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Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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für seinen Trank, stellte sie nebeneinander und öffnete sie. Neuerdings gehörte zu ihren Aufgaben, den Trank zuzubereiten. Bei der Mischung der Zutaten galt es aufmerksam zu sein, denn jeden Augenblick konnte die Hausherrin erscheinen, die einen Fehler nicht verzeihen würde. Caitlín wählte getrocknete Blätter und Thymian und streute alles in eine Steinschale.
    Vielleicht war das stille Versprechen, nach der gelungenen Flucht Nonne zu werden, ja doch falsch gewesen, überlegte sie derweil. So wie die Mutter Oberin wollte sie jedenfalls nicht werden. Aber ein Versprechen war schwerlich rückgängig zu machen.
    Mit einem Mörser zerstampfte sie die Kräuter. So kraftvoll schlug sie ihn in die Steinschale, dass es wohl in der ganzen Halle zu hören war.
    Da habe ich soeben mehr über Njal erfahren, als er mir selbst während der langen Reise erzählt hat . Gar nichts hat er erzählt! Weil er von vornherein wusste, dass ich hier als Sklavin ende. Und eine Sklavin muss auch nichts wissen!
    Sie goss ein wenig heißes Wasser in die Schale, wartete eine Weile und gab den Sud in Eiriks Horn. Dann füllte sie es mit Met auf und trug es hinaus, denn sie hörte den Hersen die Treppe herabsteigen.
    »Ah, Rothaar!« Er winkte sie mit einer Hand fort. »Gib mir später zu trinken, jetzt muss ich hellwach sein und brauche all meine Sinne.«
    Er sah beeindruckend aus in seiner Schuppenrüstung, mit all den silbernen Reifen an den Armen und dem Helm, auf dem ein silberner Wolf die reißzahnbewehrte Schnauze aufriss und in dessen Nacken ein Kettenschutz herabhing. Eine Axt und ein Schwert hingen von seinem Gürtel. Entschlossen rückte er sich Helm und Augenklappe zurecht und prüfte den Sitz seines geflochtenen Bartzopfes. Sein Gang durch die Halle war jedoch weniger beeindruckend. Am Tisch stützte er sich ab, und den Rest nahm er mit schwankendem Schritt.
    Am Ausgang erschienen Njal und Thorir in Kettenrüstungen; die Helme trugen sie unter den Armen.
    Was hatte das zu bedeuten?
    Gingen sie auf Wikingfahrt? Zogen sie etwa in den Krieg? Oder hatten sie sich für einen Anstandsbesuch bei dem Bonden Gollnir und seiner schönen Tochter Sif so beeindruckend herausgeputzt?
    Das Horn fast vergessen in den Händen, beobachtete Caitlín die wilden, düsteren Mienen der beiden Männer. Leise sprachen sie mit ihrem Vater. Der wandte sich um und winkte Caitlín zu sich.
    Heiliger Patrick! Sie wollte nicht, doch ihre Füße wussten besser, dass sie gehorchen musste. Als sie vor dem Hersen stand, legte er eine schwere Pranke auf ihre Schulter und sah sie mit seinem einen Auge so eindringlich an, dass sie zu schrumpfen meinte.
    »Kannst du beschwören, Rothaar, dass Thorir damals im irischen Christenkloster Njal niedergestochen hat?«
    »Was soll ich?« Sie blinzelte.
    »Schwören sollst du!«, rief er ungeduldig und schüttelte sie. »Bei deinem Gott! Wenn du es kannst.«
    Schon wieder ein Schwur? Lieber nicht; an dem anderen würde sie in Zukunft noch genug zu kauen haben. Und überhaupt, sollen diese Kerle doch ihre Händel unter sich ausmachen! , dachte sie voller Zorn.
    »Kannst du es beschwören, Rothaar?«, wiederholte der Herse.
    »Nein!«
    Eirik stieß einen schnaubenden Laut aus und gab ihr einen Schubs, der sie auf der Ferse herumwirbeln und zurück in die Halle laufen ließ. Sie trug das Horn in die Küche und stellte es in seine bronzene Halterung, leise, um Mutter Laurentia nicht zu wecken, die erschöpft auf dem Boden eingeschlafen war.
    Sie rieb sich die plötzlich klammen Hände. Anfangs hatte sie jedem erzählen wollen, was tatsächlich im Kloster geschehen war, doch Njal hatte sie zurückgehalten. Und jetzt sollte sie auf einmal doch reden? Aber wenn sie es recht bedachte, konnte sie wirklich nichts beschwören. Denn hatte sie gesehen, wie Thorir den Dolch in Njals Rücken gestoßen hatte?
    »Habe ich nicht«, sagte sie laut, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen.
    Grunzend wälzte sich die Äbtissin herum. Caitlín lugte durch den Vorhang in die Halle und atmete erleichtert auf – niemand war mehr zu sehen. Nur Patrick trat soeben durch die Tür.
    Sie lief zu ihm. »Patrick, wohin wollen die Männer?«
    Er streifte sich die Kapuze seines Umhangs ab. »Zum Thing.« Da sie verständnislos schaute, ergänzte er: »Draußen vor dem Wall, unter dem Yggdrasil, das ist ihr Thingplatz. Yggdrasil ist der Baum, der ihre Welt überspannt. Seine Wurzeln reichen von Asgard, dem Sitz der Götter, bis nach Niflheimr, der Unterwelt,

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