Der schwarze Thron - Reiter reiter3
heilenden Eigenschaften der Quellen und die jeweiligen Preise einer Behandlung an. Es gab öffentliche und private Bäder. Einige waren luxuriös, andere weniger teuer und sorgten nur für die grundlegendste Bequemlichkeit. An diesem Tag gab es keine Schlangen vor den Badehäusern, nicht so spät in der Jahreszeit. Die Badehausbetreiber hingen jetzt wieder mehr von den ortsansässigen Kunden ab. Einige schlossen ihr Haus auch einfach für den Winter.
»Wer würde wohl öffentlich baden wollen?«, fragte Fergal und zog die Nase kraus, als sie an einem solchen Badehaus vorbeikamen.
»Wer würde sich in einen eiskalten Fluss werfen?«, konterte Karigan und klang dabei schärfer, als sie gewollt hatte.
Fergal klappte sofort den Mund zu.
Karigan hatte ein wenig ein schlechtes Gewissen und erklärte: »Die öffentlichen Bäder sind weniger teuer als die privaten, und nicht alle, die wegen der heilenden Eigenschaften der heißen Quellen kommen, sind wohlhabend. Einige sind Bauern oder Arbeiter.«
»Hast du sie je aufgesucht?«, fragte Fergal.
»Die Schule hat ihren eigenen Anschluss an die Quellen. Ich brauchte die anderen Einrichtungen nie zu benutzen.«
Beinahe so sehr, wie sich Karigan darauf freute, ihre Freunde zu sehen, freute sie sich auf eines dieser Bäder. Als Boten des Königs würden sie und Fergal im Gästehaus der Schule wohnen, wo es selbstverständlich große Wannen gab, die mit dem Wasser aus den heißen Quellen gefüllt werden konnten.
Die Stadt war eher still, als sie weiterritten, und nur ein paar Schüler saßen auf der Treppe des Kunstmuseums. In den wärmeren Monaten gab es überall am Straßenrand Händler und Gaststätten, aber auch diese waren in der kühleren Jahreszeit nicht mehr geöffnet. Ein paar Leute waren auf dem Weg zum Einkaufen, aber es gab keine Straßenmusiker mehr, die hofften, sich ein Kupferstück oder zwei erspielen zu können. Die meisten Schüler würden um diese Tageszeit im Unterricht sein.
Als Hauptdurchgangsstraße durch die Stadt zog sich die Straße der Wächter den Hügel hinauf bis zur Schule; die Gebäude zu beiden Seiten waren älteren Stils, mit Säulen und roten Dachschindeln. Noch älter waren die Schulgebäude, denn die Stadt war um sie herum entstanden.
Die Straße der Wächter führte unter dem alten P’ehdrosi’schen Bogen auf das Schulgelände. Der Campus selbst war eine ordentlich angelegte »Stadt« mit gut gepflegten Wegen und Schulgebäuden, Wohnheimen und Verwaltungsbüros. Auf der anderen Seite des Campus war Platz für Sport und Waffenübungen und Ställe mit Weiden, Koppeln und einer Reitanlage.
Direkt hinter dem Eingang zum Campus ragte das Hauptverwaltungsgebäude auf. Dort würden sie die Büros des Goldenen Kustos und des Rektors finden.
Karigan und Fergal ritten zur Treppe des Verwaltungsgebäudes und übergaben die Zügel ihrer Pferde einem Stallburschen.
»Ich bringe Eure Satteltaschen zum Gästehaus«, sagte er.
»Danke«, erwiderte Karigan und reichte ihm ein Kupferstück.
Als Kondor und Wolke weggeführt wurden, wandte sich Karigan der großen Doppeltür vor sich zu. Sie zupfte ihre Jacke und die Botentasche zurecht und holte tief Luft. Fergal trat erwartungsvoll neben sie. Nach einem zweiten und dritten tiefen Atemzug schob sie die Tür auf und ging nach drinnen.
MEISTER RENDEL
Sie betraten eine Rotunde, umstanden mit den Büsten und Statuen von Rektoren und Gelehrten, deren bronzene und marmorne Blicke kalt auf die Reiter fielen. Die Rotunde beeindruckte wohlhabende Eltern sicher genügend, um ihre Kinder zur Ausbildung hierherzuschicken. Und sie schüchterte die Schüler ein. Als eine, die in jüngeren Jahren ihre Studien nicht sonderlich ernst genommen und sich hin und wieder Ärger eingehandelt hatte, hatte Karigan diese Rotunde mehrmals durchqueren müssen, um wegen ihrer Missetaten vor den Stellvertreter des Rektors zu treten.
Als sie für ihr letztes Jahr zurückgekehrt war, hatte sie sich ernsthafter dem Studium gewidmet und diesen Weg nicht ein einziges Mal machen müssen. Dennoch, trotz allem, was sie seitdem gesehen und getan hatte, hatte die Rotunde immer noch Einfluss auf sie.
Sie reckte das Kinn und ging entschlossen über den Marmorboden. Zumindest würde sie nicht zeigen, wie eingeschüchtert sie sich fühlte.
Ein junger Mann im Rotbraun des Fremdsprachenschülers mit einem weißen Lehrlingsknoten an seiner Schulter saß am Empfangstisch auf der anderen Seite der Rotunde und las. Als er sie näher kommen
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