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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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zog die Augenbrauen hoch. »Das ist doch wieder einmal typisch. Ich möchte dabei sein, wenn wir Carlottas Mörder fassen.«
    »Zu gefährlich. Das will ich nicht.«
    »Ist mir egal.«
    »Wie kann ich dich überreden?«
    »Gar nicht.«
    Er lächelte. »Warte, mir fällt etwas ein.«
    »Das hat bestimmt nichts mit ›reden‹ zu tun.«
    »Nein, aber meine Zunge ist beteiligt.«
    »Denk nicht mal dran.«
    »Zu spät.«
    »Tu es nicht.«
    Er beugte sich immer näher zu ihr vor, sodass sie rücklings auf den Altar kippte.
    Er lag auf ihr und küsste sie. Es war ein langer, zärtlicher Kuss, jene Art von Kuss, die sie selten von früheren Liebhabern
bekommen hatte und von der sie einst gehofft hatte, Sandro würde sie eines Tages so küssen.
    »Dass wir in einer Kirche sind, stört dich gar nicht?«, flüsterte sie.
    »Im Gegenteil, es regt mich an.«
    Sie unterdrückte mühsam ein lautes Lachen. »Du bist ja ein Teufel.«
    Er unterbrach die Liebelei und sah sie an. Einen Atemzug lang tat er gar nichts, verharrte.
    »Und was für einer«, scherzte er und kam ihr noch ein Stück näher.
     
    Sandro hatte nicht die Absicht gehabt, Johannes’ Zimmer noch einmal zu betreten. Es war durchsucht und der Leichnam war fortgebracht worden. Als Sandro jedoch an der Tür des Sterbezimmers vorbeiging, fiel ihm ein roter Fleck auf dem Türknauf auf. War das Blut? Der Fleck war verwischt und zu trocken, um sein Geheimnis preiszugeben, aber als Sandro sich zu dem Knauf vorbeugte, hörte er ein Geräusch in dem Raum. Vorsichtig schob er die Tür mit der Handfläche auf. Sie knarrte nicht, öffnete sich leise, und noch bevor er jemanden sehen konnte, vernahm er leises Gewisper, ohne einzelne Worte zu verstehen.
    Miguel Rodrigues lag mit ausgebreiteten Armen betend auf dem Bauch, der Körper bildete auf dem Boden vor dem leeren Bett des Verstorbenen ein Kreuz. Hände und Füße ragten aus dem Jesuitengewand hervor, und als Sandro leise näher trat, sah er, dass an den Stellen, wo üblicherweise Christi Wundmale dargestellt wurden … Zuerst glaubte Sandro, es seien tatsächlich blutende Wunden, die Miguel Rodrigues sich selbst zugefügt hatte, aber bei genauerem Hinsehen bemerkte er, dass es sich um Farbe handelte.
    Sandro runzelte die Stirn. Eine merkwürdige Form des Betens, fand er. Und auch eine theatralische.

    Am besten, er würde den Raum leise verlassen, zumal er ohnehin vorgehabt hatte, Miguel erst später zu befragen oder - noch besser - von Forli befragen zu lassen. Vom ersten Augenblick des Kennenlernens an hatte er Vorbehalte gegen Miguel gehabt, was ihm unerklärlich war. Der junge Mann hatte ihm nichts getan, und dass er Luis’ Schüler war, hätte allenfalls genügt, um ein wenig von der Abneigung, die Sandro für Luis empfand, auf ihn zu übertragen. Aber Sandro fühlte bei Miguels Anblick viel mehr: Wut. Nein, kälter: beinahe Hass.
    Jedes Mal, wenn er versuchte, den Raum zu verlassen, auch nur einen einzigen Schritt zu tun, hielt ihn etwas davon ab, und als er eine Weile auf Miguels Körper geblickt hatte, beugte er sich kurzentschlossen zu ihm hinunter und berührte seine Schulter.
    Miguel stieß einen kaum verhaltenen Schrei aus und drehte sich um.
    »Oh«, ächzte er, »Ihr seid das, Vater.« Seine Stirn war feucht vor Schweiß, den er sich, als er aufstand, mit dem Ärmel abwischte.
    »Wieso betet Ihr hier, Bruder Rodrigues?« Die Frage war, wenn ein Jesuit sie einem anderen Jesuiten stellte, mehr als zudringlich. Im Orden war es gang und gäbe, dass sich jeder Bruder zu jeder Zeit an jeden beliebigen Ort zurückziehen durfte, um zu beten, und niemand hatte das Recht, ihn aufzuhalten oder zu stören oder Rechenschaft zu verlangen. Die Freiheit, genau dann in Verbindung mit Gott zu treten, wenn einem danach war, und nicht, wenn die Glocke es vorsah, stellte einen der großen Unterschiede zu den meisten anderen Ordensgemeinschaften dar.
    Miguel schien die Frage allerdings nicht übel zu nehmen.
    »Ich habe an Johannes denken müssen, und da überkam mich der Wunsch, seiner zu gedenken. Auf dem Weg in die Kapelle kam ich hier vorbei und … Vielleicht hätte ich nicht, aber … Ich habe nichts berührt, Vater, außer den Boden.«

    Sandro nickte. »Den dafür umso intensiver.« Er musterte Miguels schwarze Kutte, die von oben bis unten staubig war.
    Nun sah auch Miguel den Schmutz. »O weh, ich werde mich sofort säubern. Entschuldigt mich, Vater.«
    Miguel wollte mit gebeugtem Haupt den Raum verlassen, aber Sandro

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