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Der schwarze Schleier

Der schwarze Schleier

Titel: Der schwarze Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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geschlungen. Sitzen ist meine liebste Körperhaltung. Wenn ich eine Vorliebe für persönliche Schmuckstücke habe, so sind das Perlmuttknöpfe. Da haben Sie mich wieder, in voller Lebensgröße.
    Dass der Arzt das Teetablett angenommen hat, lässt Sie vielleicht erraten, dass schon mein Vater vor mir ein Billiger Jakob war. Da haben Sie recht. Das war er. Es war ein sehr schönes Tablett. Darauf war eine große Dame abgebildet, die einen sich schlängelnden Kiesweg hinaufschritt, um in eine kleine Kirche zu gehen. Zwei Schwäne hatten sich auf ähnliche Weise verirrt und hegten die nämliche Absicht. Wenn ich sie eine große Dame nenne, dann meine ich das nicht hinsichtlich ihrer Breite, denn da bestand sie meine Prüfung nicht, machte das aber mehr als genug mit ihrer Höhe wett; ihre Höhe und ihre Schlankheit waren – na ja, kurz gesagt, die machten sie beide so groß.
    Ich habe dieses Tablett oft gesehen, nachdem ich der unschuldig lächelnde Grund (wahrscheinlich eher der schreiende)Grund dafür war, dass der Arzt es in seinem Sprechzimmer an die Wand gelehnt auf einen Tisch gestellt hatte. Wann immer mein lieber Vater und meine liebe Mutter sich in dieser Gegend aufhielten, steckte ich meinen Kopf (ich habe meine liebe Mutter sagen hören, dass flachsblonde Locken darauf wuchsen, während man mein Haar heute wohl kaum von einem alten Kaminbesen unterscheiden kann, bis man zum Stiel kommt und feststellt, dass ich es bin) beim Doktor zur Tür herein, und der Doktor freute sich stets, mich zu sehen, und sagte: »Aha, mein Kollege! Komm nur, mein kleiner Doktor! Was hältst du von einem Sixpence-Stück?«
    Man kann nicht ewig leben, werden Sie feststellen, und weder mein Vater noch meine Mutter konnten das. Wenn man nicht ganz abtritt, wenn die Zeit gekommen ist, dann verabschiedet man sich Stück für Stück, und zwei zu eins ist der Kopf der erste Teil, der geht. Mein Vater verlor nach und nach den Verstand, und meine Mutter den ihren. Es war harmlos, aber es hat die Familie, bei der ich sie untergebracht hatte, sehr verstört. Das alte Paar hatte sich zwar aus dem Geschäft zurückgezogen, blieb aber ganz und gar der Tätigkeit des Billigen Jakobs verschrieben, und die beiden verkauften alles, was die Familie hatte. Wann immer der Tisch zum Abendessen gedeckt war, begann mein Vater, mit den Tellern und Schüsseln zu klappern, wie wir das in unserer Branche machen, wenn wir Geschirr zum Verkauf anbieten, nur hatte er den Bogen nicht mehr so raus wie früher und ließ sie meist fallen und zerbrach sie. Da die alte Dame es gewohnt war, im Wagen zu sitzen und dem alten Herrn auf dem Tritt die Gegenstände einen nach dem anderen zum Verkauf herauszureichen, reichte sie ihm nun jeden Gegenstand, der der Familie gehörte, und dann verfügten die beiden nach ihrem eigenen Gutdünken darüber,vom Morgen bis zum Abend. Endlich stieß der alte Herr, der im gleichen Zimmer wie die alte Dame bettlägerig war, seinen gewohnten Ruf aus, ohne jedes Stocken, nachdem er zwei Tage und Nächte geschwiegen hatte: »Herbei mit euch, liebe Freunde alle, im Dorf beim Verein der Nachtigallen, beim Schild des Wirtshauses
Sense und Kohl,
wo sicherlich alle sangen mit Schalle, doch’s fehlte an Stimmen und Ohren wohl – nun herbei mit euch, liebe Freunde alle, hier seht ihr das lebensgroße Modell eines verschlissenen Billigen Jakobs, mit keinem einzigen Zahn im Maul, mit Schmerzen in allen Knochen: so lebensecht, dass es beinahe genauso gut wäre wie er, wenn es nicht besser wäre, genauso schlecht, wenn es nicht schlechter wäre, und genauso neu, wenn es nicht verbraucht wäre. Ihr Gebot für das lebensechte Modell des alten Billigen Jakobs, der in seinen Jahren so viel Gunpowder-Tee 3 mit den Damen getrunken hat, dass es dem Kupferkessel einer Waschfrau den Deckel wegsprengen würde, und der es so viele Meilen höher gebracht hat als der Mond, wie null Komma null nichts, geteilt durch die Staatsschuld, nichts im Sinn mal der Armensteuer, drei im Sinn, zwei übertragen. Nun, meine Eichenholzherzen und Strohmänner, was sagen Sie, was ist Ihnen das Ganze wert? Zwei Shilling, einen Shilling, Tenpence, Eightpence, Sixpence, Fourpence, Twopence? Wer hat da Twopence gesagt? Der Herr mit dem Vogelscheuchenhut? Ich schäme mich für den Mann mit dem Vogelscheuchenhut. Ich schäme mich wirklich für ihn, weil es ihm so am Gemeinsinn fehlt. Jetzt will ich Ihnen mal sagen, was ich mit Ihnen mache. Nur her mit Ihnen. Ich gebe Ihnen noch ein

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