Der Schwimmer: Roman (German Edition)
Vaters waren die einzigen, die ich hier entdecken konnte. Meine verwischte ich jedesmal, bevor ich ging. Mein Vater schlug das Schilf beiseite, blieb am Ufer stehen und schaute auf den See. Jetzt drehte er sich nicht mehr um, selbst wenn das lange Gras unter meinen Füßen zu hören war, weil ich mich näherte. Er knöpfte sein Hemd auf, zog seine Schuhe, seine Hosen aus und legte seine Kleider in den dunklen Sand. Er tat all das so langsam, als müsse er sich hier, auf den letzten Metern, auf eine andere Geschwindigkeit einstellen, als müsse er langsamer werden, um seine Kräfte fürs Schwimmen zu sparen. Dann lief er ein paar Schritte ins flache Wasser, warf die Beine so, daß es Wellen schlug, tauchte kopfüber ins Wasser, sobald es tief genug war, und schwamm schnell hinaus. Bald war sein Kopf nur noch ein dunkler Punkt, den die Wellen trugen. Ich ging so weit in den See, bis der Schlamm meine Füße schluckte und das Wasser an meine Hüften reichte. Es war trüb und dunkel, und mehr als meine Hände konnte ich nicht sehen. Ich wußte, auch wenn mein Vater sich jetzt umdrehen, wenn er auf dem Rükken weiterschwimmen und zum Ufer schauen würde, er sähe mich nicht. Es war, als nehme ihn der See auf, als könne er ein anderer sein, sobald er seine Kleider ablegte, das Wasser berührte und hinabtauchte.
Wenn ich später am Ufer meine nassen Füße in den Sand grub, schwamm mein Vater ganz in meiner Nähe die letzten Bahnen, zwanzig, dreißig Stöße am Ufer hoch und wieder hinab. Er sah mich nicht, wie nah am Wasser ich auch stand. Wenn er aus dem See stieg, sein Haar schüttelte und mit dem Handrücken über seine nassen Arme und Beine wischte, um das Wasser abzustreifen, konnte ich mich sogar neben ihn stellen, ohne daß er mich bemerkte. Er holte seine Zigaretten aus der Hemdtasche, rauchte und schaute so auf den See, als habe er darin etwas gefunden, das er nicht mehr aus den Augen lassen dürfe, das er beobachten und bewachen müsse. Ich blieb hinter ihm, schob meine Füße durch den Sand, vor und zurück, und sah die Wassertropfen über seinen Rücken perlen. Erst wenn es dunkel wurde, ging ich. Mein Vater blieb, manchmal bis tief in die Nacht, sprang noch einige Male ins Wasser und schwamm weit hinaus. Ich weiß nicht, aber vielleicht schwamm er sogar zur anderen Uferseite, vielleicht, weil er dort ein Licht gesehen hatte und erst aufhörte zu schwimmen, wenn er es erreicht hatte.
Ich lief den Hang hoch, setzte mich unter Bäume, wenn ich müde wurde, und verscheuchte Fledermäuse, die an meinem Kopf vorbeiflogen. Auf dem letzten Stück des Weges kam mir Virág entgegen, die mich über die Kieselsteine zum Haus begleitete, vielleicht, weil man ihr aufgetragen hatte, nach mir zu sehen, vielleicht, weil Ági es so wünschte, vielleicht, weil Virág es selbst so wollte. Wir setzten uns auf die Terrasse, schauten in den Himmel, in einen Mond, den die Wäscheleine teilte, in zwei gleichgroße Stücke, und der die Nacht in dieses Licht tauchte, von dem wir nicht wußten, ist es ein Licht. Erst wenn ich meinen Kopf nicht mehr halten konnte, stieg ich unters Dach. Bevor mein Vater zurückkehrte, war ich längst eingeschlafen.
Es war der Sommer, in dem Isti und ich aufhörten, uns zu prügeln. Wir zogen es vor, die Hänge hinunterzulaufen und ganz am Ende, dort wo die Reben aufhörten, auf den See zu schauen.
Virág.
Isti durfte in den See springen, wann und wo er wollte, und er übte das Schwimmen, wie und wo er konnte, nicht nur am See, nicht nur im Wasser. Auf der Terrasse oder unter dem Dach legte er sich bäuchlings auf einen Stuhl, stützte sich mit den Füßen ab und kraulte mit seinen Armen durch die Luft, als wolle er etwas fangen. Zwischen den Reben legte er sich auf den Rücken und tat so, als stoße er sich mit den Beinen durchs Wasser, bis Ági ihn am Gürtel hochzog und schimpfte, seine Kleider könne er jetzt selbst waschen, gleich hier draußen im Garten, in der Blechwanne, neben der Sommerküche.
Unten am See, bei Virágs Freunden, sprang Isti von einer Leiter, deren wenige Sprossen in den See reichten, und er sprang so viele Male am Tag, daß seine Berührung des Wassers schnell zu den immer wiederkehrenden Geräuschen des Sommers gehörte. Virág nahm uns mit zu ihren Freunden, wenn niemand wußte, wo mein Vater war, wenn er uns mit einer Handbewegung bedeutete zu verschwinden oder wenn er wie ein Boxer beim Frühstück saß und Ági ihm ein Messer mit einer großen Klinge gab, die er
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