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Der schwarze Prinz

Titel: Der schwarze Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Netty
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sehen könnte, seine eigene Tochter mit Artilleriebeschuss unter dem Fichtelberg zu begraben, ließ eine so heftige Übelkeit in Svenyas Magen aufsteigen, dass sie sich beinahe übergeben hätte.
    Sie waren längst in den nach Westen führenden Korridor der Höhle eingebogen, der sie geradewegs auf Aarhain zuführte. Noch immer gab es keine Spur irgendwelcher Späher oder Wachposten. Svenya fragte sich, ob Hagen inzwischen festgestellt haben mochte, dass sie verschwunden war ... und wie er darauf reagieren würde.
    Ihre Sonderrolle als Hüterin Midgards bewahrte sie nicht davor, in einem so extremen Ernstfall wie diesem als Deserteurin angeklagt und vielleicht sogar hingerichtet zu werden. Doch es war nicht das eigene Leben, um das Svenya sich Sorgen machte. Es war das Leben der Elben, die in diesem Krieg sterben würden ... und das der Menschen, die ihnen in den Tod folgen würden, wenn Laurin das Schwert an Hel weitergab und sie damit ein Tor in ihr Totenreich öffnete. Sie musste wenigstens versuchen, mit Laurin zu sprechen, um ihn davon abzuhalten, diesen wahnsinnigen Pakt mit Hel zu schließen.
    Svenya verkniff es sich gegen ihre eigene Ungeduld, Loga aufzufordern, noch schneller zu fliegen, weil sie wusste, dass er bereits sein Bestes gab. Wenige Augenblicke später flogen sie auch schon in die große Höhle ein, in deren Rückseite die Felsenfestung des Schwarzen Prinzen lag - und noch immer keine Zeichen gegnerischer Truppen.
    »So wie es scheint, richtet er sich auf eine Belagerung ein«, mutmaßte Loga.
    »Hm«, überlegte Svenya. »Das ist seltsam. Er muss doch davon ausgehen, dass Hagen diesmal alles auf eine Karte setzt und Aarhain unter schweren Beschuss nimmt. An seiner Stelle hätte ich hier bereits selbst Artillerie aufgebaut, um den Zugang zur Höhle so schwer wie möglich zu machen - und im Notfall sogar zum Einsturz zu bringen.«
    »Wenn er Wargo als Geisel hat, glaubt er vielleicht, dass General Hagen keine Kanonen und Raketenwerfer einsetzt.«
    Svenya schüttelte den Kopf. »Laurin kennt Hagen besser. Um ein zweites Tor zu verhindern, würde er sogar mein Leben opfern - und auch das seiner Tochter. Dann ganz bestimmt auch das von Wargo. Nein, ich glaube nicht, dass Laurin sich darauf verlässt.«
    »Vielleicht hat er Bunker und Fluchttunnel gebaut, die weiter nach unten und weiter nach Süden führen. Hagen kann Aarhain nur so weit unter Beschuss nehmen, dass ihm und seiner eigenen Armee der Rest der Höhle nicht selbst auf den Kopf stürzt. Gefächerte Bunkeranlagen könnten das verkraften, und Laurin hätte ausreichend Gelegenheit, sich in dem dann vorne verschütteten Labyrinth monate-, wenn nicht gar jahrelang zu verstecken, ohne dass wir an ihn gelangen könnten, ohne die Südseite des halben Erzgebirges abzutragen.«
    Svenya musste zugeben, dass das Laurin ziemlich ähnlich sehen würde. Kämpfen, bei denen die Aussicht auf Erfolg gering war, ging er gerne aus dem Weg. Doch dann, als sie der Festung näher gekommen waren, sah sie etwas, das all ihre Spekulationen hinfällig machte:
    Das große Eingangstor Aarhains war geborsten und aus den Angeln gerissen. Überall lagen Trümmer - von Blitzen geschwärzt - und tote Dunkelelben.
    Hel war ihnen zuvorgekommen!

51
Aarhain
    Als sie das zerstörte Tor der Festung der Dunkelelben sah, überlegte Svenya für einen winzigen Augenblick, Loga zu bremsen und ihn kehrtmachen zu lassen, um so schnell wie möglich zu Hagen zurückzufliegen und ihn zu warnen. Doch sie musste sich dagegen entscheiden - es gab keine Zeit zu verlieren.
    »Flieg hinein!«, rief sie daher drängend und legte die rechte Hand um den Griff Skalliklyfjas. Sie konnte die Freude der Klinge spüren, wieder mit ihr vereint zu sein. Es war eine Freude, die sie teilte - und zugleich ein beruhigendes Gefühl.
    Als sie ungehindert über die Brustwehr flogen und Svenya die verstreuten Leichen jetzt aus der Nähe betrachtete, sah sie, dass ihre Verletzungen wirklich identisch waren mit denen der Töchter Räns in Vineta. Es gab keinen Zweifel mehr daran, wer das hier angerichtet hatte.
    Auch innerhalb der Festung setzte sich die Spur der am Boden liegenden Toten fort... in ihren Rüstungen aus fein poliertem Leder, Silber, Gold und Titan ... Wesen, die schon gelebt hatten, als die Römer vergeblich versucht hatten, diesen Teil Germaniens in Besitz zu nehmen ... jetzt, inmitten der aus dem Fels gehauenen Säulen, nur noch reglose Skulpturen des Grauens - still, stumm und erschreckend wie

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