Der schwarze Prinz
immer trennten sie bestimmt fünf Meter von ihm.
Da gab es plötzlich einen berstenden Knall hoch über ihr in der Luft, und als sie aufblickte, sah sie, wie aus der Flammenwolke heraus Tausende und Abertausende winziger, energieglühender Splitter nach draußen flogen. Sie hörte einen Schrei. Einen Schrei, der nicht von Oegis stammte, sondern ebenfalls aus dem Innern der Flammenwolke kam.
Oegis stellte das Feuer ein und lachte wieder rau und triumphierend auf. Alberich schwebte noch an der gleichen Stelle hoch in der Luft - ohne die Schutzblase ... und kein Stück mehr so machtvoll und erhaben wie gerade eben noch. Sein Kinn war kraftlos auf seine Brust gesackt, und die zuvor weit ausgestreckten Arme baumelten
schlaff an seinen Seiten herab. Die Rüstung war geschwärzt und die Gewänder darum herum verkohlt und zu einem Großteil gänzlich von den Flammen aufgefressen. Das lange Haar war angesengt und schmorte an manchen Stellen.
Svenya wollte aufschreien, riss sich aber zusammen, um den Drachen jetzt nicht auf sich aufmerksam zu machen, und kletterte weiter. Nur noch drei Meter.
Da hörte sie, wie das Lachen des Drachen erstarb, ganz so, als sei es ihm im Halse stecken geblieben, und sie schaute wieder nach oben.
Alberich hatte begonnen, sich zu bewegen ... auf eine äußerst seltsame Art. So wie zu Beginn sein Schutzkokon, begann nun er zu pulsieren ... von innen heraus ... und mit jedem Pulsen wurde sein Körper ein Stückchen größer.
Oegis deckte ihn ein drittes Mal mit Flammen ein - doch dieses Mal umhüllten sie Alberich nicht in einer Wolke, sondern es sah so aus, als würden sie direkt in ihn hineinfließen ... als würde er sie in sich aufsaugen. Er hob den Kopf, und Svenya bemerkte, dass sich seine Augen verändert hatten. Sie glühten rot - wie im Innern brennende Rubine. Nicht nur die Pupillen - das ganze Auge. Die Mundwinkel hoben sich zu einem Grinsen. Seine Finger krümmten sich und wurden zu Klauen.
»Mehr!«, hörte Svenya ihn raunen.
Der Drache aber schien das nicht zu hören - sonst hätte er vielleicht sein Feuer eingestellt holte Luft und spuckte einen weiteren Schwall seiner übernatürlichen Flammen. Flammen, aus denen Alberich, wie Svenya jetzt deutlich spürte, die Magie zog ... für etwas, das sie jetzt immer deutlicher als Verwandlung erkannte.
Alberichs Kopf verformte sich - wurde länger und breiter -, sein Körper verwuchs, Arme und Beine reckten sich, die Muskeln wurden dicker und sprengten den Stoff der Gewänder von innen heraus ... und schließlich auch die Rüstung. Zuerst glaubte Svenya, er würde sich in einen Wolf verwandeln, so wie Wargo. Aber dann sah sie, dass es etwas anderes war ... und hielt den Atem an.
62
Hoch oben in der Luft schwebend, saugte Alberich, König der Elben, das heiße Feuer, das Oegis auf ihn spie, in sich hinein und verwandelte sich direkt vor Svenyas Augen ... in einen Drachen!
Von zwischen seinen Schulterblättern sprossen weite Schwingen hervor und entfalteten sich wie die Flügel eines schlüpfenden Schmetterlings. Aus seinen Füßen und Händen wurden scharfe Klauen, aus seiner Hinterseite wuchs ein langer Schweif und an jeder Seite seines Kopfes ein spitzes, weit geschwungenes Horn. Seine Haut verwandelte sich in Schuppen. Er wurde seinem Gegenüber, Oegis, immer ähnlicher - nur dass er nicht rot wurde, so wie dieser, sondern kristallblau mit einer leicht türkisfarben schimmernden Aura.
Noch war er nur in etwa zwei- bis dreimal so groß wie zuvor - also noch sehr viel kleiner als Oegis -, doch er wuchs schnell, und anders als Svenya schien Oegis nicht zu begreifen, was hier vor sich ging und spuckte wieder und wieder Feuer auf ihn ... Stoß um Stoß ... und nährte Alberich dadurch mit seiner eigenen Magie.
Erst als der Elbenkönig beinahe schon halb so groß war wie er selbst, schien Oegis zu begreifen und stellte seine Flammenattacken ein. Stattdessen griff er den kleineren Drachen jetzt frontal an - mit Hörnern, Zähnen und Klauen. In der Höhle vor der Festung Elbenthal entbrannte ein Kampf der Titanen.
Alberich war wegen seiner geringeren Größe wendiger als Oegis. Wie ein Falke um einen Adler, flog er flink um den roten Drachen herum und deckte ihn mit Prankenhieben, Bissen und den eisig kalten Strahlen seines Atems ein - denn anders als Oegis spuckte er kein Feuer, sondern flüssiges Eis. Aber Oegis war ihm durchaus nicht wehrlos ausgeliefert. Seine unvergleichliche Kraft machte die Geschicklichkeit des Eisdrachen mehr
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