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Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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öffnete sämtliche Töpfe und Beutel und hielt die Nase an Kräuterbüschel, die von der rußgeschwärzten Küchendecke hingen. »Nicht dass dieser Mann etwas zur Stärkung bräuchte; er scheint mir wahrlich stark genug zu sein … Allerdings könnte er auch nur so tun, um Euch zu beeindrucken. Ich würde es ja vorziehen, ihm zu helfen, indem ich ihn zu einem Priester schicke, der ihm die Beichte abnimmt und tauft! Dann könnte wenigstens seine Seele Ruhe finden. Aber Gott allein weiß, wo sich in diesem Heidenland die nächste Kirche befindet. Und würde ich Njal den Vorschlag unterbreiten, so würde er mir wahrscheinlich den Kopf abbeißen. Aber das will er ja sowieso.«
    Caitlín stand am Küchenvorhang und lauschte, was sich in der Halle tat. Noch schliefen alle, aber sie fragte sich, wie lange noch, wenn die Äbtissin nicht bald aufhörte, vor sich hinzuplappern.
    »Seid leise, bitte«, flüsterte sie zum wiederholten Male, doch Mutter Laurentia tat so, als gehöre die Küche ihr. Entweder war sie über ihre Verschleppung in das verhasste Heidenland tatsächlich verrückt geworden, oder ihre Gottergebenheit war inzwischen so groß, dass sie sich vor nichts mehr fürchtete.
    Caitlín hörte, wie jemand sich erhob. Sie lugte durch den Vorhang. Edana kam, sich die Distelhaare kratzend, herangeschlurft. Der Geruch nach Schlaf wehte ihr voraus. Als sie die Küche betrat, bemühte sich Caitlín um eine unschuldige Miene.
    »Hat sich also die ehrwürdige Mutter Oberin entschieden, wieder in der Küche zu arbeiten«, sagte Edana statt eines Morgengrußes. »Das freut mich. Wir haben hier immer genug zu tun. Aber was tut sie denn da?«
    »Sie hilft mir …«, begann Caitlín.
    »Ich suche Arzneien zusammen, die Njal Eirikssons Gesundheitszustand förderlich sein werden«, fiel Mutter Laurentia ihr unverblümt ins Wort. Caitlín hatte sich herausreden wollen, dass sie half, den Trunk des Hersen zuzubereiten.
    »Für so etwas gibt es einen Heiler«, sagte Edana unschlüssig.
    Mutter Laurentia lachte verächtlich. »Glaubst du etwa, ich hätte dem Wikinger diesen Vorschlag nicht längst gemacht? Er wäre mir fast an die Gurgel gegangen. Es scheint nicht allzu weit her zu sein mit der hiesigen Heilkunst.«
    Caitlín streckte die Hand nach der Köchin aus, um sie zu bitten, Stillschweigen zu bewahren. Doch da wandte sich Edana schon ab.
    »Ich gehe jetzt zur Latrine. Wenn ich zurück bin, seid Ihr fertig. Dann will ich nichts gesehen haben.«
    Mutter Laurentia schnaubte verächtlich, während sie weitersuchte. »Danke«, sagte Caitlín hastig, aber Edana war schon fort.
    Stand Edana auf, so ließ gemeinhin auch die Hausherrin nicht lange auf sich warten. Dann verlangte Álfdis, dass der Herse seinen Trank bekam. Also trug Caitlín die Zutaten zusammen und ordnete sie wie jeden Morgen auf dem Tisch. Sie zerkleinerte etwas getrockneten Thymian, streute ihn in eine Steinschale und stieß ihn dann mit dem Mörser fein. Anschließend warf sie zwei Pfefferkörner dazu und zerstampfte auch die. Als sie in den nächsten Topf griff, hörte sie, wie Mutter Laurentia zischend Atem holte.
    »Da wird doch nicht der Teufel Eure Hand führen?«
    »Was sagt Ihr?«
    »Das ist Gift, was Ihr da zusammenrührt. Man nennt es ›Ephesus-Samen‹. Nach den sieben Jünglingen von Ephesus, die Gott vor dem Tod bewahrte, indem er sie jahrhundertelang schlafen ließ. Wer diesen Trank täglich zu sich nimmt, ist nicht mehr Herr seiner Sinne, sondern nur noch schläfrig. Und wer irgendwann ein wenig zu viel davon trinkt – nun, den bewahrt Gott dann doch nicht.« Sie rollte die Augen. »Nicht dass es mich groß bekümmert, was mit diesem einäugigen Wilden passiert.«
    Der Mörser glitt Caitlín aus der Hand und schlug dumpf auf dem Steinboden auf. »Ist – ist das so?«
    »Glaubt Ihr etwa, ich lüge?«
    Ganz ruhig , ermahnte sich Caitlín. Dafür gab es ganz sicher eine harmlose Erklärung. Der Herse brauchte schließlich wegen seiner Schmerzen Ruhe. Und Álfdis wusste bestimmt genau, was man mit den Zutaten versehentlich anrichten konnte. Deshalb hütete sie die Töpfe wie ihren Augapfel.
    Caitlín wollte alles in Eiriks Horn streuen und dann mit Ale oder Met auffüllen, wie sie es bereits so häufig getan hatte. Doch ihre Hände wollten ihr nicht mehr gehorchen. Wenn sie nun irgendetwas falsch machte – dann wäre ihr Leben nichts mehr wert. Heilige Brigida! Verzweifelt kaute sie am Daumennagel. Lieber Gott, was soll ich denn nur tun?
    Hilfe

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