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Der schwarze Schleier

Der schwarze Schleier

Titel: Der schwarze Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Ohrenschmerzen, Kopfschmerzen, Herzschmerzen, Magenschmerzen, Kraftlosigkeit, Nervenschwäche, Anfälle, Ohnmachten, Fieber, Schüttelfrost, alle werden gleichermaßen durch die kleine und angenehme Dosis Arznei der großartigen Tochter des großartigen Arztes kuriert! Und das ging so: Sie, die Tochter eines Arztes, Besitzerin der großartigen Equipage, die ihr nun bewundert, mit den alles unterstreichenden Fanfaren der Trompeten, mit Trommeln und Zimbeln, hat es euch gesagt. Am ersten Tag, nachdem ihr die kleine und angenehme Dosis eingenommen habt, spürt ihr noch keine besondere Wirkung, außer einem höchst harmonischen Gefühl unbeschreiblicher und unwiderstehlicher Freude; am zweiten Tag geht es euch so viel besser, dass ihr glaubt, man hätte euch ausgewechselt; am dritten Tag seid ihr vollkommen beschwerdefrei, was immer auch die Beschwerde war und wie lange ihr sie schon hattet, und ihr würdet gern die Tochter des Arztes aufsuchen, um euch ihr zu Füßen zu werfen, den Saum ihres Gewandes zu küssen und so viele weitere kleine und angenehme Dosen zu kaufen, wie ihr nach dem Verkauf eures gesamten Hab und Guts erwerben könntet; aber sie ist dann nirgends zu finden – wohl zu denPyramiden von Ägypten abgereist, um Kräuter zu sammeln –, und ihr wärt, obgleich kuriert, in tiefste Verzweiflung gestürzt. So machte die Tochter des Arztes ihre Geschäfte (und ziemlich rasch noch dazu), und so ging das Kaufen und Verkaufen und Vermischen von Zungen und Farben weiter, bis das wechselnde Sonnenlicht, das die Tochter des Arztes in den Schatten der hohen Dächer tauchte, sie daran mahnte, rasch nach Westen zu fahren und zum Abschied noch einmal wirkungsvoll ihre herrliche Equipage und ihre glänzenden Musiker im Abendlicht schimmern und glitzern zu lassen. Und nun schlug der Magier wiederum mit seinem Zauberstab auf die Steine des Großen Platzes, und schon waren die Buden abgebaut, das Sitzen und Stehen hatte ein Ende, verschwunden waren die Waren und mit ihnen die Schubkarren, die Esel, die Eselskarren und Dungwagen und alle anderen Dinge mit Rädern und Füßen, außer den langsamen Gassenkehrern mit ihren schwerfälligen Wagen und mageren Pferden, die den Kehricht einsammelten, unterstützt von den eleganten Stadttauben, die heute viel plumper waren als an Tagen ohne Markt. Während noch ein, zwei Stunden bis zum herbstlichen Sonnenuntergang dämmerten, konnten die Faulenzer vor den Stadttoren und der Zugbrücke und dem Ausfalltor und dem doppelten Graben den letzten Karren mit seiner weißen Plane in der Allee mit den länger werdenden Baumschatten immer kleiner werden sehen oder das letzte Boot, das von der letzten Marktfrau gen Heimat gepaddelt wurde, wie es sich schwarz vor dem röter werdenden, langen, schmalen Graben zwischen ihm und der Mühle abzeichnete; und während sich der vom Paddel geteilte Schaum und die Entengrütze wieder über der Spur des Bootes schlossen, konnte er sicher sein, dass die schlammige Ruhe dieses Grabens bis zum nächsten Markttag nicht mehr gestört würde.Da es nicht einer der Tage war, an denen der Große Platz sich aus dem Bett erhob, als Monsieur der Engländer auf die jungen Soldaten herabblickte, die dort Stechschritt übten, konnten seine Gedanken ungehindert eine militärische Richtung einschlagen.
    »Diese Burschen sind überall hier einquartiert«, sagte er sich, »und wenn man sie sieht, wie sie die Kaminfeuer der Leute anzünden, in den Töpfen der Leute kochen, auf die Säuglinge der Leute aufpassen, die Wiegen der Leute schaukeln, das Gemüse der Leute waschen und sich allgemein in jeder unmilitärischen Art und Weise nützlich machen, so ist das äußerst lächerlich! Solch eine Schar von Burschen habe ich noch nie gesehen – mein Lebtag nicht!«
    Was auch wieder vollkommen der Wahrheit entsprach. War nicht ein gemeiner Soldat Valentin im Haus, der sich in der Familie seines Hauptmanns, eines Monsieur Capitaine de la Cour, als einzige Magd, als Diener, Koch, Verwalter und Kindermädchen betätigte, der die Böden wischte, die Betten machte, einkaufen ging, dem Hauptmann beim Ankleiden behilflich war, den Salat zubereitete und das Baby anzog, alles mit gleicher Bereitwilligkeit?
    Oder, wenn man von ihm einmal absah, da er seinem Vorgesetzten treue Dienste leistete, war da nicht auch noch der gemeine Soldat Hyppolite, der bei einem Parfümeur zweihundert Yard entfernt einquartiert war und der, wenn er keinen Dienst hatte, nur zu gern den Laden führte, während

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