Der schwarze Thron - Reiter reiter3
dumm.«
Karigan biss die Zähne zusammen und behielt Fergal im Auge, während sie nach einer Handvoll Stroh griff, um Kondor abzureiben. Wieder berührte er ihre Schulter und sagte ihr damit, dass er wusste, wie beunruhigt sie war. Sie rieb ihn und tätschelte ihn und flüsterte ihm sinnlose Dinge zu. Er war ihr Trost. Wenn Fergal nur verstünde, was so etwas bedeuten konnte!
Später saßen Karigan und Fergal vor der Feuerstelle des Schankraums, jeder mit einem Becher voll warmem gewürztem Apfelwein in der Hand. Fergal war während des Essens mürrisch gewesen und hatte nur wenig gesprochen. Karigan versuchte nicht, ihn aus seiner harten Schale herauszulocken, denn sie nahm an, dass ihn das nur noch mehr aufbringen würde. Sie hatte schon zuvor erlebt, wie aufbrausend er sein konnte, und wollte das nicht noch einmal mitmachen.
Jetzt, als sie warm und trocken waren und ihre Mägen voll, schien Fergal sich zu entspannen. Karigan setzte dazu an, etwas zu sagen, aber er unterbrach sie.
»Wirst du mir eine Standpauke halten?«
»Was glaubst du denn?«
Fergal sah sie wütend an, aber dann beruhigte er sich wieder. »Mir war kalt, und ich war nass und müde. Sie hat mich wütend gemacht.«
»Wir waren alle nass und müde«, erwiderte Karigan. »Die Pferde waren vollkommen durchnässt.«
Fergal starrte ins Feuer. »Ich weiß.«
»Und Wolke ist nicht dumm.«
»Sie sind alle dummes Viehzeug«, entgegnete Fergal sofort.
»Das hat mein Pa immer gesagt. Und der Mondpriester auch. Er sagte, die Götter haben uns die Oberherrschaft über die Tiere gegeben. Deshalb können wir sie benutzen und sie essen. Und reiten.«
Glaubte Fergal das wirklich, oder wiederholte er einfach Worte, die ihm eingetrichtert worden waren? Es war nicht das erste Mal, dass Karigan selbst solche Worte hörte, aber im Fall von Fergals Vater hielt sie es für eine Ausrede, um mit seiner Metzelei Profit zu machen.
Und der Mondpriester? Gegen etwas zu argumentieren, das auf Glauben beruhte und nicht auf Logik, war im Allgemeinen sinnlos, also versuchte sie es nicht einmal. Sie verstand allerdings nicht, wieso der Mondpriester so etwas predigte, wenn einige Götter zuweilen Tiergesichter hatten, wie Westrion, der Vogelmann.
Regen peitschte gegen die Fenster. Das schlechte Wetter führte dazu, dass es ruhig im Schankraum war; die wenigen anderen Gäste unterhielten sich nur leise über ihren heißen Getränken oder beschäftigten sich mit Kartenspielen. Ein Blitz erhellte den Raum.
»Ich werde mich um Wolke kümmern«, sagte Fergal leise. »Mach dir deshalb keine Gedanken, denn wenn ich das nicht tue, kann ich kein Reiter sein.«
Es war gut, dass er vorhatte, Wolke die nötige Pflege zukommen zu lassen, aber Karigan fragte sich, was für eine Art Grüner Reiter er sein würde, wenn er Pferde nur als niedere Bestien betrachtete? Als Fleisch?
Ich nehme an, es ist nicht zwingend notwendig, dass er Pferde liebt , dachte sie, aber sie schüttelte dennoch den Kopf in der Überzeugung, dass solche Gefühle ein Pferd und einen Reiter nur zu einem schlechten Team machen konnten.
Trotz Fergals Haltung hatte sie immer noch Hoffnung für
ihn. Sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu, als er dasaß und mit zusammengezogenen Brauen brütend ins Feuer starrte.
Es war nicht so sehr, dass er Pferde hasste, dachte sie, sondern er fürchtete, sich an ein Wesen zu hängen. Eine Lektion, die er zweifellos von seinem Vater gelernt hatte.
Um seinetwillen, und um jedes Pferdes willen, das mit ihm dienen würde, hoffte sie, dass er noch umlernen würde. Das tat sie wirklich.
Der Sturm verausgabte sich während der Nacht. Aber wenn er auch kurz gewesen war, fanden sie überall Beweise seiner Heftigkeit, als sie am nächsten Morgen aufbrachen. Der Boden war voller abgebrochener Zweige und Äste und voller Dachschindeln, die von den Häusern gerissen worden waren. Ein paar Bäume waren über den Königsweg gefallen, und sie mussten sie umgehen.
Das Wetter war jedoch sonnig und hatte sich beruhigt, als die Reiter nur noch einen knappen Tagesritt von Selium entfernt waren. Wann immer Karigan auf diesem Bereich des Königswegs unterwegs war, erkannte sie eine bestimmte Stelle am Straßenrand, die Erinnerungen daran weckte, wie ihr Leben sich verändert hatte, Erinnerungen an den Moment, in dem sie mehr geworden war als nur ein Schulmädchen oder die Tochter eines Kaufmanns.
Diese Stelle befand sich direkt hinter der Biegung der Straße, die nun vor ihnen lag, und
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