Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)
gegenüber aufstellten.
»Ein Zweikampf?«
»So ist es. Ein Holmgang.« Patrick nickte. »Ihre Götter werden entscheiden müssen.«
Lieber Gott, entscheide richtig! , flehte sie. Ihre Finger krampften sich, wollten etwas umklammern. Selbst eine Gebetsschnur wäre ihr nun zupassgekommen, aber so etwas besaß sie nicht. Ihr blieb nur, die Nägel in die Handflächen zu bohren. Der Schmerz tat ihr seltsam wohl. »Es wird gut gehen«, wisperte sie. »Niemand kann so kämpfen wie Njal.«
»Niemand – außer Thorir«, erwiderte Patrick und schlug ein Kreuzzeichen.
Die beiden Männer rüsteten sich mit eisernen Helmen. Njals Helm war schlicht, jener von Thorir zierte eine Wolfsfigur auf dem Kamm. Beide ergriffen einen Schild von je dreien, die ihnen an den Stangen lehnend zur Verfügung standen. Eirik rief etwas, reckte die Faust in die Höhe, und wer von den Versammelten einen Schild bei sich trug, schlug mit der Faust dagegen. Der Lärm übertönte das Geschrei Njals und Thorirs. Sie brüllten sich an – und griffen sich an.
Über das Getöse erhob sich das Klirren der Schwerter. Die Angriffe der Brüder waren so schnell, dass Caitlín ihren Bewegungen kaum folgen konnte. Währenddessen brüllten sich die Anwesenden die Seele aus dem Leib. Auch die Frauen, Kinder und Sklaven auf dem Wall tobten ausgelassen. Die Thrymheimer machten dem Namen ihres Dorfes alle Ehre.
Auch Caitlín schrie laut auf, als Thorirs Klinge Njals Helm streifte und ihm vom Kopf riss. Njal schüttelte sich nur die Haare aus dem Gesicht, holte zum Gegenstoß aus und spaltete der Länge nach das Holz des gegnerischen Schildes. Thorir ging in die Knie, um der Klingenspitze auszuweichen. Zugleich versuchte er den eisernen Schildrand in Njals Gesicht zu rammen. Njal wich seitwärts aus, wirbelte herum und schlug ein zweites Mal zu. Der Schild zerbrach völlig. Schnell griff sich Thorir seinen zweiten und stürmte auf Njal zu. Die Klingen schlugen gegeneinander; die Schilde krachten, die Kämpfer schrien. Wild gingen ihre Angriffe hin und her – sie hatten sich in zwei Berserker verwandelt. Ein ums andere Mal brachen ihre Schilde, so gewaltig hieben sie aufeinander ein. Und endlich, endlich taumelte Thorir unter Njals Schwerthieben. Ihn verließ sichtlich die Kraft; er war nur noch in der Lage, das Schwert zur Abwehr hochzureißen.
Wie von Sinnen schlug Njal auf ihn ein. Thorir ging in die Knie. Selbst aus dieser Entfernung war zu sehen, wie er vor Anstrengung die Zähne zusammenbiss.
Wie seine Augen vor Hass loderten.
Mit einem gewaltigen Schrei sprang er hoch, packte sein Schwert mit beiden Händen und legte alle verbliebene Kraft in einen Schlag der Verzweiflung. Klingen schlugen erneut gegeneinander.
Njals Schwert flog durch die Luft.
Nein! Nein! Allmächtiger Gott! Es war doch schon entschieden!
So erschrocken war Caitlín, dass sie kaum mehr mitbekam, was anschließend geschah. Thorirs Klinge fuhr über Njals Hals, als versuche er ihn zu köpfen. Njal ließ sich nach hinten fallen, hob eine Hand – und ergab sich. Rücklings blieb er auf dem Kampfplatz liegen, während sich Thorir über ihm aufbaute und die Klinge nahe seiner Kehle schweben ließ.
»Steh auf!«, forderte Thorir. »Ich schenke dir dein Leben.«
Er trat zurück und schob sein Schwert mit einer übertriebenen Geste in die Schlaufe am Gürtel zurück.
Njal blinzelte sich den Schweiß aus den Augen, rollte sich auf den Bauch und stemmte sich hoch. Erschöpft war er nicht – nicht in dem Maße, wie Thorir es war, der sich sichtbar bemühte, nicht allzu laut zu schnaufen.
Nicht Thorir war er unterlegen. Nur seiner alten Verletzung. Und seinem eigenen Leichtsinn, da er geglaubt hatte, längst wieder über die alte Kampfkraft zu verfügen. Im Farbauti hatte er immerhin keine Mühe mehr mit seinen Gegnern gehabt. Aber wenn er es recht bedachte, waren die trunkenen Kerle auch keine Herausforderung gewesen. Sie hatten nur übermäßig geprahlt und anschaulich mit den Schwertern gefuchtelt.
Sein Bruder allerdings war von ganz anderem Schlag.
Zusehends hatte Njal gespürt, wie die Narbe auf seinem Rücken immer stärker schmerzte. Ein Stechen war in seinen Schwertarm gefahren und hatte seine Hand erlahmen lassen. Von Thorir abgewandt spreizte er die Finger und ballte sie zur Faust. Das Taubheitsgefühl schwand. Eigentlich könnte er jetzt weiterkämpfen. Aber weder eine Schlacht noch ein Holmgang verzieh einen noch so kurzen Moment der Schwäche.
»Njal.« So schwer sprach
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