Der schwarze Thron - Reiter reiter3
ein Grund, wieso ihr Vater von der Insel geflohen war. Er hatte das Gefühl gehabt, dort zu ersticken.
Dennoch, als ihre Tanten die Insel ebenfalls verließen, um sich Karigans Vater in Korsa anzuschließen, brachten sie ihre strengen Regeln mit, und nach Karinys Tod hatten sie viel Einfluss auf Karigans Erziehung. Sie konnten liebevoll und verspielt sein, aber auch streng und ablehnend und wollten ihr all ihre Ansichten aufzwingen. Zum Glück hatte das nachgiebigere Wesen ihres Vaters ihre Kindheit ein wenig ausgeglichen.
Sie benutzte die duftende Zitronenseife und beobachtete, wie Dampf von ihrer Haut aufstieg. Nach dem Vorfall mit
Tante Stace hatte sie kaum mehr über Bordelle nachgedacht. Sie befanden sich ohnehin meist in Vierteln, die sie selten betrat, und hielten sich bedeckt. In den meisten Städten Sacoridiens waren Bordelle zwar nicht offiziell verboten, wurden aber nicht wirklich geduldet, vor allem nicht von den »anständigen« Bürgern, die dachten wie Karigans Tanten.
Einige Bordelle bezogen Stoffe direkt vom Clan G’ladheon, aber für Karigan waren das nur Namen in den Kontobüchern ihres Vaters. Sie wurden behandelt wie jeder andere Kunde, solange sie für die Waren bezahlten.
Und dennoch … sie könnte sich nie vorstellen, ihren Körper zu verkaufen, seine Geheimnisse einem anderen als dem richtigen Mann zu überlassen, einem, den sie liebte und der diese Liebe erwiderte, und ganz bestimmt nicht im Austausch für Geld. Sie konnte sich nicht einmal zu den beiläufigen Affären durchringen, die einige ihrer Mitreiter pflegten, ob untereinander oder irgendwo unterwegs. Ihre Arbeit war gefährlich und oft einsam, und sie konnte ihnen nicht übelnehmen, wenn sie Gesellschaft suchten, wo sie sie finden konnten, um zutiefst menschliche Bedürfnisse zu befriedigen. Tatsächlich war sie selbst von mehr als einem Angebot versucht gewesen …
Dennoch, obwohl Karigans Wunsch nach Nähe ebenso lebhaft war wie der der anderen, wurde er doch weggedrängt von ihrem Wunsch nach einer Beziehung, die geprägt war von tiefem Vertrauen und gegenseitigem Respekt und die über die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse hinausging. Sie erinnerte sich daran, wie ihre Mutter und ihr Vater einander geliebt hatten, und obwohl Kariny gestorben war, als Karigan noch ein Kind gewesen war, musste sie oft an die Zärtlichkeit zwischen ihren Eltern denken, die liebevollen Berührungen, die Spielereien mit Worten – auch wenn sie sie
damals nicht alle verstanden hatte – und ihre Art, einander anzusehen. Diese Lektion hatte einen noch nachdrücklicheren Eindruck hinterlassen als Tante Staces Ohrfeige, und das war der Maßstab, nach dem sie ihr Leben ausrichtete. Wie konnte irgendwer weniger als das wollen?
Sie ließ sich ins Wasser sinken, damit ihr Haar nass wurde, und als sie wieder auftauchte, war sie von Sehnsucht nach der Art von Liebe erfüllt, die ihre Eltern geteilt hatten. So, wie ihr Leben verlief, fürchtete sie allerdings, dass es etwas war, das sie niemals erleben würde.
Als Karigan fertig gebadet hatte, fand sie ihre Uniform bereitgelegt, sauber und trocken, und sie zog sich wieder an. Immer noch erschöpft von ihrem Abenteuer im Grandgent, wollte sie nichts weiter als wieder ins Bett kriechen, aber sie musste herausfinden, wie Fergal die Nacht überstanden hatte.
Sie eilte den Flur entlang und fand Rona unten an der Treppe stehen, die lächelte, als fände sie irgendetwas an Karigan amüsant.
»Ich hörte, Trudy hat heute Nacht nach Euch gesehen«, sagte sie.
» Was? Nein, nein. Sie hat nur hereingeschaut. Danach gab es nichts mehr.«
Rona lachte leise. »Wir versuchen, uns gut um unsere Gäste zu kümmern. Cetchum ist in der Küche und frühstückt. Ihr solltet zu ihm gehen.«
»Cetchum?«
»Ja, Liebes, der Fährmeister. Mein Mann.«
Oh, das erklärte also, wieso sie gerade hier gelandet war. Karigan betrat die Küche, wo Cetchum Schinken und Eier aß; Silva saß neben ihm und wirkte so königlich und vollkommen wie am Vortag. Sie trank etwas, das wie Kauv roch.
»Kommt nur, Karigan«, sagte Silva, »und frühstückt mit uns.«
Zögernd ließ sich Karigan Silva gegenüber nieder. »Guten Morgen«, sagte sie.
Cetchum brummte, als er sie betrachtete. »Ja, Ihr seht erheblich besser aus, Sir.«
Karigan runzelte die Stirn und warf einen Blick zu Silva, die lächelte und die Achseln zuckte. Offenbar war es einfach eine von allen akzeptierte Schrulligkeit, dass Cetchum sie »Sir« nannte.
Eine
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