Der schwarze Schleier
und seiner Nichte getrennt.
Als ich mich wieder zu ihnen gesellte, richtete Mr. Slinkton als Erster das Wort an mich. Tatsächlich sagte er bereits, bevor ich sie erreicht hatte, mit erhobener Stimme: »Es ist gut, dass Sie nicht noch länger fort waren, sonst wäre meine Nichte vor Neugierde gestorben, endlich herauszufinden, wer ihr Schatten ist, Mr. Sampson.«
»Ein alter Direktor der East India Company 4 «, antwortete ich. »Ein vertrauter Freund unseres Freundes, in dessen Haus ich zuerst das Vergnügen Ihrer Bekanntschaft hatte. Ein gewisser Major Banks. Haben Sie schon von ihm gehört?«
»Nie.«
»Sehr reich, Miss Niner, aber sehr alt und sehr kränklich. Ein liebenswerter Mann, vernünftig – und sehr an Ihnen interessiert. Er hat sich gerade ausführlich darüber ausgelassen, welche Zuneigung er zwischen Ihnen und Ihrem Onkel hat beobachten können.«
Mr. Slinkton hielt seinen Hut wieder in der Hand und fuhr mit der Hand über den schnurgeraden Gartenpfad, als spazierte auch er selbst heiter dort hinauf, immer mir nach.
»Mr. Sampson«, sagte er und drückte zärtlich den Arm seiner Nichte, die sich bei ihm untergehakt hatte, »unsere Zuneigung ist stets stark gewesen, denn wir haben nur wenige enge Bindungen. Jetzt sind es noch weniger geworden. Uns vereinen Beziehungen, die nicht von dieser Welt sind, Margaret.«
»Lieber Onkel!«, murmelte die junge Dame und wandte ihr Gesicht ab, um ihre Tränen zu verbergen.
»Meine Nichte und ich haben so viele Erinnerungen und solchen Kummer gemeinsam, Mr. Sampson«, fuhr er voller Gefühl fort, »dass es wirklich sehr seltsam wäre, wenn die Beziehung zwischen uns kalt oder gleichgültig wäre. Wenn ich mich an ein Gespräch erinnere, das wir einmal führten, so werden Sie verstehen, worauf ich anspiele. Nur Mut,liebe Margaret! Lass den Kopf nicht hängen, lass den Kopf nicht hängen. Meine Margaret! Ich kann es nicht ertragen, wenn du den Kopf so hängenlässt!«
Die arme junge Dame wirkte sehr mitgenommen, hielt sich aber tapfer. Auch seine Gefühle waren stark aufgewühlt. Mit einem Wort, er stellte fest, dass er so dringend eine Erfrischung benötigte, dass er unverzüglich fortging, um im Seewasser zu baden, und mich und die junge Dame allein bei einem Felsen sitzen ließ, wahrscheinlich mit der Absicht – und das war ja bei einer jungen Dame ein verzeihlicher Luxus –, dass sie ihn von ganzem Herzen preisen konnte.
Und das tat sie, die Ärmste! Mit dem ganzen Zutrauen ihres Herzens pries sie ihn mir dafür, wie gut er sich um ihre tote Schwester gekümmert hatte, und für seine unermüdliche Hingabe während ihrer letzten Krankheit. Die Schwester war langsam dahingesiecht, und gegen Ende ihres Lebens waren alle möglichen wilden und schrecklichen Hirngespinste über sie hereingebrochen, aber er war niemals ungeduldig mit ihr geworden oder gar verzweifelt; er war stets sanft, aufmerksam und selbstbeherrscht gewesen. Die Schwester hatte gewusst, genau wie sie es schon immer wusste, dass er der beste und freundlichste unter den Männern war, und doch ein Mann von so bewundernswerter Charakterstärke, ein wahrer Fels in der Brandung, an den sich ihre schwachen Naturen ein Leben lang anlehnen konnten.
»Ich werde von ihm gehen, Mr. Sampson, schon sehr bald«, vertraute die junge Dame mir an. »Ich weiß, dass mein Leben seinem Ende entgegengeht; und wenn ich gehe, dann hoffe ich, dass er heiratet und glücklich wird. Ich bin sicher, er hat nur um meinetwillen so lange als Junggeselle gelebt und wegen meiner armen, armen Schwester.«
Der kleine Handkarren vollführte eine weitere große Schleife im feuchten Sand und kam schon wieder zurück, beschrieb langsam eine Acht, die wohl eine halbe Meile lang war.
»Meine liebe junge Dame«, sagte ich und blickte mich um, während ich ihr die Hand auf den Arm legte und leise sprach, »die Zeit drängt. Hören Sie das sanfte Murmeln der See?«
Sie schaute mich voller höchster Verwunderung und Erschrecken an und meinte: »Ja.«
»Und Sie wissen, wie ihre Stimme klingt, wenn ein Sturm heraufzieht?«
»Ja!«
»Sie können sehen, wie ruhig und friedlich das Meer jetzt vor uns liegt, und Sie wissen, was für ein schrecklicher Anblick erbarmungsloser Gewalt es noch heute Nacht sein könnte!«
»Ja!«
»Aber wenn Sie es noch nie gehört oder gesehen hätten, wenn Sie noch nie von seiner Grausamkeit gehört hätten, könnten Sie dann glauben, dass es jedes tote Ding, das sich ihm in den Weg stellt, in Stücke
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