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Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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Kälte rannte.
    Ihr Weg führte sie geradewegs in den Stall. Nur auf den Fuchs, nur fort! Sie führte das Pferd zu einem Hackklotz, stieg mit dessen Hilfe auf und schlug mit den Zügeln. Es gehorchte und trabte in den Morgen.
    Ein fahles Licht hatte sich über das raue Land gelegt; die Sonne wirkte hinter dunklen Wolkenschleiern staubig und kraftlos. Caitlín ritt in Richtung Yddal, schmiegte sich an den Hals des Pferdes, suchte dessen Wärme und ließ es laufen. Feuchter Schnee verfing sich in der Mähne und ihren eigenen Haaren. Irgendwann befürchtete sie, sich verirrt zu haben. Eine düstere Wand ragte hinter dem Schneetreiben auf. Ein Felsen? Allmählich drang in ihr Bewusstsein, das nur beißende Kälte und Nässe wahrnahm, dass es sich um eine in den Hügel geschmiegte Hauswand handelte. Der Lichtfuchs trottete darauf zu. Das Haus wirkte so verlassen, als sei es den Geschichten über zauberkundige Zaunreiterinnen entsprungen, die weitab von Menschensiedlungen hausten.
    Caitlín glitt vom Pferd. Ihre Knie gaben nach, die Füße spürte sie schon längst nicht mehr. Ihre Hände griffen in knöchelhohen Schnee. Wie lange war sie geritten? Den ganzen Tag? Oder Tage? Sie war versucht liegen zu bleiben. Schlafen … Nein, sie würde nicht aufgeben. Sie würde sich aufwärmen, neue Kraft sammeln und dann weiterreiten.
    Caitlín kämpfte sich zur Tür vor. Sie war unverschlossen.
    »Ist jemand hier?«, fragte sie leise.
    Das Innere roch, als wäre es schon lange verlassen. Sie stolperte über Laub, Tonscherben, einen alten Korb, Holzscheite, Reisig, das einstmals gebündelt an einer der Wände gelegen haben musste, und – eine Feuerstelle. Caitlín brachte es nicht über sich, den Fuchs in der Kälte stehen zu lassen; er drängte ohnehin hinein. Hinter dem Pferd verschloss sie die Tür und tastete sich zu dem Steinkreis mit dem löchrigen Kupferkessel in der Mitte vor, suchte nach etwas, womit sich ein Feuer entzünden ließ. Nichts. Müde legte sie sich inmitten des Unrats nieder und hoffte, dass der Pferdeleib ein wenig die Hütte erwärmen würde. Trotz ihrer klappernden Zähne schlief sie sofort ein.
    Sie träumte von nordischen Göttern, von Trollen und anderen hässlichen Geschöpfen. Immer wieder erwachte sie und hoffte dann, dass sie doch noch schlief und sich den pfeifenden Wind, der sich im Kamin verfing, das unzufriedene Schnauben der Stute und das Rascheln des Laubes unter ihrem zitternden Leib nur einbildete. Sie fror erbärmlich! Vielleicht hätte sie den freundlich wirkenden Wirt doch bitten sollen, ihr ein Obdach zu gewähren. Aber der war ja genauso ein Nordmann und hätte gewiss einen unziemlichen Preis dafür verlangt. Zudem hätte sie dort vor dem Gewinner des Kampfes ganz bestimmt keine Ruhe gehabt. Dann lieber hier erfrieren!
    Ein dumpfes Geräusch an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Jemand war da. Ihr Herz schlug heftig; ihr wurde heiß. Angst überkam sie. Nackte Angst. Sie rührte sich nicht, als sich die Tür öffnete und Schnee hereinwirbelte. Ein Schatten verdunkelte den Eingang, bevor sich die Tür wieder knarrend schloss.
    Caitlín wagte kaum zu atmen. Hatte der Fremde sie gesehen? Wusste er gar, dass sie sich hier aufhielt, oder suchte er selbst Schutz? Sie hörte, wie er sich langsam in der Hütte bewegte. Leder knarrte, Metall klirrte – das Geräusch eines Mannes, der ein Kettenhemd trug. Er ging dicht an ihr vorbei, tastete nahe der Feuerstelle herum und fand, wonach sie vergeblich gesucht hatte: Feuerstein klickte auf Metall. Gleich würde er sie sehen. Als die Funken flogen, wünschte sie sich erneut den féth-fíada -Zauber herbei. Sorgsam nährten kräftige Hände das Flämmchen mit einem Stück Stoff und kleinen Zweigen. Im heller werdenden Licht leuchteten zahllose winzige Ringe auf, aus denen das Kettenhemd des Fremden gefertigt war. Stundenlang musste er es poliert haben: der Stolz eines jeden Kriegers. In einer Schlaufe an seinem Gürtel hing ein blankes Schwert.
    Caitlín hatte genug gesehen. In Erwartung ihres Schicksals, dem sie nicht hatte entfliehen können, schloss sie die Augen. Wenn er sie entdeckte, würde er über sie herfallen.
    Als eine Hand ihre Wange berührte, wimmerte sie. Gott, bitte nicht …
    Und als hätte Gott sie erhört, ließ der Eindringling sie wieder los, kniete aber nach wie vor an ihrer Seite. Dichter Wollstoff, erwärmt von seinem Körper, umhüllte sie plötzlich. Offenbar hatte er seinen Umhang um sie gelegt.
    »Meyja«, wisperte er.

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