Der schwarze Schattenjaeger
Kissen sinken. Es fühlt sich aber eher an wie eine Bergwanderung. Nun bin ich fast oben und könnte bald auf das Tal herabsehen. Aber nur fast. Trotz der vielen Anstrengungen bin ich losgelaufen und habe die vielen Kilometer überwunden, um überhaupt in die Nähe der Bergspitze zu gelangen.
Was Valom jetzt wohl tut? Ich sehe auf mein Handy und betrachte das dunkle Display. Die Uhrzeit wird mir angezeigt und drei Balken, ich könnte also sogar telefonieren. Oder eine SMS schreiben. Ob Valom jetzt auch in seinem Bett liegt? Schließlich ist es schon spät. Wohnt er mit seinen Geschwistern in einem Haus? Oder doch in einem Zelt? Bei der Kälte draußen hoffe ich, dass es kein Zelt ist. Es schüttelt mich bei dem Gedanken, dass er in einem Zelt sitzen könnte. Ich verkrieche mich erneut unter meinen Decken und Kissen. Wie wäre es mit einem einfachen „Hi, wie geht es dir?“. Das wäre doch ein Anfang? Oder ein „Bist du gut heim gekommen?“. Ich überlege laut und spreche meine Fragen aus. Klingt das gut?
„Bist du gut nach Hause gekommen?“ Mh, nee, das klingt irgendwie seltsam.
„Ich wünsche dir eine gute Nacht.“ Einfach so? Ohne Kontext dazwischen?
„Schlaf gut …“ Mh, wenn ich wirklich Punkte schreibe, dann hält er mich sicher für langweilig. Was kann ich nur schreiben, das freundlich klingt und mir vielleicht eine kleine Antwort bringen könnte? Etwas Niedliches, das ich mir ganz oft ansehen kann.
„Ich hoffe … nein, ich wünsche dir … oder mir … ARG!“ Ich lege beide Hände auf mein Gesicht. Wie ärgerlich! Mir fällt einfach nichts ein.
„Ich wünsche dir auch eine gute Nacht …“, höre ich plötzlich eine Stimme zu mir sprechen.
„Was?!“ Ich schrecke hoch und sehe mich panisch um. Wo kam das denn her? Habe ich mir das nur eingebildet?
Ich sehe mich um, kann aber niemanden entdecken. Da war doch eine Stimme zu hören.
„Oh Gott … ich glaube, ich werde verrückt …“ Kam das vielleicht aus dem Radio? Das war doch noch gar nicht repariert!
„Ähm …“, ertönt es erneut. Ich springe aus dem Bett und hebe meine Hände, als würde jeden Moment jemand aus dem Schatten treten und mir sagen, dass ich keine Angst haben soll. Doch da ist niemand.
„Wo kommt das her?!“, rufe ich leicht panisch.
„Kannst du mich hören?“, ertönt es rechts von mir. Sofort starre ich auf mein Bett. Da liegt mein Handy und das Display leuchtet.
„Ja!“, rufe ich erschrocken. Kommt das etwa aus meinem Handy?
„Prima, du bist nur so leise …“
Die Stimme kommt tatsächlich aus meinem Handy! Sofort schnappe ich es mir und drücke es an mein Ohr.
„Entschuldige Joshua! Ich muss wohl aus Versehen an die Tasten gekommen sein. Wie peinlich … verzeih bitte, ich habe dich sicherlich geweckt“, stammele ich vor mich hin und bin zugleich erleichtert, dass ich endlich die Geräuschquelle gefunden habe.
„Wer ist denn Joshua?“, fragt mich die Stimme. Irritiert stocke ich einen Moment, bevor ich vorsichtig auf das Display sehe. Unbekannte Nummer?
„Oh weia … Ich bin wohl auf irgendwelche Nummern gekommen, Entschuldigung!“
„Bist du das, Thalis?“, fragt mich die männliche Stimme, die ich einfach nicht zuordnen kann.
„Ja? Wen habe ich denn da …“ Und nun fällt es mir wie Schuppen von den Augen! Habe ich etwa Valom angerufen?! Mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund wage ich es nicht, mich zu bewegen oder auch nur einen weiteren Ton aus meinem Mund zu lassen. Bitte nicht! Das wäre ja oberpeinlich, wenn ich ausgerechnet ihn angerufen hätte!
„Dann bist du es ja doch … ich freue mich, deine Stimme zu hören“, sagt er ruhig. Ja, die Art wie er spricht und dieses tiefe, angenehme Timbre, das ist Valom! Oh nein, verdammter Mist! Ich habe ihn wirklich angerufen! Sofort beschleunigt sich mein Herzschlag und meine Hände werden ganz schwitzig. Was soll ich nur sagen? Kann ich überhaupt etwas sagen? Mein Kiefer beginnt zu zittern und ich fühle mich wie damals in der Schule, kurz bevor ich den Klassenraum betreten musste und wieder dem Gespött meiner Mitschüler ausgeliefert war. Es ist so ein unangenehmes Gefühl und zugleich fühlt es sich ganz wunderbar an.
„I… ich …“ Ich greife mir an meinen Hals, was ist denn jetzt los? Als schnürt mir gerade jetzt, in diesem Moment, jemand die Kehle zu. Es kommt einfach kein Ton heraus!
„Verstehe. Du hast meine Nummer gewählt und wolltest sie einspeichern und bist dann aus Versehen auf die Anruf-Taste
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