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Der schweigende Mund

Der schweigende Mund

Titel: Der schweigende Mund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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sie fest, daß es sich um eine Haaranalyse handelte. Sie sah sich den Umschlag an und entdeckte, daß der Brief an Mr. Keetley gerichtet war.«
    »Als Keetley erfuhr, daß Ihre damalige Kollegin den Brief geöffnet hatte, war er da erbost?«
    »Er war nicht gerade erfreut darüber.«
    »Seit wann ist Mr. Ballwin eigentlich zum zweitenmal verheiratet?«
    »Das können Sie ganz genau beim Standesamt erfahren.«
    »Da ich das dort herausbekommen kann, ist es sicher auch kein Geheimnis.«
    »Ungefähr zwei Jahre. Zweieinhalb Jahre, glaube ich.«
    »Hat Mr. Ballwins damalige Sekretärin ihm von dem an Keetley gerichteten Brief erzählt?«
    »Das entzieht sich meiner Kenntnis.«
    »Starb die erste Mrs. Ballwin sehr plötzlich?«
    »Sie wurde von heute auf morgen krank. Es setzte dann wieder eine Besserung ein, aber nach zwei Wochen erfolgte ein ebenso plötzlicher Rückfall.«
    »Was war die Todesursache?«
    »Eine akute Störung der Verdauungsorgane.«
    »Ewa durch vergiftete Nahrungsmittel?«
    »Woher soll ich das wissen? Mr. Ballwin schilderte es uns als eine schwere Störung in den Verdauungsorganen.«
    »Wurde eine Autopsie vorgenommen?«
    »Sie war in ärztlicher Behandlung, und wenn ein ordentlich ausgefertigter Totenschein vom Arzt vorliegt, ist doch kein Grund zu einer Autopsie gegeben, nicht wahr?«
    »So ist es. Wissen Sie, ob der Leichnam eingeäschert wurde?«
    »Ja, verbrannt.«
    »Und was geschah mit der Asche?«
    »Man streute sie auf einem Bergrücken aus; dort besaß Mrs. Ballwin eine Hütte. Mr. Ballwins erste Frau war sehr naturliebend und schwärmte für die Bergwelt. In ihren Mußestunden beobachtete sie dort die Vögel. Auf naturkundlichem Gebiet war sie nahezu eine Expertin.«
    »Daraus könnte man schließen, daß sie alles andere als eine Salonlöwin war.«
    »Das war sie bestimmt nicht.«
    »Und Mr. Ballwin war auch damals vollauf mit seinem Grundstückshandel beschäftigt, während Mrs. Ballwin sich häufig in der Berghütte aufhielt und ihrer Liebe zur Natur nachging?«
    »Ja.«
    »Dann müssen sie viel voneinander getrennt gelebt haben?«
    »So war es auch.«
    »Kannte Mr. Ballwin Ethel Worley schon, bevor er sie anstellte, oder hat er sie bei der Arbeitsvermittlung angefordert?«
    »Er kannte sie bereits vorher.«
    »Wie lange etwa?«
    »Ich glaube, ungefähr zwei Wochen.«
    »Hatte sie sich selbst bei ihm um eine Stellung beworben?«
    »Er ist ihr zufällig begegnet.«
    »Warum geben Sie den Posten hier nicht auf, da Sie doch ständig n ur das Schlußlicht bilden?«
    »Das ist meine persönliche Angelegenheit, Mr. Lam.«
    »Zweifellos. Die Frage ist auch rein persönlich gemeint.«
    »Dennoch möchte ich sie nicht beantworten.«
    »Ist Miss Worley besonders tüchtig und intelligent?«
    Diese Frage löste bei ihr einen Redeschwall aus. »Ethel Worley ist eine blendende Erscheinung. Und wenn ich in ihrem Falle von einer »blendenden Erscheinung< spreche, meine ich das ganz ehrlich. Unseren Kunden, und in der Regel handelt es sich dabei um Männer, bietet sie mit ihren enganliegenden Pullovern eine nicht unbeabsichtigte Augenweide. Auch sonst hat sie eine hübsche Figur. Das ihr eigene, sichere Auftreten dürfte ihre zweite Stärke sein. Vom Geschäft versteht sie zwar so gut wie nichts; es fällt ihr recht schwer, praktische Arbeit zu erledigen. Und da sie weiß, daß ich ihre schwachen Seiten erkannt habe, spielt sie sich hier auf und schikaniert mich, wo sie nur kann. Die mehr oder weniger knifflige Arbeit darf ich für sie mit erledigen. Das vollzieht sich nicht etwa so, daß sie mich darum bittet. Nein, sie kommt dann in ihrer arroganten Art zu mir und teilt mir quasi die Arbeit zu.«
    Nun fing Mary Ingrim zu weinen an. Über die Barriere hinweg klopfte ich ihr besänftigend auf die Schulter. »Und Sie Gutmütige verrichten die Arbeit der Worley einfach so nebenher?«
    Sie nickte schluchzend.
    »Können Sie nicht hier und da mal einen Fehler einschmuggeln, damit sie ihn dann ausbaden muß?«
    Sie ging zu ihrem Schreibtisch, zog aus einer Schublade ein Papiertaschentuch hervor und trocknete sich die Augen.
    »Das würde ich niemals tun«, sagte sie. »Erstens wäre es zwecklos, denn Ethel Worley würde sich schon irgendwie herausmanövrieren, und dann hat mich doch das Ganze überhaupt nichts anzugehen. Ich bin bei Mr. Ballwin angestellt und habe meine Arbeit zu erledigen, so gut ich das kann. Ich glaube, ich habe Ihnen schon viel zuviel erzählt«, sagte sie, und wieder kullerten ihr

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