Der Schwimmer: Roman (German Edition)
sich erzählt, daß es jemanden gab, der die Tochter des Weinbauern Ádám umwarb und sich nicht zu schade sei, über Stunden vor ihr zu knien, obwohl sie ihn nicht eines Blickes würdige. Also war man aus den nahen Dörfern oder mit dem Schiff von der anderen Uferseite gekommen, an den Abenden, den Sonntagen und dem einen Feiertag, nicht nur, um Wein zu trinken, sondern um Zoltán zu sehen, wie er vor Ági im Schmutz kniete.
Am Abend vor Zoltáns Abreise hatte sie das erste Lächeln auf ihre Lippen gesetzt, sagte Ági, und als sie das Blechfaß zugedeckt und das Schild aufgehängt hatte, war es sogar fünf Minuten vor der Zeit gewesen. Zoltán hatte sie zum Tanz ausgeführt, dort oben, zwischen den Weinhängen, wo man den Schmutz flachgetreten und Stühle und Tische beiseite gestellt hatte, und unter bunten Lampen hatte er mit ihr getanzt, Walzer vielleicht, einen schnellen, dann nur noch langsame, bis tief in die Nacht hinein, in jedem Fall noch lange nachdem die Kapelle aufgehört hatte zu spielen. Zoltán hatte Ági nach Hause gebracht, ohne viel zu reden, er hatte ihr dabei zugeschaut, wie sie die hellen Schuhe auszog, um barfuß durch ein Fenster in ihr Zimmer zu schlüpfen, und dann war er im Garten stehengeblieben, als würde ihn etwas festhalten, und erst als es hell wurde, war er gegangen, mit dem Gesicht zum Haus und dem Rücken zum See.
Am Morgen gewann Zoltán die Meisterschaft, und Ági hatte es gefallen, wie er mit seinen Füßen vor- und zurückgeschnellt war, als würde er springen, wie sich das Band an seinem Rücken spannte und wieder senkte, dazu das Schlagen der Klingen aufeinander, das sie ein wenig ängstigte. Jedesmal wenn Zoltán Fechthelm und Handschuh abzog, um sich mit den Fingern durchs Haar zu fahren, das jetzt verklebt war, hatte ihn Ágis Blick aus den Reihen der Zuschauer getroffen, und später, als Zoltán schon als Sieger den Griff seines Floretts küßte, schaute er dabei Ági an, und sie ging zu ihm, um mit ihrem weißen Taschentuch etwas Schweiß von seiner Stirn zu tupfen.
Zehn Tage nach seinem Sieg war Zoltán zusammen mit seinen Eltern nach Badacsony zurückgekehrt und hatte um Ágis Hand angehalten. Zoltán hatte seinen Anzug, der Vater seine Uniform, und die Mutter zu ihrem Sommerkleid einen kleinen Hut mit dunkler Krempe getragen. Unten am See hatten sie im Dorf Fragen über Ágis Familie gestellt, sie hatten den Lehrer, den Pfarrer, den Apotheker gefragt, und ausnahmslos hatten alle das gesagt, was Zoltáns Eltern hatten hören wollen, um einverstanden zu sein. Jemand hatte sie zum Haus der Familie Ádám geführt, und weder Ági noch ihre Eltern waren überrascht gewesen, Zoltán zu sehen, mit Mutter und Vater und anderen aus dem Dorf, die ihnen folgten. Viel eher wirkte es so, als hätten sie darauf gewartet und alles für diesen Besuch vorbereitet.
Hochzeit gefeiert hatten Ági und Zoltán an einem der letzten warmen Tage des Jahres, als es schon nach fallenden Blättern roch, unter Pflaumenbäumen, die ihr Obst verloren hatten, neben Rebstöcken, deren Trauben zum Platzen reif waren, mit Blick auf den See, der sich dunkel verfärbt hatte und in dem jetzt niemand mehr badete. Zoltán und Ági hatten ihre Arme in eines der Weinfässer getaucht, fast bis zu den Schultern, hatten die nassen Hände ineinandergelegt, und Zoltán hatte gesagt, so habe es angefangen, und so werde es weitergehen. Abends, beim Tanz, war Ágis Vater hochgesprungen, aus Freude, wie man später erzählte, hatte dabei sein Knie verdreht, das nicht mehr heilte, und wenige Tage darauf hatte er den Weinberg an Zoltán und Ági übergeben. Während die beiden mit Körben auf den Rücken Trauben gelesen hatten, hatte Ágis Vater auf der Veranda gesessen, ihnen zugeschaut und sein geschientes Knie auf einem Puff ruhen lassen. Als alle den ersten Wein gekostet hatten, hatte Ágis Vater den Blick gesenkt, und Ágis Mutter hatte sich bekreuzigt.
Es war komisch mit Ági. Isti und ich hatten ein bißchen Angst vor ihr, und ein bißchen mochten wir sie. Manchmal fragte mich Isti, wer mir besser gefiel: Zsófi oder Ági?, und ich sagte: Ági. Wenn sie mich morgens weckte, ließ sie ihre Hand lange auf meiner Wange liegen und drehte meine Haare um ihre Finger. Solange wir in den Betten lagen, sang sie für uns Guten Morgen, die Milch ist da, dann sprangen Isti und ich auf und schauten auf Reben und Wasser durch ein winziges Fenster, in das unsere Köpfe gerade so paßten. Abends, wenn Virág wegfuhr, um
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