Der schwarze Prinz
lange, und ihr würde jeder einzelne Knochen im Leib gebrochen und sie selbst zerquetscht wie eine überreife Pflaume, ohne dass der Drache auch nur einen Kratzer abzubekommen schien. Sie versuchte vergeblich, sich irgendwie freizuwinden - aber dazu war kein Raum.
Schließlich spürte sie durch den Schmerz in ihren Rippen hindurch, wie der Drache und sie langsamer wurden und kurz darauf zum Stillstand kamen. Alles drehte sich vor ihren Augen in einem rötlichgrauen Nebel. Auch als Oegis seinen Kopf zurückzog, war sie nicht dazu in der Lage, sich zu bewegen. Der Schmerz in ihren Gliedern war größer als alles, was sie jemals zuvor erlebt hatte. Wehrlos musste sie zulassen, wie der Drache sie in eine seiner riesigen Klauen nahm und vom Boden aufhob. Die Absturzstelle war ein einziger enormer Krater - ganz so, als hätte ein senkrecht stürzender Meteor in den Boden eingeschlagen. Svenya hatte Oegis unterschätzt. Gewaltig unterschätzt.
Der Drache hielt Svenya vor sein großes, rot geschupptes Gesicht. Instinktiv wollte sie den Speer schleudern - doch ihre Hand war leer ... und sie bezweifelte, ob sie überhaupt den Arm dazu hätte heben können. Und Skalliklyfja, die gegebenenfalls noch zu einem gewissen Grad hätte eigenständig kämpfen können, solange Svenya sie nur in der Hand hielt, war außerhalb ihrer Reichweite im Innern seiner sie umklammernden Faust.
»Tja, Hüterin«, sagte Oegis - mit der für ihn so typischen amüsierten Überheblichkeit. »Auch du hattest die Wahl. Die Wahl, mich in Ruhe mein Erbe, den Ring, holen zu lassen. Aber du musstest dich ja unbedingt einmischen ... und ich bin mir nicht sicher, ob du mich unbedingt aufhalten oder dir einfach nur selbst beweisen wolltest, dass du stark genug bist, um es mit mir aufzunehmen. In beiden Fällen hast du versagt. Und da ich nicht zulassen kann, dass du mich auch in Zukunft bedrohst und meinen Frieden störst, muss ich dich jetzt töten. Das verstehst du doch sicher, nicht wahr?«
Svenya wusste, dass sie ihm nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Zwar war da jede Menge rauer Magie in ihr, aber sie war nicht länger dazu in der Lage, sie zu kanalisieren oder freizusetzen. Es war, als hätte der um sie gequetschte Panzer auch sie selbst eingeschlossen und versiegelt.
»Wenn du den Panzer abschaltest, wird es kurz und schmerzlos gehen«, sagte Oegis. »Aber das überlasse ich ganz dir.« Und damit riss er sein garagengroßes, reißzahnbewehrtes Maul auf. Svenya roch seinen schwefelfauligen Atem, das Aroma von schmelzendem Eisen und verbranntem Fleisch - wohl drachenfeuerversengte Überreste seiner letzten Nahrung. Ihr Hirn raste auf der Suche nach einem Ausweg, während er sie näher und näher zu seinem Maul führte ... doch sie fand keinen.
Da!
Ein Blitz blauer Energie traf den Drachen voll im Gesicht. Er schrie auf und ließ Svenya los.
Noch im Fallen sah sie, wie ihr Retter in weit wallenden Gewändern nicht weit entfernt hoch in der Luft schwebte und dem ersten gleich einen zweiten Blitz hinterherschleuderte.
Alberich!
61
Außer vielleicht bei ihrer allerersten Begegnung, hatte Svenya den Elbenkönig noch nie so majestätisch und trotz seiner Verletzungen so erhaben erlebt wie in diesem Moment. Sie war im Herzen des Kraters gelandet und konnte sich nur mühsam und unter großen Schmerzen bewegen. Alberich war sichtlich gealtert - die Magie, die er für den Kampf um Elbenthal aufzubringen gezwungen war, hatte ihren Zoll gefordert -, aber er strahlte mehr Kraft und Macht aus als jemals zuvor. Da war ein Leuchten um ihn und seine wallenden Gewänder und die Rüstung herum, das Svenya noch nie gesehen hatte - eine simmernde, pulsende Kraft, in deren Mitte er schwebte wie in einem Kokon voller Energie.
»Du?«, röhrte der Drache. »Endlich!«
Er spie dem König der Elben einen gewaltigen Strahl seines Feuers entgegen ... gleißend hell ... und für einen Moment war Alberich im Zentrum der sich um den Kokon bauschenden Flammen nicht mehr zu sehen. Gleich darauf aber schwebte er daraus hervor - nur scheinbar unbeschadet; denn Svenyas scharfes Auge entdeckte, dass die eiförmige Schutzblase, die ihn umgab, jetzt an manchen Stellen winzige Risse aufwies. So groß die Macht Alberichs auch sein mochte, Oegis hatte sich zu einem Monster entwickelt, dessen Magie der seinen gleichkam.
»Kehre zurück in deinen Kerker, Oegis«, sagte Alberich mit durch die Höhle hallender Stimme, »und dir soll kein Leid zugefügt werden.«
»Du meinst, kein Leid
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