Der schwarze Schleier
dem Fenster sah, grüßte ihn Madame Bouclet huldvoll mit einem Kopfnicken, schaute nach rechts und schaute nach links, um ihm klarzumachen, warum sie dort stand, überlegte einen Augenblick, wie jemand, der sich Rechenschaft über jemanden abgibt, den er dort nicht erwartet hätte, und trat dann wieder durch ihr Eingangstor zurück. Madame Bouclet vermietete ihr gesamtes Haus, das zum Platz hinausging, in möblierten Wohnungen oder ganzen Etagen und wohnte selbst weiter hinten im Hof in Gesellschaft von Monsieur Bouclet, ihrem Gatten (einem großartigen Billardspieler), mit einem geerbten Brauereigeschäft, einigem Federvieh, zwei Wagen, einem Neffen, einem kleinen Hund in einer großen Hundehütte, einer Weinrebe, einem Kontor, vier Pferden, einer verheirateten Schwester (mit einem Anteil am Brauereigeschäft), dem Mann und den beiden Kindern der verheirateten Schwester, einem Papagei, einer Trommel (auf der der kleine Junge der verheirateten Schwester spielte), zwei einquartierten Soldaten, einer Anzahl von Tauben, einer Querpfeife (vom besagten Neffen hinreißend gespielt), verschiedenen Bediensteten und Gehilfen, einem ständigen Aroma von Kaffee und Suppe, einer ungeheuren Ansammlung von künstlichen Felsen und hölzernen Abgründen, mindestens vier Fuß hoch, einem kleinen Brunnen und einem halben Dutzend hoher Sonnenblumen.
Nun hatte der Engländer, als er sein Appartement bezog – oder, wie man auf unserer Seite des Ärmelkanals sagen würde, seine Räume –, seinen Namen bis auf den letzten Buchstaben korrekt als LANGLEY angegeben. Aber da er die britische Angewohnheit hatte, seinen Mund auf ausländischem Boden nicht sehr weit zu öffnen, außer bei den Mahlzeiten, hatte die Brauerei nichts als »L’Anglais« verstehen können. Und so war aus ihm Monsieur der Engländer geworden, und das war er geblieben.
»Solche Leute habe ich ja noch nie gesehen!«, murmelte Monsieur der Engländer, als er aus dem Fenster schaute. »Mein Lebtag nicht.«
Das stimmte ja auch, denn er hatte nie zuvor sein Land verlassen – eine gute kleine Insel, eine enge kleine Insel, eine helle kleine Insel, eine kampflustige kleine Insel 11 , und voller Verdienste aller Arten, aber nicht überall ringsum auf der Welt.
»Diese Kerle«, sagte sich Monsieur der Engländer, während er sein Auge über den Platz schweifen ließ, der hier und da mit Militär gesprenkelt war, »sind so wenig Soldaten wie …« Da ihm nichts hinreichend stark für das Ende dieses Satzes erschien, ließ er ihn unvollendet.
Dies wiederum war (aus dem Blickwinkel seiner Erfahrung gesehen) strenggenommen korrekt; denn obwohl sich in der Stadt und im umliegenden Land eine sehr große Zusammenballung von Soldaten befand, hätte man jeden Tag eine große Parade und Felddienstübung abhalten können und hätte vergeblich unter ihnen allen nach einem Soldaten Ausschau gehalten, der hinter seiner lächerlichen Halsbinde beinahe erstickte, oder nach einem Soldaten,den seine schlecht sitzenden Schuhe lahm machten, oder nach einem Soldaten, dem Riemen und Knöpfe den Gebrauch seiner Gliedmaßen verwehrten, oder nach einem Soldaten, den man mit ausgeklügelten Methoden zur Hilflosigkeit in allen kleinen Dingen des Lebens verurteilte. Man hätte nur eine Schar flotter, aufgeweckter, aktiver, emsiger, geschickter, seltsamer, Scharmützel ausfechtender Burschen gefunden, die sich mit Geschick allem Möglichen widmen konnten, von der Belagerung bis zur Suppe, von großen Kanonen bis zu Nadel und Faden, von den Übungen mit dem Säbel bis zum Zwiebelschneiden, vom Führen von Kriegen bis zum Braten von Omeletts.
Was für eine Schar! Vom Großen Platz unter den Augen von Monsieur dem Engländer, wo ein paar ungelenke, soeben einberufene Trupps Stechschritt übten – einige Angehörige dieser Trupps immer noch, was ihren Oberkörper betraf, im bäuerlichen Verpuppungsstadium einer Bluse und nur, was ihre regimentsmäßig bekleideten Beine anging, bereits militärische Schmetterlinge –, vom Großen Platz fort bis hinaus vor die Befestigungsanlagen und viele Meilen die staubigen Straßen entlang schwärmten die Soldaten aus. Den lieben langen Tag übten die Soldaten auf den grasüberwachsenen Bollwerken Trompete und Flügelhorn; den lieben langen Tag trommelten und trommelten die übenden Soldaten in den Winkeln der ausgetrockneten Gräben. Jeden Vormittag stürzten sich Soldaten aus den großen Kasernen auf den sandbestreuten Boden des Turnplatzes in der Nähe, flogen
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