Der Schwimmer: Roman (German Edition)
seine Arme aus, ließ sich fallen, mit dem Rücken aufs Wasser, tauchte unter und schwamm hinaus, weg von uns, bis er kaum noch zu sehen war und unser Vater ihm endlich folgte, ihn zurückholte, mit einem Arm neben sich durch die Wellen zog und wieder auf den Sand setzte. Isti weinte, und er wollte nicht, daß wir es hören, er versuchte, dabei still zu bleiben und wenig und leise zu atmen. Ich konnte sehen, wie es ihn anstrengte, wie sich seine Schultern bewegten, auf und ab, nicht nur, weil er geschwommen war. Ich setzte mich zu ihm ans Wasser, dorthin, wo es sich mit dem Sand mischt, und sagte, du wirst einen Schluckauf kriegen, wenn du es unterdrückst, und einen Schluckauf, den willst du doch nicht, und dann hörte Isti auf, es zu unterdrücken, er weinte einfach weiter.
Später, als wir wieder am Ufer standen, nahm unser Vater das Handtuch, das er über ein Ruder gelegt hatte, reichte es Isti, und Isti schüttelte den Kopf, nein, er brauche kein Handtuch, ein Handtuch sei eines der Dinge, die er nicht brauche. Ein letztes Mal liefen wir durch die Weinberge zurück, an den Rebstöcken vorbei, und ich heftete meinen Blick auf Isti, auf seinen Nacken, auf das Wasser, das von seinem nassen Haar tropfte, und wagte nicht, mich umzudrehen und auf den See zu schauen, aus Angst, er könnte nicht mehr da sein.
Am Abend saßen wir auf der Terrasse, an zwei kleinen Tischen, die Mihály gebracht hatte, damit wir unsere Teller nicht länger in der Hand oder auf dem Schoß halten müßten, wie er sagte, mit einer Platte aus Karos und Beinen aus Holz, die man ausklappen konnte. Isti hatte sie jeden Tag bestimmt hundertmal aus- und wieder eingeklappt, vor und nach den Mahlzeiten, hatte die Tische hin und her getragen, sie mal auf der Terrasse, mal im Garten und mal im Haus aufgestellt, im großen Zimmer, das nach dem Feuer noch größer geworden war. Ági breitete ein weißes Tuch über die Tische, das einzige, das sie in der Sommerküche aufbewahrt hatte, und Isti verteilte Teller und Besteck, langsamer als sonst, weil er glaubte, noch könne er etwas ändern, noch könne er die Zeit bremsen. Er aß langsamer als sonst, um die Zeit, die gemessene Zeit seiner Geschwindigkeit anzupassen, und Virág und Mihály schauten ihm dabei zu und ahmten es nach, wurden langsam wie er, und nach jedem Bissen sah Isti auf Mihálys Armbanduhr, um zu prüfen, wie die Zeit verging, ob wirklich langsamer, ob sie aussetzte, zögerte wie wir, wenigstens für einen Augenblick, und weil niemand etwas sagte und wir die Messer auf den Tellern hörten, fragte Zoltán, warum seid ihr so still, warum spricht keiner?
Als Mihály sich verabschiedete, liefen Isti und ich mit ihm vor zur Straße, und Isti stellte ihm eine letzte Frage, ob ein Haus wirklich im Boden versinke, wenn es zuviel regne, und Mihály antwortete, nein, wer erzählt euch solchen Unsinn? Er hob uns hoch, erst mich, dann Isti, der seine Hände an Mihálys Bart legte und daran zog, als wolle er jetzt noch prüfen, ob er echt sei. Ich hielt mich fest an Mihálys Hemd, faßte den Stoff mit meinen Fingern, und Mihály hielt Isti, schaute hinunter zum See, der jetzt dunkel und ohne Bewegung war, und dann sagte er, keine Angst, ihr werdet das Schwimmen nicht verlernen, man kann es gar nicht verlernen, versteht ihr? Und Isti und ich, wir nickten, sagten, ja, das verstehen wir, blieben am Tor stehen, die Hände aufs Holz gelegt, um Mihály hinterherzuschauen, als er losging und sich alle paar Meter umdrehte, winkte und rief: Man kann es nicht verlernen, versteht ihr? Ganz unten, am Ende des Weges, drehte er sich ein letztes Mal um, bewegte seine Arme so, als kraule er durch die Luft, zeigte hinter sich zum Wasser und ruderte noch einmal mit den Armen, und Isti sagte, man kann es nicht verlernen, Kata, verstehst du?
Virág hatte die ganze Nacht über allein auf der Veranda gewartet, auf einem Stuhl, unter einer Decke, und als Isti sich am Morgen zu ihr setzte, stieg ein Schwarm weißer Mücken auf und tanzte. Isti griff nach ihnen und Virág sagte, wie Schneetreiben sieht es aus, nicht? Obwohl genügend Zeit blieb, liefen wir am Morgen schneller als sonst zur Mole, ohne Koffer und Taschen, nur mit einer Kiste, in die Ági Brot und Kuchen gepackt hatte und die mein Vater jetzt mit beiden Händen vor seiner Brust trug. Virág löste die Fahrscheine, reichte jedem von uns einen, aber Isti versteckte die Hände hinter seinem Rücken und schüttelte den Kopf. Es fiel Isti schwerer, sich vom
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