Der schwarze Thron - Reiter reiter3
gute Zuckerbäcker«, sagte sie, »aber keiner ist so gut wie Meister Grantler.«
»Es gibt auch einen Brief«, sagte Karigan, und sie bat Fergal, der immer noch die Botentasche hatte, ihn herauszuholen.
Mel war nun doch still, als sie sich ans Lesen machte, und gab nur hin und wieder einen leisen Ruf oder Gemurmel von sich. Die Frau, die das Gästehaus betrieb, brachte ihnen einen Krug Ale und Becher, einen Apfelsaft für Mel, dazu Brot, einen Buttertiegel und Hühnchenpastete.
Rendel klopfte die Pfeife aus und legte sie zum Essen beiseite. »Seid ihr im Auftrag des Königs hier oder nur, um die junge Melry zu besuchen?«
»Ein bisschen von beidem, denke ich«, sagte Karigan. »Wir haben eine Botschaft für den Goldenen Kustos dabei, die in seiner Abwesenheit an Rektor Crosley gehen sollte.«
»Ich verstehe, und nachdem der Kustos weg ist und der Rektor im Heilerhaus liegt, sitzt ihr fest.«
Karigan nickte.
Rendel kaute nachdenklich an einem Bissen Pastete, dann sagte er: »Es wird eine Weile dauern, bevor Rektor Crosley wieder imstande ist, seine Pflichten aufzunehmen. Man hat ihn übel zusammengeschlagen, und er ist kein junger Mann mehr. Das hat uns alle überrascht, und ich denke, die meisten Leute auf dem Campus sind wegen dieses Verbrechens beunruhigt – das gilt zumindest für den Lehrkörper. Es wird mehr Polizeipatrouillen geben, und der Lehrkörper wird ebenfalls Wache halten. Wenn der Einbrecher noch einmal auftaucht,
wird man sich um ihn kümmern. Mit fester Hand.« Seine Miene war plötzlich kalt, und Karigan wusste, dass sie lieber nicht in der Haut des Einbrechers stecken wollte, falls Rendel ihn erwischen sollte.
»Die meisten halten viel vom Rektor«, fuhr Rendel fort. »Erheblich mehr als von seinem Vorgänger, würde ich sagen. «
Karigan stimmte stillschweigend zu, da sie einige Male von Rektor Geyer bestraft worden war. Zum Glück hatten die Treuhändler erkannt, was für ein schlechter Verwalter er gewesen war, und ihn entlassen.
Mels Gabel fiel auf ihren Teller, und sie klatschte den Brief auf den Tisch. »Was ist mit meiner Mutter los?«, fragte sie aufgebracht.
»Wie meinst du das?«, fragte Karigan.
Mel schnaubte, dann zeigte sie auf den Brief. »Sie sagt mir, alles ist in Ordnung, kein Anlass zur Sorge, neue Reiter haben sich gemeldet, tra-la-la, und dann … dann wird sie plötzlich ganz rührselig und sagt mir, wie gern sie mich hat.«
Als Mels Ausbruch nur zu verständnislosen Blicken führte, erklärte sie: »Sie schreibt nie über solche Dinge. Das mit dem Gernhaben. Und irgendwie kommt es mir so vor, als fehlte hier einiges. Was ist diesen Sommer passiert?«
Drei Augenpaare wandten sich Karigan zu. »Äh …«, sagte sie.
»Ja«, erklang eine Stimme hinter ihnen. »Das möchte ich auch gern wissen.«
Karigan hätte beinahe ihren Stuhl umgestoßen, als sie hastig aufsprang. »Estral!«, rief sie und lief zu ihrer Freundin, um sie zu umarmen.
Nach einer stürmischen Begrüßung fragte Estral: »Und ich will wissen, wieso ich nichts von deiner Ankunft erfahren
habe. Oder hattest du vor, dich die ganze Zeit zu verstecken? «
»Verstecken? Nein! Wir … ich war …«
Estral lachte, und das war wie das Läuten von Silberglöckchen. »Schon gut, mir entgeht sowieso nicht viel. Ich habe meine Quellen.« Sie grinste und setzte sich neben Mel. Estral Andovian, Tochter des Goldenen Kustos und Spielmanns-Geselle, schloss sich ihnen zum Tee und Nachtisch an – heißer Apfelstreusel mit Sahne. Das Gespräch wandte sich allgemeinen Themen zu wie der Schule und Karigans und Fergals Reise. Karigan achtete darauf, ihre »Abenteuer« in Flusshafen auszulassen.
Estral hörte mit schiefgelegtem Kopf zu und richtete den Blick auf die Lippen des Sprechers, denn sie war auf einem Ohr taub. Sie behauptete, dass es ihre musikalischen Fähigkeiten keinesfalls behinderte, sondern sie zu einer erheblich besseren Zuhörerin und Musikerin machte. Kinder waren grausam gewesen, als sie noch Schülerin gewesen war, obwohl sie die Tochter des Goldenen Kustos war. Sie und Karigan waren beste Freundinnen, seit Karigan sie gegen die Schüler verteidigt hatte, die sie hatten schikanieren wollen – einmal hatte Karigan die Sprache der Docks auf so boshafte Weise gebraucht, dass die anderen in Tränen ausgebrochen waren. Es hatte Karigan nicht gerade beliebter gemacht, aber das war ihr egal gewesen. Estrals Freundschaft entschädigte sie für alles.
Seit diesen frühen Jahren als Schülerinnen hatte
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