Der schwarze Thron - Reiter reiter3
sich vieles geändert. Zu Estrals Pflichten gehörte unter anderem, die Schüler zu unterrichten, und Karigan nahm an, dass sie auch viele der Verpflichtungen ihres Vaters während seiner langen Abwesenheiten übernahm. Eines Tages würde Estral den Titel des Goldenen Kustos erben und für Selium und seine Schätze
an Geschichte und Kultur verantwortlich sein. Nominell befand sie sich in der Situation einer Adligen, obwohl das, was dem Goldenen Kustos unterstand, etwas anderes war als die Provinz eines Lordstatthalters.
»Ihr habt also eine Botschaft für meinen Vater?«, sagte sie jetzt. »Ich erwarte, dass er bald wieder herkommt, obwohl ich euch nicht genau sagen kann, wann. Ich denke, er hat von dem Angriff auf den Rektor gehört und wird sich beeilen.«
»Wir haben vor zu warten«, sagte Karigan. »Seine Antwort auf die Botschaft des Königs wird entscheiden, ob wir auch unsere anderen Aufträge ausführen.«
»Wohin werden die euch denn führen?«, fragte Rendel. »Immer vorausgesetzt, dass es kein Geheimnis …«
»Kein Geheimnis«, erwiderte Karigan. »Wir sind auf dem Weg zu einem Grenzstädtchen, um mit einem dortigen Pferdehändler zu sprechen. Nachdem nun mehr Reiter zu uns stoßen, brauchen wir mehr Pferde. Fergal hier reitet schon ein Kavalleriepferd im Ruhestand.«
»Mehr Pferde! Hurra!«, rief Mel. »Ich frage mich, ob eins davon eines Tages mir gehören wird.«
Karigan warf einen Blick zu Fergal, der offenbar in Mels Gegenwart aus dem Staunen, vielleicht sogar aus der Ehrfurcht nicht mehr herauskam. Sie unterdrückte ein Lachen. »Nachdem wir mit dem Händler gesprochen haben, geht es weiter nach Mirwellton.«
Estral sah sie mitleidig an. Sie waren während ihrer Schulzeit beide Timas Mirwells Grausamkeiten ausgesetzt gewesen. Ihn wiederzusehen, war der einzige Teil ihres Auftrags, den Karigan wirklich fürchtete.
»Mirwell – igitt«, sagte Mel.
Diesmal lachte Karigan doch.
»Musst du keine Hausaufgaben machen?«, fragte Estral Mel. »Es wird spät, und bald werden in deiner Unterkunft die Lichter gelöscht.«
Mel schmollte. »Aber Karigan hat mir noch nicht gesagt, was mit meiner Mutter nicht stimmt.«
Wieder waren alle Blicke auf Karigan gerichtet. Sie wand sich vor Unbehagen. »Deiner Mutter geht es gut«, sagte sie. »Sie ist überarbeitet, aber das ist nichts Neues. Connly und wir anderen versuchen ihr zu helfen, wo wir können. Selbst Mara hilft von ihrem Bett im Heilerflügel aus.«
Bei Mels verdutzter Miene erkannte Karigan, dass das junge Mädchen offenbar wirklich nicht viel über die Ereignisse des vergangenen Sommers gehört hatte. Ein Blick zu Estral machte ihr deutlich, dass ihre Freundin zumindest einiges von dem wusste, was passiert war. Da Karigan selbst im Mittelpunkt dieser Ereignisse gestanden hatte, hatte sie vergessen, dass Nachrichten manchmal nur langsam ihren Weg in abgelegene Gegenden fanden, und wenn der Hauptmann es nicht für angemessen hielt, ihrer Tochter alles zu erzählen, war Karigan nicht sicher, ob es ihr zustand, das jetzt nachzuholen.
»Warum ist Mara im Heilerflügel?«, fragte Mel mit auffallend ruhiger Stimme.
»Sie ist verletzt worden. Als die Reiterunterkunft abbrannte. «
»Was?«
Sie brauchten einige Zeit, das erschrockene Mädchen wieder zu beruhigen.
»Vielleicht sollten wir am Anfang anfangen«, sagte Estral. »Mel wird mit dieser Information allein nicht schlafen können, und ich werde mich schon darum kümmern, dass sie keinen Ärger bekommt, weil sie so spät noch auf ist.«
Karigan saß in der Falle, aber Estral hatte recht. Die Sorgen würden nun unaufhörlich an Mel nagen, also berichtete Karigan schließlich so gut sie es konnte über die Ereignisse des vergangenen Sommers und manövrierte sich vorsichtig um die Dinge herum, die sie lieber zurückhalten wollte, darunter das Ausmaß, in dem der Hauptmann von der Störung der Magie betroffen gewesen war. An bestimmten Punkten nickten Rendel oder Estral oder machten bestätigende Gesten, wenn sie Nachrichten hörten, die sie bereits kannten.
Als Karigan fertig war, war sie heiser, obwohl sie viele Einzelheiten ausgelassen hatte, und ihre Begleiter schwiegen. Mel hatte während ihres Berichts mehrmals weinen müssen, denn etliche Reiter waren umgekommen, und das hatte sie noch nicht gewusst. Karigan wünschte sich, der Hauptmann würde Mel besser informieren, aber sie verstand auch ihr Bedürfnis, sie zu beschützen, so dass sie sich keine Sorgen machte. Es war jedoch besser,
Weitere Kostenlose Bücher