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Der schwarze Schleier

Der schwarze Schleier

Titel: Der schwarze Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Unterredung mit der Frau des Barbiers und einem Griff in seine Brieftasche und sein Visitenkartenetui kam er zurück, trug Bebelles gesamte Habseligkeiten bei sich, in einem so sehr kleinen Bündel, dass es unter seinem Arm beinahe verloren schien.
    Da es mit dem gesamten Lauf der Dinge und seinem Charakter nicht vereinbar war, Bebelle feierlich davonzutragen oder gar Komplimente oder Gratulationen diesbezüglich zu erhalten, widmete er den nächsten Tag der Aufgabe, seine beiden Handkoffer heimlich und geschickt aus dem Haus zu schmuggeln und sich selbst in allem so zu verhalten, als plante er eine Flucht – außer dass er natürlich seine wenigen offenen Rechnungen in der Stadt bezahlte und einen Brief vorbereitete, den er Madame Bouclet hinterlassen wollte und in den er eine ausreichende Summe einlegte, als Entschädigung, weil er die ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten hatte. Um Mitternacht würdeein Eisenbahnzug durch die Stadt kommen, und in diesem Zug würde er Bebelle mitnehmen, um in England und bei seiner Tochter, der er verziehen hatte, nach Theophile zu suchen.
    Um Mitternacht im hellen Mondschein schlich sich nun Monsieur der Engländer wie ein unbewaffneter Mörder, anstatt eines Dolches Bebelle an der Brust verborgen, aus dem Haus. Still lag der Große Platz und still lagen die reglosen Gassen, geschlossen waren die Cafés, zusammengeschoben und unbeweglich ihre Billardkugeln, schläfrig die hier und da postierten Garden oder Wachsoldaten, zeitweilig in Schlaf gesunken war sogar der unstillbare Hunger des städtischen Abgabenamtes.
    Monsieur der Engländer ließ den Platz hinter sich und ließ die Straßen hinter sich und ließ die von Zivilisten bewohnte Stadt hinter sich und stieg zwischen Vaubans militärischen Befestigungsanlagen bergab, die alles umschlossen. Als der Schatten des ersten schweren Torbogens und Ausfalltors auf ihn fiel und dann hinter ihm zurückblieb, als auf seine dumpfen Schritte auf dem Weg über die erste Zugbrücke ein zarteres Geräusch folgte, während er einen nach dem anderen die Gräben mit ihrem abgestandenen Wasser überquerte und dorthin gelangte, wo das Wasser floss, da waren die dunklen Schatten und die hohlen Klänge und die unheilvoll eingedämmten Strömungen seiner Seele besiegt und entschwanden in die Freiheit. Lasst es euch gesagt sein, ihr Vaubans eurer eigenen Herzen, die ihr sie mit dreifachen Mauern und Gräben umgürtet, mit Riegeln und Ketten und Stangen und hochgezogenen Zugbrücken – schleift diese Festungen, macht sie dem alles verschlingenden staubigen Erdboden gleich, ehe die Nacht hereinbricht, in der niemandes Hand arbeiten kann!
    Alles verlief sehr erfolgreich, und er stieg in ein leeres Abteildes Zuges, wo er Bebelle wie auf einen Diwan auf den Sitz gegenüber betten und sie von Kopf bis Fuß mit seinem Mantel zudecken konnte. Er hatte sich gerade wieder aufgerichtet, nachdem er dieses Arrangement vervollkommnet hatte, und hatte sich in seinen eigenen Sitz zurückgelehnt und betrachtete alles mit großer Zufriedenheit, als er einer seltsamen Erscheinung am offenen Fenster seines Abteils gewahr wurde – eine gespenstische Blechdose war im Mondlicht aufgestiegen und schwebte dort.
    Er lehnte sich vor und streckte den Kopf hinaus. Unten zwischen den Schwellen und Rädern und der Asche stand Monsieur Mutuel, komplett mit rotem Ordensband!
    »Entschuldigen Sie, Monsieur der Engländer«, sagte Monsieur Mutuel und hielt die Dose auf Armeslänge, da der Eisenbahnwaggon so hoch und er so weit unten war, »aber ich werde dieses Döschen für immer in hohen Ehren halten, wenn Sie mit Ihrer so großzügigen Hand zum Abschied eine Prise daraus nähmen.«
    Monsieur der Engländer streckte die Hand aus dem Fenster, ehe er dieser Bitte nachkam, und schüttelte dem alten Knaben – ohne ihn zu fragen, was es ihn anging – die Hand und sagte: »Adieu! Gott segne Sie!«
    »Und Monsieur der Engländer, Gott segne
Sie
!«, rief Madame Bouclet, die auch zwischen den Schwellen und Rädern und der Asche stand. »Und Gott wird Sie mit dem Glück des Kindes segnen, das nun in Ihrem Schutz ist. Und Gott wird Sie zu Hause mit Ihrem eigenen Kind segnen. Und Gott wird Sie in Ihren eigenen Erinnerungen segnen. Und dies von mir!«
    Er hatte kaum Zeit, ein Bouquet aus ihrer Hand aufzufangen, ehe der Zug schon durch die Nacht davonflog. Rings um das Papier, in das der Strauß eingeschlagen war, stand wacker geschrieben (zweifellos von dem Neffen, derdie Feder

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