Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)
ohnehin neugierig die Köpfe gehoben.
»Caitlín …«
»Und sie will dich. Du hast gesagt, eine Wikingerfrau würde sich wehren, um nicht mit einem Mann verheiratet zu werden, den sie nicht will. Aber sie hat sich voller Freude von dir auf Händen tragen lassen. Wenn ich’s recht bedenke, habe ich sie niemals anderswo als in deinen Armen gesehen!«
»Caitlín!« Er sprang hoch, war so schnell bei ihr, dass sie nicht mehr zurückweichen konnte, und packte sie an den Armen. Nur mit größter Willensanstrengung, so schien es ihr, konnte er sich beherrschen, sie nicht kräftig durchzuschütteln. »Jetzt ist es aber genug! Was, bei Thors Hammer, geht nur in deinem hübschen Kupferkopf vor?«
Hübsch, ja , dachte sie erbost, aber nicht schön wie der von Sif . Aber das auszusprechen käme ihr nun selbst lächerlich vor.
»Du liebst sie und nimmst sie zur Frau«, presste sie hervor. »Das hast du gesagt.« Es gelang ihr nicht, die Zornestränen zurückzuhalten. Sie blickte zur Seite. Es war so erniedrigend, aber wenigstens waren die Worte nun ausgesprochen.
»Wann habe ich das getan?«, fragte er etwas ruhiger, ohne sie loszulassen.
»Als du zurückkamst. Vor deinem Vater hast du es gesagt. Danach … danach bist du vor Erschöpfung zusammengebrochen; vielleicht kannst du dich deshalb nicht erinnern.«
»Odin und alle Götter«, stieß er unterdrückt hervor. Seine Kiefer arbeiteten, Caitlín konnte förmlich hören, wie er voller Ungeduld mit den Zähnen knirschte. Als sie seine tiefblauen Augen aufflackern sah, musste sie an die tanzenden Lichter am nächtlichen Nordhimmel denken.
Er packte sie am Handgelenk und zog sie mit sich. Sie hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten.
»Siehst du den Mann dort bei der Knorr?«, fragte er. »Erkennst du ihn wieder? Das ist einer von denen, für die du im Farbauti getanzt hast.«
»Das klingt, als hätte ich es freiwillig getan.«
Darauf ging er nicht ein. »Er war klug genug, nicht gegen mich anzutreten. Ich vermute also, er wird auch klug genug sein, mich jetzt nicht daran zu hindern, sein Pferd zu nehmen, obwohl meine Stellung im Dorf nicht mehr die beste ist.«
Mehrere robuste Fjordpferde standen an noch kahlen Bäumen angebunden, und Njal hielt auf eines von ihnen zu. Den Mann, der daraufhin näher kam, erkannte Caitlín natürlich nicht wieder. An jenem Abend war sie voller Angst gewesen; die wilden, grölenden Wikinger mit ihren Bärten und Mähnen hatten für sie alle gleich ausgesehen. Der Mann öffnete den Mund, und seine Augen blitzten zornig, dann konnte Caitlín nichts mehr sehen, da Njal sie zu dem Pferd stieß. Halb stieg sie in den Sattel, halb hob er sie. Er schwang sich hinter sie, ergriff die Zügel und ritt los. Caitlín wartete, dass der Besitzer des Pferdes lautstark losbrüllen würde, doch er schwieg.
»Was soll das?«, wagte sie endlich zu fragen. Der kühle Frühlingswind blies ihr ins Gesicht. Njals starker Arm lag um ihre Mitte und hielt sie, während er mit der Rechten locker und geschickt mit den Zügeln umging. Das fremde Pferd gehorchte ihm willig.
»Das wirst du schon sehen, meyja . Und jetzt halt endlich still.«
Sie konnte sich nicht dagegen wehren, das Gefühl seines starken Leibes in ihrem Rücken zu genießen. Den sicheren Halt, den er ihr bot. Insgeheim war sie froh, sich jetzt nicht sträuben zu können.
Sie ritten am Farbauti vorbei. Caitlín erwartete, dass eine Wikingerhorde herausstürmen und sie beide einfangen würde, doch es schlurften nur zwei alte, bucklige Männer aus der Tür und glotzten ihnen nach. Die Sonne hatte fast allen Schnee geschmolzen. Sie wärmte Haut und Haar und ließ den Tau auf den Wiesen glitzern. Von so herrlichem Grün war das Gras, wie Caitlín es von daheim kannte. Weiße und gelbe Blüten und summende Bienen boten einen Vorgeschmack, wie schön es hier werden würde, wenn die Kälte sich erst vollständig zurückgezogen hatte. Aber noch lagen die letzten Zeichen des Winters über dem hügeligen Land. Nicht nur wie ein Schleier der Erinnerung, sondern als Mahnung, dass der Sommer hier nur allzu kurz währte. Die Berge in der Ferne waren noch dicht mit Schnee bedeckt, und Nebel hing in ihren schrundigen Hängen. Dort lebten die Frostriesen und Trolle, all die seltsamen Gestalten der Nordlande. Auch den Weg wollte der Winter noch nicht loslassen. Die Pferdehufe versanken im Matsch. Njal ließ das Tier langsam laufen.
»Wir reiten nach Suttung«, sagte er knapp.
Was er dort mit ihr wollte,
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