Der Schweizversteher
gibt:
Wenn ich zu Fuà zur Arbeit gehe, komme ich innerhalb von zehn Minuten an sieben
vorbei, obwohl mein Weg nicht durchs Stadtzentrum führt. Als Engländer fühlt
man sich von einer Schweizer Apotheke ein bisschen eingeschüchtert, weil alles
hinter der Ladentheke in Schubladen und Schränken verstaut ist. Selbst die
einfachsten Dinge muss man bei der Verkäuferin im weiÃen Kittel verlangen und
dann versuchen, nicht ohnmächtig zu werden, wenn für sieben
Kopfschmerztabletten sieben Franken berechnet werden. Das reicht eigentlich für
eine Migräneattacke.
Das amerikanische Gesundheitssystem, das vielfach
durch Abwesenheit glänzt, macht international Schlagzeilen, doch für das
Schweizer Gesundheitswesen interessiert sich niemand. AuÃer bei einem Thema:
Sterbehilfe. Die Unterstützung beim selbstbestimmten Abschied aus dem Leben ist
in der Schweiz nicht strafbar, solange der Helfer weder Arzt ist noch ein
persönliches Interesse am Ableben des Sterbewilligen hat. GroÃtante Hildegard
ins Jenseits zu befördern, um an ihr Geld ranzukommen, ist also nicht erlaubt,
aber die ehrenamtliche Unterstützung eines Fremden, der beschlossen hat, sein
Leiden zu beenden, ist in Ordnung. Zwei Schweizer Organisationen, Exit und
Dignitas, interpretieren die Rechtslage so, dass seit den 1980er-Jahren die
organisierte Sterbehilfe in der Schweiz möglich ist. Exit hilft nur Menschen,
die in der Schweiz leben, während Dignitas jedem offensteht. Eine Praxis, die
etwas umstritten war, zunächst nur im Ausland, aber dann auch in der Schweiz.
Bisher sind über hundert Briten und sehr viel mehr
Deutsche nach Zürich gereist und haben eine tödliche Dosis Barbiturate
geschluckt, wobei laut Dignitas-Geschäftsführer Ludwig Minelli zunächst an
Dignitas rund 10Â 000
Franken zur Kostendeckung zu entrichten waren (Dignitas will keine Gewinne
erwirtschaften). Dieser »Sterbetourismus«, insbesondere von Patienten, die
gelähmt, aber nicht unheilbar krank sind, hat die Schweizer Regierung
veranlasst, eine Gesetzesänderung zu fordern. Im Oktober 2009 legte sie zwei
Entwürfe zur Beratung vor. Der einer sah das völlige Verbot vor, der andere
strengere Bestimmungen, vor allem was den Gesundheitszustand der Patienten
betraf. Praktisch zur selben Zeit wuchs in GroÃbritannien der öffentliche Druck
gegen das Verbot der Sterbehilfe, als der Generalstaatsanwalt neue Richtlinien
zu dem Thema herausgab. In beiden Ländern bahnt sich also eine schrittweise
Veränderung an.
Interessant ist, dass die Debatte in der Schweiz weit
weniger emotional geführt wird als in GroÃbritannien. Man findet hier kaum
Zeitungskommentatoren, die mehr Mitgefühl mit ihrem Haustier zeigen als mit
sterbenden Angehörigen. Und ganz gewiss keine Einschüchterungsversuche durch
Männer, die von Gott und nicht vom Volk gewählt wurden. In vielerlei Hinsicht
spielt die Religion in der Schweiz eine groÃe Rolle, aber aus der Politik
halten sich die Kirchen heraus. Man konzentriert sich vielmehr darauf, dass die
Gesetze eingehalten werden (was typisch schweizerisch ist) und dass aus der
Sterbehilfe kein Geschäft gemacht wird (was nicht typisch schweizerisch, aber doch
sehr angemessen ist). Bleibt abzuwarten, in welchem Land die Debatte
konstruktiver verläuft.
Eine einzigartige Währung
Was Geld anbelangt, haben alle Schweizer wenigstens
eines gemeinsam: Sie sind stolz auf ihren Franken. Bevor er 1850
eingeführt wurde, war die Schweizer Geldwirtschaft ein heilloses Durcheinander.
Jeder Kanton hatte seine eigene Währung, es kursierte aber auch Geld, das von
der alten Helvetischen Republik, den Klöstern, italienischen Stadtstaaten und
anderen Ländern ausgegeben worden war. Insgesamt waren 8000 verschiedene Münzen
als gesetzliches Zahlungsmittel zugelassen. Dann hatte jemand den klugen
Einfall, eine einheitliche Währung für die neue Föderation zu schaffen, und der
Schweizer Franken war geboren. Leider konnten die kantonalen Münzprägeanstalten
die groÃe Nachfrage nicht decken, und so wurden die ersten Schweizer Münzen in
Paris und StraÃburg geprägt. Kein vielversprechender Anfang für eine
Nationalwährung, aber beim Franken gibt es keinen Grund zur Reue. Er ist eine
der stärksten Währungen der Welt, und die Schweizer lieben ihn. Und zwar so
sehr, dass sie ihn wo immer möglich benutzen.
Schweizer zahlen in der Regel
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