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Der schwarze Schleier

Der schwarze Schleier

Titel: Der schwarze Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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vorbeigekommen, um mich draußen zu erkundigen, ob mein saumseliger Freund seine Natur so weit überwunden hat, dass er tatsächlich einmal praktisch und vernünftig gedacht hat . Aber er hat natürlich nichts dergleichen getan. Ich habe ihm Ihre Unterlagen selbst überreicht, und er beteuerte mir lautstark seine Absicht, aber natürlich hat er nichts getan. Abgesehen von der allgemeinen menschlichen Abneigung dagegen, Dinge zu tun, die getan werden müssen, fürchte ich, dass das wohl ganz besonders für eine Lebensversicherung gelten muss. Es ist doch zu sehr, als schriebe man sein Testament. Die Leute sind so abergläubisch und beinahe überzeugt, dass sie schon bald danach sterben müssen.«
    »Bitte hier hinauf, einfach geradeaus hierher, Mr. Sampson. Weder nach rechts noch nach links.« Ich bildete mir beinahe ein, ich könnte ihn diese Worte sprechen hören, während er dasaß und mich anlächelte und mir diesen unerträglichen Scheitel haargenau vor die Nase hielt.
    »Dieses Gefühl beschleicht die Leute manchmal, zweifellos«, erwiderte ich. »Aber ich glaube nicht, dass es sich über längere Zeit hält.«
    »Nun«, sagte er mit einem Achselzucken und einem Lächeln, »ich wünschte, ein guter Engel könnte meinenFreund in die richtige Richtung schieben. Ich habe unvorsichtigerweise seiner Mutter und Schwester in Norfolk versprochen, ich würde mich darum kümmern, und er hat ihnen auch versprochen, die Versicherung abzuschließen. Aber ich denke, nun wird er es niemals tun.«
    Er plauderte noch ein, zwei Minuten über neutrale Themen und ging fort.
    Am nächsten Morgen hatte ich kaum die Schubladen meines Schreibtisches aufgeschlossen, als er wieder auftauchte. Ich bemerkte, dass er gleich zu meiner Tür in der Glaswand kam und keinen einzigen Augenblick draußen verharrte.
    »Können Sie zwei Minuten für mich erübrigen, mein lieber Mr. Sampson?«
    »Aber natürlich.«
    »Ich bin Ihnen sehr dankbar«, erwiderte er und legte Hut und Regenschirm auf den Tisch. »Ich bin eigens so früh gekommen, um Sie nicht zu unterbrechen. Tatsächlich hat mich dieser Antrag, den mein Freund gestellt hat, sehr überrascht.«
    »Er hat einen gestellt?«, erkundigte ich mich.
    »Ja-a«, antwortete er und blickte mich vielsagend an; und dann schien ihm ein Geistesblitz zu kommen, »oder er sagt mir nur, dass er es gemacht hat. Vielleicht hat er nur eine neue Methode entdeckt, um die Sache zu umgehen. Beim Jupiter, das hatte ich nie bedacht.«
    Mr. Adams öffnete gerade im Kontor draußen die Morgenpost. »Wie heißt er, Mr. Slinkton?«, fragte ich.
    »Beckwith.«
    Ich schaute zur Tür heraus und bat Mr. Adams, falls ein Antrag unter diesem Namen eingegangen sei, diesen hereinzubringen. Er hatte ihn bereits auf den Schaltertisch gelegt. Er war leicht aus den anderen herauszufinden, under reichte mir das Blatt. Alfred Beckwith. Antrag auf eine Police für zweitausend Pfund. Mit gestrigem Datum.
    »Vom Middle Temple, sehe ich, Mr. Slinkton.«
    »Ja. Er lebt im gleichen Haus wie ich, seine Tür ist mir gegenüber. Ich hätte jedoch nie gedacht, dass er mich als Referenz angeben würde.«
    »Das scheint mir nur natürlich.«
    »Ja, wirklich, Mr. Sampson, aber ich hätte es nie gedacht. Ich will es mir einmal ansehen.«
    Er zog das gedruckte Blatt aus der Tasche. »Wie soll ich nur all diese Fragen beantworten?«
    »Natürlich wahrheitsgemäß«, antwortete ich.
    »Oh, natürlich!«, erwiderte er und schaute mit einem Lächeln zu mir auf. »Ich meinte nur, dass es so viele sind. Aber Sie haben recht, wenn Sie es hier sehr genau nehmen. Es ist ja nur vernünftig, dass Sie es genau nehmen. Würden Sie mir gestatten, Ihre Tinte und Feder zu benutzen?«
    »Sicherlich.«
    »Und Ihren Schreibtisch?«
    »Gewiss.«
    Er hatte zwischen seinem Hut und Regenschirm gezögert, um einen Platz zum Schreiben zu finden. Nun saß er auf meinem Stuhl, vor meinem Löschpapier und Tintenfass, und mit dem langen Pfad über seinen Kopf in akkurater Perspektive vor mir stand ich mit dem Rücken zum Kamin.
    Ehe er die Fragen beantwortete, las er sie jeweils laut und besprach sie. Wie lange kannte er Mr. Alfred Beckwith? Dazu musste er die Jahre an den Fingern abzählen. Was waren seine Lebensgewohnheiten? Keine Schwierigkeit damit; er führte ein äußerst gemäßigtes Leben, verschaffte sich, wenn überhaupt, ein wenig zu viel Bewegung. Sämtliche Antworten waren zufriedenstellend. Als er sie alle aufgeschrieben hatte, schaute er sie noch einmal durch

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