Der schwarze Schleier
erster armer Reisender. Wenn ich sie jedoch heute erzählt hätte, dann hätte ich hinzufügen können, dass seither die Zeit gekommen ist, in der der Sohn von Major Richard Doubledick und der Sohn des französischen Offiziers, die Freunde sind wie ihre Väter vor ihnen, Seite an Seite mit ihren jeweiligen Nationen für die gleiche Sache gekämpft haben wie lang getrennte Brüder, die bessere Zeiten wieder vereint, fest zusammengefügt haben.
Kapitel 3
Die Straße
Nachdem meine Geschichte zu Ende und der Weihnachtspunsch ausgetrunken war, brach unsere Gesellschaft auf, als die Glocke der Kathedrale zwölf Uhr schlug. Ich verabschiedete mich an diesem Abend noch nicht von meinen Reisenden, denn es war mir der Gedanke gekommen, dass ich um sieben Uhr am Morgen zusammen mit heißem Kaffee noch einmal auftauchen wollte.
Als ich die High Street entlangging, hörte ich die Stadtmusikanten in der Ferne und machte mich auf die Suche nach ihnen. Sie spielten in der Nähe eines der alten Stadttore an der Ecke einer wunderschönen, altmodischen Häuserzeile aus rotem Backstein, in der, wie mich der Klarinettist freundlicherweise wissen ließ, die niederen Chorherren wohnten. Über den Türen befanden sich seltsame kleine Vorbauten, ähnlich wie die Schalldeckel über den alten Kanzeln; und ich dachte mir, ich würde gern einen der niederen Chorherren sehen, wie er aus seinem obersten Fenster schaute und uns das Vergnügen einer kleinen Weihnachtspredigt über die armen Gelehrten von Rochester gönnte, wobei er seinen Predigttext den Worten seines Herren bezüglich des Fressens der Häuser der Witwen 10 entnahm.
Der Klarinettist war so redselig und meine Neigungen waren (wie immer) von so vagabundierender Tendenz, dass ich die Stadtmusikanten über eine frei liegende Wiese namens The Vines begleitete und mich – im französischenSinne 11 – an der Aufführung zweier Walzer, zweier Polkas und dreier irischer Melodien beteiligte, ehe ich überhaupt wieder an mein Gasthaus dachte. Aber ich kehrte dorthin zurück und fand in der Küche einen Fiedler vor und Ben sowie den schielenden Jungen und zwei Zimmermädchen, die mit äußerster Lebhaftigkeit um den großen Holztisch kreisten.
Ich hatte eine sehr schlimme Nacht. Am Truthahn oder am Roastbeef kann es nicht gelegen haben – und der Weihnachtspunsch steht auch außer Frage –, aber ich erlitt mit jedem Versuch, Schlaf zu finden, jämmerlichen Schiffbruch. Ich schlief keine Sekunde; und welche närrische Richtung auch meine Gedanken einschlugen, überall störte sie das Bildnis des Masters Richard Watts empfindlich.
Mit einem Wort: Ich konnte dem Ehrenwerten Master Richard Watts nur entgehen, indem ich um sechs Uhr in stockfinsterer Nacht aus dem Bett stieg und mich, wie es meine Art ist, in so viel kaltes Wasser stürzte, wie für diesen Zweck nur aufzutreiben war. Die Luft draußen auf der Straße war trüb und kalt genug, als ich hinausging, und die eine Kerze in unserem Speisezimmer in Watts’ Wohltätiger Einrichtung brannte so halbherzig, als hätte auch sie eine schlechte Nacht hinter sich. Aber meine Reisenden hatten alle tief und fest geschlafen, und sie machten sich so begeistert, wie ich es mir nur wünschen konnte, über den heißen Kaffee und die Berge von Butterbroten her, die Ben wie Bretter auf dem Holzplatz aufgeschichtet hatte.
Während es noch kaum Tag war, traten wir alle zusammen auf die Straße und schüttelten einander die Hände. Die Witwe ging mit dem kleinen Matrosen nach Chatham,wo er ein Dampfschiff nach Sheerness finden wollte; der Rechtsanwalt schritt mit außerordentlich wissendem Blick seines Weges, ohne sich die Mühe zu machen, seine Absichten kundzutun; zwei weitere wanderten an der Kathedrale und der alten Burg vorüber in Richtung Maidstone; und der Hausierer, der mit Büchern handelte, begleitete mich über die Brücke. Was mich betrifft, so wollte ich durch die Wälder von Cobham wandern, auf meinem Weg nach London so weit gehen, wie ich nur mochte.
Als ich zu dem Zauntritt und dem Fußweg kam, der von der Hauptstraße abzweigte, sagte ich meinem letzten armen Reisenden Lebewohl und ging allein weiter. Und nun begannen die Nebel sich aufs Schönste zu lichten und die Sonne begann zu scheinen; und als ich durch die klirrend kalte Luft schritt und überall den Raureif glitzern sah, da hatte ich das Gefühl, als teilte die ganze Natur mit mir die Freude über diesen großen Geburtstag. Auf meinem Weg durch die Wälder verstärkte
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