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Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Titel: Der Schwimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zsuzsa Bánk
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sprach, mit sich selbst, wenn er allein war, die er sich ausgedacht hatte auf seinen Streifzügen am Fluß und durch die nahen Wälder. Nicht einmal mir sagte er, wie er die Dinge um uns benannt hatte und wie wir jetzt hießen.

    Wenn ich aufstand, konnte ich vom Fenster aus Männer in Dunkelgrau sehen, die auf ihren Schultern, Köpfen und vor ihren Bäuchen große Kisten trugen. Ihre Stimmen, ihre Rufe drangen hoch zu uns. Sie sprachen so, wie wir zu Hause nie hatten sprechen dürfen, und benutzten Worte, die wir nie hatten benützen dürfen. Später wachte ich mit meinem Christophorus-Anhänger in der Hand auf, den ich sonst in meiner Jackentasche versteckt hielt, und ich dachte an Karcsi. Obwohl er langweilig war. Obwohl er in Szerencs als Trottel gegolten hatte.

    Unten in der Küche servierte uns die Wirtin ein kleines Frühstück, Kaffee für meinen Vater, für Isti und mich Hörnchen mit Butter. Werden Sie den Sommer hier verbringen?, fragte sie meinen Vater, der wortlos nickte. Sie redete ohne Pause, während sie Töpfe spülte, die Kaffeemaschine polierte und Bohnen für das Mittagessen putzte. Naja, sicher ist dies nicht der schönste Ort am See, aber auch wir haben einen kleinen Garten hinter dem Haus, sagte sie, und wenn der Bahnhof nicht wäre, dann - sobald ein Zug vorbeifuhr, hörten wir sie nicht mehr. Wir schauten auf ihren Mund, der sich öffnete und schloß wie bei einem Fisch unter Wasser, auf ihre Goldzähne, die blitzten, wenn sie lächelte. Das Gute sei, sagte sie, Arbeit gebe es hier immer, an den Anlegestellen unten am See oder auf dem Güterbahnhof. Als mein Vater unsere Sachen aus dem Zimmer holte und Isti und ich zurückblieben, fragte sie, ob unsere Mutter schon auf uns warte. Wir nickten, und Isti antwortete, ja, auf der anderen Seite des Sees, da wartet sie.

    Wir nahmen den Bus zur Anlegestelle. Kurz bevor der Bus hielt, zog mein Vater das Fenster hinunter. Isti schrie, ich kann es riechen!, und stürzte an uns vorbei, hinaus auf die Straße. Wir liefen zum Wasser, verscheuchten Enten, kletterten auf Absperrungen, die man in die Mole gesetzt hatte, und schauten hinab auf die Wellen, wie sie an Steine schlugen und sich auflösten. Gleich würde unser Schiff anlegen, die Erzsébet. Es glitt auf uns zu, zerschnitt die Wellen, und Isti sagte, es glänzt in der Sonne.

    Zwei Männer lotsten uns über eine Treppe, die sie auf die Mole klappten, an Bord. Ein bißchen war es wie in den Zügen, wenn Isti und ich von Waggon zu Waggon über die Gitter sprangen. Wir saßen nebeneinander an Deck, Isti zwischen mir und meinem Vater, auf einer Bank aus Holz, die weiß gestrichen war, hielten unsere Hände über die Augen und blickten über den See, der hellgrün aussah an diesem Morgen. Der Wind fuhr in Istis feines Haar, riß seine Kappe einmal, zweimal vom Kopf, Isti sprang hoch und schnappte sie, und wenn mein Vater seine Augen schloß, vielleicht, um zu prüfen, ob er sich diesen Anblick, dieses Bild würde merken können, zog Isti seine Lider mit zwei Fingern auseinander und sagte ihm, er dürfe seine Augen nicht schließen, nicht hier.

    Mein Vater stand auf, lief die wenigen Schritte vor zur Reling, legte seine Hände darauf, lehnte sich zurück und streckte seine Arme aus. Wie ein Turner an seinem Gerät sah er aus, kurz bevor er sich aufschwingt, oder wie ein Schwimmer, der sich abstößt und ins Wasser springt. Vor ihm warf der See Wellen, und etwas tanzte auf ihnen, ein Stück Schilf oder ein Blatt. Mein Vater holte die Filterlosen aus der Hosentasche und zündete sich eine mit vorgehaltener Hand an. Im Fahrtwind glühte die Asche, der Rauch teilte sich vor seinem Gesicht und verschwand. Das Wasser schien noch frisch und klar, schon am späten Nachmittag würde es lau und träge, und gegen Ende des Sommers trüb und wellenlos sein. Isti und ich wanderten übers Deck und schauten immer wieder auf die schäumenden Wellen, die sich hinter uns in einem großen V entfernten. Über dem See schwebte ein Rest Dunst, den die Sonne noch nicht verschluckt hatte. Ob das Wasser an diesem Tag eher grün oder eher blau gewesen war - darüber stritten wir noch Wochen später, mein Vater, Isti und ich.

    Zwei Männer warfen das Gepäck auf die Mole, und mein Vater fischte unsere Koffer aus einem dunklen Haufen. Wir standen nicht lange am Straßenrand, bis sie jemand mitnahm: Virág, die Tochter des Hauses, in dem wir diesen Sommer, mindestens diesen Sommer verbringen würden. Sie hatte am Kassenhäuschen

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