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Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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nur angelehnt war. Als sie hineingeschlüpft war, wartete sie, bis sich ihre Augen an die Düsternis gewöhnt hatten. Es roch durchdringend nach Pferdeschweiß und Kot, aber das kannte sie von daheim. Sie war oft ausgeritten, hatte ihr Haar im wehenden Galopp fliegen lassen, sodass ihre Mutter ewig gebraucht hatte, um es hinterher zu entwirren, und dabei unentwegt geschimpft hatte. Caitlín tastete die Wand ab, wo sie eine Stalllampe vermutete, und war erfolgreich: Sie fand auch Feuerstein und Stahl.
    Kurz darauf kämpfte eine armselige Flamme gegen die Dunkelheit. Vierzehn Pferde zählte Caitlín. Die klein gewachsenen Fjordpferde machten ihr keine Angst, aber ein schwarzer Hengst kam ihr riesig vor. Er schnaubte misstrauisch und stampfte auf. Eilig huschte Caitlín von Box zu Box, bis sie einen Lichtfuchs fand, der auf sie geradezu zierlich wirkte. Freundlich reckte die Stute ihren Kopf nach ihr. Caitlín sah sich um, fand im Stroh eine verschrumpelte Möhre und hielt sie dem Tier hin. Während es zufrieden kaute, hob Caitlín einen Sattel auf seine Kruppe und zurrte ihn fest.
    Plötzlich raschelte das Stroh unter bedächtigen Schritten, und eine Gestalt löste sich aus den Schatten. Erwischt! Wie hatte sie nur glauben können, es gelänge ihr, ein Pferd zu stehlen?
    »Herrin Caitlín von Lionee?«, flüsterte Patrick. Er schob die Kapuze seines Umhangs zurück und trat in das spärliche Licht. »Ich war mich … erleichtern.« Schief lächelte er. »Und sah eine vermummte Frauengestalt auf dem Platz herumschleichen. Ich ahnte, dass Ihr es seid. Ist es das, wonach es aussieht?«
    »Flucht?«, erwiderte sie zögerlich. »Wenn du das meinst, dann hast du recht. Wirst du mich jetzt verraten?«
    »Oh nein.« Er breitete die Hände unter seinem Umhang aus. »Aber ich kann auch nicht zusehen, wie sich eine Landsmännin geradewegs ins Unglück stürzt. Und das werdet Ihr, wenn Ihr fortreitet.«
    Bedrückt ließ sie die Schultern hängen. »Aber ich bin doch schon ins Unglück gestürzt. Jedenfalls wüsste ich nicht, wie es noch schlimmer werden könnte.«
    Patrick setzte einen behutsamen Schritt vor den nächsten, als sei sie ein scheues Tier, das bei jeder abrupten Bewegung seitwärts davonpreschen konnte. Als er das Pferd erreicht hatte, strich er ihm abwesend über die weißblonde Mähne, während er Caitlín musterte. »Und wohin wollt Ihr?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Einen Plan habe ich nicht. Ich will nur fort.« Vielleicht in die Handelsstadt Yddal, von der Edana und zwei Mägde erzählt hatten, während sie Caitlín in einem Zuber so kräftig geschrubbt hatten, dass sie dachte, ihre Haut löse sich vom Fleisch. Als Handelsort lag Yddal sicherlich an der Küste. Sie würde sich bis zu den Schiffen durchfragen, die südwärts die Küste entlangsegelten. Irland – das war weit entfernt. Aber nach Haithabu, der berühmten Handelsstadt der Dänen, könnte sie es vielleicht schaffen. Und dort könnte sie sich Arbeit als Magd suchen und ihren Lohn sparen, um dann mit genügend Geld auf einem sicheren Schiff den Rückweg nach Irland anzutreten. Doch, das war ein Plan, dachte sie erstaunt, während sie darüber nachsann. Ein richtiger Plan mit einem richtigen Ende: Sie würde vor ihren Eltern auf die Knie fallen und sie anflehen, die Verbindung mit Éamonn zu lösen. Oder sie würde vor Éamonn auf die Knie fallen und ihn anflehen, ihr zu verzeihen – je nachdem.
    Sogar eine Vermählung mit ihm erschien ihr in diesem Moment geradezu als Glück.
    Ja, so war es. Ich liebe sie …
    Vergebens versuchte sie ein Aufschluchzen zu unterdrücken. »Es war falsch, mit Njal Eiriksson hierherzukommen«, platzte sie heraus, und die Tränen liefen ihr über die Wange. »Alles hier fühlt sich falsch an! Der Herse hasst mich und Álfdis ebenso, wenn nicht gar noch stärker. Wenn sie mich ansieht, habe ich das Gefühl, in Eiswasser getaucht zu werden. Und am schlimmsten ist …« Am schlimmsten ist, dass Njal eine andere liebt.
    »Herrin Caitlín …«
    »Und für all das habe ich mein sicheres Zuhause aufgegeben!«, fuhr sie trotzig fort. »In Irland war es sommers wenigstens warm und schön.«
    »Die hiesigen Sommer sind wunderbar.«
    Sie schlug die Hände vors Gesicht und heulte hinein.
    »Seid leise, um Gottes willen.« Patrick ergriff ihre Handgelenke und zog sie sanft an ihre Seiten, dann trat er wieder einen Schritt zurück. Seine Augen waren groß und grün – grün wie irische Wiesen. In seiner Gegenwart fühlte

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