Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)
Frau.«
Sie hätte ihm für diese Worte um den Hals fallen mögen. Hinter ihr stieß Álfdis zischend den Atem aus.
»Ich will sie zur Sklavin«, sagte Thorir.
Hilfesuchend fuhr Caitlín zu Eirik herum. Doch dieser Berg von einem Mann jagte ihr zu viel Furcht ein. Und wenn ich nun die Augen schließe … Sie tat es nicht, zwinkerte nur aufgeregt. In Eiriks Bart zuckte es, als lächle er.
»Ich wähle Njal«, stieß sie hervor. Ein Schmerz breitete sich auf ihrem Hinterkopf aus. Álfdis hatte kräftig zugeschlagen.
»Du wählst gar nichts!«, fauchte die Hausherrin.
»Weib!« Der Herse hob mahnend die Hand. Caitlín wartete, dass Njal sie verteidigte, sie beanspruchte – für sie kämpfte. Sie sah ihn an. Er sah sie an. Er wankte und stürzte. Auf die Hände gestützt schüttelte er den Kopf im vergeblichen Versuch, sich wieder aufzurichten. Erschrocken ging Caitlín vor ihm auf die Knie und umfasste sein Gesicht. Ja, sie hatte gesehen, dass er müde war, aber das ganze Ausmaß seiner Erschöpfung war ihr in all der Aufregung entgangen. Sein schönes Gesicht war von dunklen Schatten gezeichnet.
»Wieso zur Frau?«, höhnte Thorir über ihm. »Du meinst wohl, zur Nebenfrau?« Seine Finger fuhren in Caitlíns Haar und zwangen sie, ihn anzusehen. »Njal ist eine andere versprochen. Sif, Tochter des reichen Bonden Gollnir, die schön wie der Mond ist und ebenso voller Silber, während du nichts bist und nichts hast. Von seinem Beuteanteil aus unserer Wikingfahrt hat er ihr die schönsten Dinge versprochen. Oh ja, ich kann mich noch gut erinnern, wie er auf der Laufplanke unseres Schiffes stand, sie umarmte und küsste. So war es doch, Bruder, nicht wahr?«
Njal sackte vornüber. Seine Lider flatterten und schlossen sich. »So war es«, murmelte er. »Ich liebe sie …«
Der Herse stemmte sich aus seinem Thronstuhl hoch. »Patrick, hol den Heiler, wenn du ihn findest«, befahl er. »Und diese Frau …« Er zögerte.
Thorir ging auf Eirik zu. »Sie ist eine Irin, Vater!« Seine Fäuste waren geballt. »Eine Irin, verstehst du?«
»Soso, eine Irin«, brummte der Herse. »Nun gut, ich hätte es mir denken können – solch herrliche kupferrot schimmernde Haare mitsamt grünen Augen wie Edelsteine findet man nur dort. Ach, Mädchen, schade, bis eben mochte ich dich.« Er berührte seine Augenklappe. »Ein irischer Bogenschütze hat mir vor zwei Jahren während meiner letzten Wikingfahrt das Auge ausgeschossen. Ich habe ihm dafür beide Augen ausgestochen. Und leide seitdem unter Kopfschmerzen und hasse die Iren.«
Schwer ließ er sich zurück in den Stuhl fallen und winkte mit einer ermatteten Handbewegung Thorir fort. »Undenkbar, dass Njal eine Irin zur Nebenfrau nimmt, sie kann nur Sklavin sein. Ich werde ein andermal entscheiden, wem sie gehört. Bis dahin kannst du sie meinetwegen nehmen, Thorir.«
Caitlín glaubte sich in einem Albtraum. Lächelnd drehte sich Thorir zu ihr um.
7.
J a, so war es. Ich liebe sie …
Mit aller Macht unterdrückte Caitlín die bitteren Tränen. Sie grub die Nägel in ihre Handflächen. Der Schmerz tat gut. Ich liebe sie …
Welche Rolle hatte Njal ihr, Caitlín, zugedacht? Die der Nebenfrau, der Bettsklavin? Während der Herfahrt war er schweigsam und in sich gekehrt gewesen, sie hatte ihm auffallend wenig über das für sie neue Land entlocken können. Nun wusste sie, warum. Und warum er nicht gewollt hatte, dass sie mitkam.
»Thorir ist ebenfalls noch unverheiratet«, sagte die Sklavenaufseherin, während sie die Tür zu jener Dachkammer öffnete, in der Caitlín am Morgen erwacht war.
Missmutig betrat Caitlín den Raum. »Er ist ein paar Tage jünger als Njal«, redete Edana munter weiter. Mit einem brennenden Kienspan entzündete sie eine von der Decke hängende Öllampe. »Nach dem Willen des Hersen soll Thorir mit dem Heiraten warten, bis Njal die schöne Sif zu sich genommen und ihr ein Haus gebaut hat. Aber für Thorir gibt es noch keine Anwärterin; es wird also lange dauern, bis er endlich ein Weib besitzt. Sämtliche infrage kommenden Töchter der Umgegend flehen wahrscheinlich ihre Väter an, sie ihm nicht zu geben!« Edana lachte. Und fachte Caitlíns Furcht nur mehr an.
»Wo wohnt Njal?«, fragte Caitlín.
»Er hat eine ebensolche Dachkammer, aber die Brüder sind nicht oft da. Im Sommer haben sie draußen zu tun wie jeder Mann, und im Winter haust es sich besser in der geheizten Halle. An das Gewimmel dort wirst du dich schon noch gewöhnen. Unser Dorf
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