Der schwarze Schattenjaeger
Erfahrungen berichtet. Ich will von ihm lernen.
„Doch, total gerne.“ Mein Herz macht einen kleinen Hüpfer, als ich mich an die strahlenden Augen der Kinder erinnere, als ich ihnen vor ein paar Wochen die vielen reparierten Spielsachen brachte.
„Ich bekomme vom Kindergarten oft Spielsachen, die ich zuhause repariere. Manchmal geben mir auch einige Gäste im Café etwas mit. Ich repariere es dann und gebe es zurück, manchmal darf ich es aber auch behalten und kann es jemand anderem schenken.“
Valom wirkt stolz und blickt nun geradeaus, wo wir den Fluss bereits sehen können.
„Ich schnitze gerne. Kleine Holzfiguren zum Beispiel. Bären und Adler. Sie werden bei uns an die Touristen verkauft. Aber meine wirkliche Leidenschaft ist das Lesen. Es gibt doch nichts Schöneres, als sich an einem verregneten Tag, oder wenn es draußen stürmt und schneit, vor den Kamin zu setzen und ein gutes Buch zu lesen.“ Er nippt an seinem Tee, dessen Dampf sein Gesicht umspielt.
„Lesen ist wunderbar …“, hauche ich und versuche, nicht laut loszuquietschen, was ich in diesem Moment am liebsten tun würde. Er liest gerne? Er als junger Mann? Die anderen in seinem Alter … Moment, wie alt ist er eigentlich?
„Ich weiß gar nicht, wie alt du bist?“, sage ich. Eigentlich weiß ich kaum etwas über Valom. Vielleicht ist er ja schon dreißig?!
„Ich bin zweiundzwanzig und du?“
Ach so! Er weiß ja auch nicht, wie alt ich bin. Obwohl ich Tante Abby zugetraut hätte, dass sie ihm schon alles über mich verraten hat.
„Ich bin neunzehn geworden. Endlich volljährig.“ Ich muss kichern und schlurfe dabei auffällig mit meinem rechten Bein durch den Schnee, den ich leicht wegkicke, bevor ich normal weiterlaufe. Das Rauschen des Flusses hat eine angenehme Wirkung auf mich. Einige Eisbrocken kommen auf dem Wasser vom Berg hinab und eine dicke Schneeschicht liegt auf den kleinen Felsen, die aus dem Wasser hervorragen. Der Fluss ist hier besonders breit, sodass viele Touristen über die Steine springen, um auf die andere Seite zu gelangen, anstatt weiter flussabwärts die Brücke zu benutzen. Deswegen hat das Krankenhaus hier in Pemberton im Winter besonders viel zu tun.
„Jetzt kannst du tun und lassen, was du willst.“ Valom kommt etwas näher, als wir am Flussufer entlanglaufen und ich diesem gefährlich nahe komme. Ich spüre seine Hand auf meinem Rücken. Was ist denn jetzt?!
„Vorsichtig, nicht, dass du hineinfällst“, sagt er ruhig und legt dabei seine Hand auf meinen Arm. Valom drückt mich leicht an sich und zieht mich so vom Ufer weg. Doch kaum sind wir ein paar Schritte gegangen, die ich stocksteif hinter mich bringen konnte, lässt er auch schon wieder von mir ab. Also war das gar keine platte Anmache, sondern ernsthafte Besorgnis? Wie süß …
„Danke … und nein, eigentlich kann ich nicht wirklich das tun, was ich möchte. Aber das ist okay. Ich bin jung, ich habe noch mein ganzes Leben vor mir. Andere Menschen leider nicht.“ Jetzt habe ich die schöne Stimmung versaut.
„Du scheinst viel Verantwortung zu haben?“, fragt er mich dann, während wir den Weg weiter hinauflaufen. Es wird nun etwas steiler, aber das macht mir nichts.
„Ich mache es gerne. Auch wenn es viele als Last ansehen, bin ich dankbar, dass ich die Gelegenheit habe, es zu tun. Ich weiß, es klingt alles sehr schwammig, aber …“ Wenn ich nun wieder sage, dass ich ihn damit nicht belasten möchte, beginnt die Diskussion von vorne und das möchte ich nicht.
„Welches Buch hast du zuletzt gelesen?“, fragt er mich dann. Was für ein Themenwechsel! Ob er bemerkt hat, wie unangenehm mir das Gespräch war? Wenn ja, scheint er sehr einfühlsam zu sein. Er wirkt auf mich wie ein Fels in der Brandung, der immer beständig an seinem Platz bleibt, egal wie heftig die Wellen gegen seinen Körper peitschen und der Sturm die stärksten Winde aussäht. Er bleibt dort und blickt stolz auf das Meer hinaus. Ich muss schlucken, denn Valom scheint jener Prinz zu sein, von dem so viele Frauenmagazine erzählen und Romane beschreiben. Die Frage ist nur, warum er ausgerechnet mich ausgewählt hat. Es gibt doch so viele hübsche Mädchen in Pemberton, die viel klüger sind und mehr Zeit haben als ich. Sie hätten gleich bei seiner ersten Frage nach einem Date zugestimmt und ihn nicht, wie ich es getan habe, abblitzen lassen.
„Es heißt Der silberne Turm in der Brandung der Schattengeister “, sage ich und gerate gleich wieder ins
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