes Mittel war Sandro bestens bekannt: Hinterlist.
    »Demnach«, sagte Sandro, »ist die Tatsache, dass Bruder Königsteiner Gelegenheiten findet, Euch zu kritisieren, ebenso wenig ein Zufall wie die Tatsache, dass ausgerechnet Ihr der Assistent de Sotos geworden seid.«
    Miguel zuckte zusammen. »Was meint Ihr mit ›ausgerechnet ich‹, Vater?«
    Wie konnte

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