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Der schwarze Schleier

Der schwarze Schleier

Titel: Der schwarze Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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schlafen die sechs armen Reisenden oben?«
    Meine neue Freundin schüttelte den Kopf. »Die schlafen«, sagte sie, »in zwei kleinen äußeren Galerien hinten, wo ihre Betten immer gestanden haben, seit die Wohltätige Einrichtung gegründet wurde. So unbequem, wie sich die Dinge für mich im Augenblick gestalten, werden die Herren wohl bald einen Teil des Hinterhofs nehmen und dort ein kleines Zimmer für sie einrichten, wo sie sitzen können, ehe sie zu Bett gehen.«
    »Und dann sind die sechs armen Reisenden«, bemerkte ich, »völlig aus dem Haus?«
    »Völlig aus dem Haus«, stimmte mir die matronenhafte Gestalt zu und rieb sich behaglich die Hände. »Was für alle Parteien wohl viel besser ist und viel bequemer.«
    Mich hatte in der Kathedrale ein wenig die Bestimmtheit befremdet, mit der das Bildnis von Master Richard Watts aus seinem Grabmal hervorbarst, aber nun begann ich mir zu überlegen, dass man durchaus erwarten könnte, dass dieses Bildnis in einer stürmischen Nacht über die High Street kommen und hier Aufruhr verursachen könnte.
    Wie dem auch sei, ich behielt diesen Gedanken für mich und begleitete die Matrone zu den kleinen Galerien hinten im Haus. Ich sah, dass sie winzig waren wie die Galerien in den alten Gasthöfen, und sie waren blitzsauber.
    Während ich sie noch betrachtete, gab mir die Matronezu verstehen, dass jeden Abend vom Anfang bis zum Ende des Jahres die vorgeschriebene Anzahl armer Reisender hierherkam und dass die Betten stets belegt waren. Unter meinen diesbezüglichen Fragen und ihren Antworten gelangten wir wieder zum Besprechungszimmer, das für die Würde »der Herren« so unverzichtbar war und wo sie mir die gedruckten Bilanzen der Wohltätigen Einrichtung zeigte, die beim Fenster hingen. Denen entnahm ich, dass der größere Teil des vom Ehrenwerten Master Richard Watts für die Aufrechterhaltung dieser Stiftung hinterlassenen Erbes zum Zeitpunkt seines Todes nichts als Sumpfland gewesen war, das aber im Laufe der Zeit trockengelegt und bebaut worden war und erheblich an Wert zugenommen hatte. Ich stellte ebenfalls fest, dass etwa der dreizehnte Teil der jährlichen Einkünfte für die in der Inschrift über der Tür bestimmten Zwecke verwendet wurde; der Rest wurde großzügig für Registergerichte, Rechtskosten, Geldeintreiber, Verwalter, Pfändungsgebühren und andere Verwaltungsanhängsel ausgegeben, die allesamt den sechs armen Reisenden höchst zuträglich waren. Kurz gesagt, ich machte die nicht völlig neue Entdeckung, dass man eine Einrichtung wie diese im lieben alten England mit der fetten Auster in einer amerikanischen Geschichte vergleichen kann; von der hatte anscheinend auch ein ganzer Haufen Leute sehr gut gelebt.
    »Und bitte, Madam«, sagte ich, und ich war mir bewusst, dass sich meine Miene erhellte, als mir dieser Gedanke kam, »könnte ich einen dieser Reisenden sehen?«
    »Nun!«, erwiderte sie unschlüssig, »nein!«
    »Auch nicht heute Abend zum Beispiel?«, fragte ich nach.
    »Nun!«, antwortete sie mit mehr Gewissheit, »nein. Niemand hat je darum gebeten, sie zu sehen, und niemand hat sie je gesehen.«
    Da ich mich nicht so leicht von einem Plan abbringen lasse, wenn ich ihn einmal gefasst habe, drängte ich die gute Frau, es sei schließlich Heiligabend; Weihnachten sei nur einmal im Jahr – was leider nur zu wahr ist, denn wenn das ganze Jahr Weihnachten wäre, dann könnten wir diese Erde zu einem völlig anderen Ort machen; ich sei von dem Verlangen ergriffen, diesen Reisenden ein Abendessen und ein anständiges Glas heißen Weihnachtspunsch 1 zu spendieren ; mein Ruhm erschalle laut im ganzen Land, weil ich meisterlich heißen Weihnachtspunsch braute; ich würde mich, wenn es mir denn gestattet würde, dieses Festmahl auszurichten, an die Regeln der Vernunft und Nüchternheit und an anständige Tageszeiten halten; mit einem Wort: ich selbst sei durchaus in der Lage, gleichzeitig fröhlich und weise zu sein, und könnte im Notfall dafür sorgen, dass dies auch anderen gelänge, und das, obwohl ich nie eine Medaille und einen Orden dafür bekommen hatte und weder ein Klosterbruder noch ein Volksredner, noch ein Apostel, noch ein Heiliger oder Prophet irgendeiner Religion sei. Schließlich setzte ich mich zu meiner großen Freude durch. Es wurde abgemacht, dass um neun Uhr an jenem Abend ein Truthahn und ein Roastbeef auf dem Tisch dampfen sollten und dass ich heute als der schwache und unwürdige Vertreter von Master Richard Watts dem

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