Der schwarze Skorpion
Fetzen von den zerlaufenen Bonbonresten zu lösen.
»Wer schmeißt denn seine angeschmodderten Bonbons einfach auf den Boden!«, regte er sich auf, während er den Teil suchte, auf dem die Adresse stand. »Ist ja widerlich!« Schließlich hatte er den Schnipsel gefunden. Im Halbdunkel des Fonds führte er das Papier nahe an seine Augen, um die Schrift entziffern zu können.
»Was steht da? An Mr M…ickey M–«
Ein Schatten fiel ins Wageninnere. Wie aus dem Nichts war er aufgetaucht und legte sich wie eine dunkle Wolke über die Vordersitze und die spiegelnden Armaturen. Bob drückte sich flach auf den Boden, dann machte jemand die Fahrertür auf.
»Hier ist es! 27 Westlane! Das ist die Adresse, die mir Miss Bancrofft genannt hat.« Justus zeigte auf ein mit Hibiskusranken umwuchertes, schmiedeeisernes Einfahrtstor, durch das man einen prächtig angelegten Garten erkennen konnte. An der Mauer rechts neben dem Tor hatten die Besitzer die Zahl 27 aus kleinen, bunten Mosaiksteinchen anbringen lassen.
»Sieht ja richtig schnuckelig aus«, fand Peter und stellte den Motor seines MGs ab. »Dann hoffen wir mal, dass uns Mrs Robinson weiterhelfen kann.«
Die beiden Jungen stiegen aus und gingen zu dem Gartentor. Unterhalb der Mosaikziffer fand Justus einen runden Messingknopf, über dem ein Schildchen mit dem Namen Robinson angebracht war. Er drückte den Knopf und wartete.
»Hm«, machte der Erste Detektiv nach einer Weile, weil sich nichts rührte. Noch einmal betätigte er die Klingel.
»Wir hätten doch vorher anrufen sollen«, sagte Peter, als sich nach weiteren dreißig Sekunden immer noch nichts tat. Er presste seinen Finger ein drittes Mal auf den Klingelknopf und hielt ihn diesmal auch eine ganze Zeit lang gedrückt.
»Damit sie uns gleich am Telefon abwimmelt, wenn sie was von Detektiven hört?«, entgegnete Justus. »Nein! Ich habe eigentlich darauf gesetzt, dass sie uns eher reinlässt, wenn wir sozusagen schon einmal da sind und uns als nette Jungs von nebenan entpuppen, die mit ihr plaudern wollen.«
»Ich bin also ein netter Junge von nebenan?« Peter zog abschätzig die Augenbrauen nach oben und gab die Klingel frei. »Hört sich ja schrecklich an. So nach Sonntagsanzug und Pomade im Haar.«
»Stimmt, du besitzt ja gar keinen Anzug«, entgegnete Justus und musterte Peter von oben bis unten. »Aber in meiner Begleitung hätte sie dich wahrscheinlich auch so, wie du bist, ins Haus gelassen.«
»Bitte? Willst du damit vielleicht sagen, dass ich rumlaufe wie der letzte Penner?«
Justus lachte überschwänglich. »Komm, Penner, äh, Peter!« Er klopfte seinem Freund kameradschaftlich auf den Rücken. »Lass uns mal zum Haus gehen!«
Die beiden Jungen öffneten das Tor und liefen über einen gewundenen Kiesweg Richtung Haus. Der Garten war in der Tat ein richtiges Schmuckstück. Überall grünte und blühte es, und dabei wirkte alles so harmonisch aufeinander abgestimmt, dass sich Justus und Peter kaum satt sehen konnten an der farbigen Pracht.
Aber es wirkte auch alles wie ausgestorben. Nichts rührte sich, nur hin und wieder flatterte ein Vogel aufgeschreckt durchs Gebüsch.
Doch plötzlich huschte eine weiße Gestalt um die Ecke!
»Was war das?« Peter packte Justus grob am Ärmel und riss ihn zurück.
»Vielleicht ein … Geist?«, riet Justus. »So einer von der Sorte, die vor Fenstern und Türen hängen und sich Gardinen nennen?«
»Hä?«
»Da steht eine Tür offen, durch die der Wind pfeift.«
Justus hatte Recht. Auf der rechten Seite des Hauses befand sich allem Anschein nach eine geöffnete Terrassentür, deren weiße Stores von leichten Windzügen immer wieder nach außen geweht wurden.
Peter lächelte verlegen. »Tatsächlich, Vorhänge, nur Vorhänge. Kommen aber wirklich gut, so als Geistererscheinungen, findest du nicht?«
»Doch, sicher. Absolut realistisch.« Justus nickte seinem Freund übertrieben ernst zu. »Aber dennoch werden wir jetzt todesmutig an die Tür dieses Geisterhauses klopfen, um herauszufinden, ob auch Lebende, insbesondere Ärztefrauen, diese Gruselhütte bewohnen!« Er zeigte auf den schweren Klopfer aus Eisen, der an der Haustür hing, und hob ihn an.
»Ist ja gut!«, meckerte Peter. »Ich bin eben sensibel und habe eine ausgeprägte Fantasie. Muss ja nicht jeder so ein roher Klotz sein wie du!«
Justus ließ den Klopfer zweimal auf das Holz sausen.
Nichts rührte sich im Haus. Justus betätigte den Eisenbügel noch einmal, und schließlich
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