Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schweizversteher

Der Schweizversteher

Titel: Der Schweizversteher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diccon Bewes
Vom Netzwerk:
ganz altmodisch in bar.
Vielleicht haben sie deshalb so große Banknoten. Ein Schweizer Geldautomat
spuckt vornehmlich 100-Franken-Scheine
aus, und Sie geben sich sofort als Tourist zu erkennen, wenn Sie sich beim
Bezahlen eines Getränks für Ihre 200-Franken-Note entschuldigen. Was für andere
ein kleines Vermögen ist, sehen die Eidgenossen als ganz normalen Geldschein
an. Kassiererinnen halten ihn weder gegen das Licht, noch rufen sie die
Filialleiterin, und sie zucken auch nicht mit der Wimper, wenn man gleich drei
oder vier präsentiert. Selbst 1000-Franken-Noten werden in den meisten
Geschäften überall im Land ohne Weiteres akzeptiert – das sind, je nach
aktuellem Wechselkurs, knapp 900
Euro in einem purpurroten Stück Papier.
    Ich werde nie vergessen, wie ich im Dezember einmal in
meiner Bank in Bern anstand und Mühe hatte, die ältere Dame vor mir nicht mit
offenem Mund anzustarren, die um 17 000 Franken in bar gebeten hatte. Es dauerte
nicht lange, denn der Kassierer musste nur 17 Scheine abzählen und sie
in einen Umschlag stecken. Die Dame nahm ihr Geld, steckte es in die Handtasche
und erklärte, sie erledige jetzt ihre Weihnachtseinkäufe. Das gibt’s wirklich
nur in der Schweiz.
    In England sieht die Sache anders aus. Als ich dort
vor ein paar Jahren die Anzahlung für meine Schweizer Wohnung abheben wollte,
musste ich 24
Stunden vorher Bescheid sagen und mich zweifach ausweisen. Und das nicht bloß
aus Sicherheitsgründen, sondern weil die Bank gar nicht so viel Bares vorrätig
hatte. Das Geld, das mir in Zehnern und Zwanzigern, schlecht sortiert und
ziemlich abgegriffen, ausgehändigt wurde, musste ich dann zur Bausparkasse
tragen. Den Schweizer Kassier dort traf fast der Schlag, als ich ihm die Tüte
mit den Scheinen überreichte. Ich kam mir vor wie ein Bankräuber.
    Geldscheine sind in der Schweiz selten schäbig oder
zerknittert. Man stopft sie sich nicht in die Hosentasche, sondern behandelt
sie gut, faltet sie sorgfältig oder schiebt sie behutsam in die Brieftasche.
Ihre fröhlichen Farben – gelb, rot, grün und blau – werden weder blass noch
schmutzig; es ist fast, als würde jemand das Geld waschen. Das Faszinierende an
den Scheinen ist, was alles darauf Platz hat. Neben dem Porträt eines
bedeutenden Schweizers (Staatsmänner sind nicht zugelassen), einem Schweizer
Kreuz und dem Namen des Künstlers und Druckers steht da noch schrecklich viel
in allen vier Landessprachen: der Name der Notenbank, der Betrag in Worten und
der Hinweis, dass dieses Zahlungsmittel gesetzlich geschützt ist. Hinzu kommen
die 15
Sicherheitsmerkmale, die den Franken zur bestgeschützten Währung der Welt machen.
Die übliche Seriennummer, das Wasserzeichen und der Metallstreifen sind ein
alter Hut gegen die acht unterschiedlichen Varianten, den Nennwert zu zeigen –
Farbe, Mikropunkt, Metall und Ultraviolettziffern sind nur vier davon. Außerdem
hat jeder Schein ein Prägezeichen an einem Ende (die Zehn-Franken-Note hat
einen Punkt in einem Kreis), was es auch Blinden ermöglicht, den Wert zu
ertasten.
    Der mir liebste Sicherheitstrick ist mit bloßem Auge
nicht zu erkennen. Zwei winzige Abschnitte enthalten eine Minibiografie der auf
dem Schein abgebildeten ehrwürdigen Person. In vier Sprachen. Die Schrift ist
so klein, dass sie nur unter einem guten Mikroskop zu lesen ist – oder auf der
Website der Schweizerischen Nationalbank. Ich weiß nicht recht, ob die dortige
Veröffentlichung dem Kampf gegen Geldfälscherei nützt oder wie zweckdienlich
eine Prüfmethode ist, für die man eine Laborausrüstung braucht. Aber es ist
doch interessant zu erfahren, dass Le Corbusier, der Schweizer Architekt,
dessen Kopf den Zehnfrankenschein ziert, folgenden Text hat: »Le Corbusier hat
als Architekt Urbanist Maler und Theoretiker bahnbrechende und visionäre
Anwendungen für den Wohn- und Städtebau verwirklicht.« Nicht so schlimm, dass
es in Winzlingsschrift gedruckt ist.

Wechselgeld
    Mit so vielen Sicherheitsmerkmalen auf den Noten hat
es die Schweiz nicht mehr nötig, einen kompletten Satz für Krisenzeiten in der
Hinterhand zu halten. Früher gab es eine stille Reserve schweizerischer
Banknoten mit einem Geheimdesign, die ausschließlich für den Fall gelagert
wurde, dass die Währung durch Massenfälschungen ausgehebelt würde. Die
Nationalbank hätte dann alle in

Weitere Kostenlose Bücher