Der Schwur der Königin
unmöglich vorhersehen, ob ihr Gemahl wirklich für sie sorgen würde, und das wusste sie auch. Ein letztes Mal schaute sie mir in die Augen, dann löste sie sich von mir, trat entschlossen auf die zahllosen Fremden zu, die auf sie warteten, und überquerte die wenigen Fuß Grasland zu ihrem neuen Reich.
Beatriz stand neben mir, als ich beobachtete, wie mein Kind zwischen den Portugiesen verschwand. Die Menge schloss sich um sie und führte sie zu der Stute, auf der sie reisen sollte. Alles, was ihr von Kastilien geblieben war, waren die Kleider an ihrem Leib und die mit ihrer Aussteuer gefüllten Truhen.
Auf dem Rückweg nach Sevilla dachte ich, das Herz würde mir brechen. Obwohl meine Hofdamen mich besorgt mit Fragen bestürmten, war ich nicht in der Lage, auch nur ein Wort von mir zu geben. Ich befürchtete, vor allen in Tränen auszubrechen, sobald ich irgendeine meiner Sorgen gestand. In den folgenden Tagen vermisste ich meine Isabél in stummer, schmerzender Hilflosigkeit; selbst das eingedrückte Kissen auf dem Fensterstuhl, auf dem sie immer gesessen hatte, während sie nähte oder mit mir sprach, erinnerte mich von nun an schonungslos an ihr Fehlen. Meine anderen Töchter waren noch zu jung, um die Lücke zu füllen, die Isabél hinterließ, und der elfjährige Juan hatte genug mit seiner sich ankündigenden Mannbarkeit zu tun, wenn nicht gerade seine Aufgaben und Tätigkeiten als Kronprinz seine ganze Aufmerksamkeit und Zeit in Anspruch nahmen. Selbst das Wetter spiegelte meine niedergeschlagene Stimmung wider: Andalusien wurde von einer seltenen Serie von extremen Stürmen heimgesucht, welche die Flüsse über die Ufer treten ließen, die Ernte vernichteten und ganze Weiler wie Kinderspielzeug fortrissen.
Ein paar Monate nach Isabéls Fortgang erhielt ich eine Nachricht von Fernando, der sich bei seiner Belagerung von Baeza hatte verschanzen müssen.
Wir sind verzweifelt. Die Stadt widersteht uns mit der Sturheit des Satans, und immer wieder brechen die Gottlosen mitten in der Nacht mit Überfällen über uns herein, nur um sich wieder dem Nebel gleich zurückzuziehen und unsere Toten in Blutlachen zurückzulassen. Die Stürme haben unser Lager in ein Meer aus Schlamm verwandelt. Deshalb können wir weder unsere Zelte aufschlagen, noch die wenigen uns verbliebenen Tiere versorgen. Wegen des ständigen Regens verderben in dieser gottverlassenen Gegend die Futtermittel und auch sonst alles andere. Weil die Erde so nass ist, dass wir sie nicht versengen können, habe ich den Männern befohlen, meilenweit in den Wäldern und huertas die Bäume zu fällen, aber das wird Monate harter Arbeit erfordern, und die Vorräte gehen uns aus. Jetzt drohen auch noch Seuchen auszubrechen. Unsere Brunnen sind vergiftet, da die Mauren unsere Toten in den Wasserquellen abgeladen haben. Die Pferde sterben wie die Fliegen, und viele unserer Männer sind so verzagt, dass sie zu desertieren drohen. Sie sagen, Gott hätte sich von uns abgewandt …
Ich berief den Kronrat ein. »Wir müssen meinem Herrn und Gemahl und seinen Männern sofort Hilfe schicken. Sie brauchen Nutztiere, Munition, Medikamente und Lebensmittel. Die Mauren haben in Baeza genug Vorräte, um einer noch längeren Belagerung zu widerstehen. Wir müssen mindestens so gut ausgestattet sein wie sie, wenn wir siegen wollen.«
Der Kronrat nahm meine Erklärung mit grimmigem Schweigen zur Kenntnis. Schließlich ergriff Kardinal Mendoza das Wort. » Majestad , als Seine Majestät zu dieser Expedition aufbrach, haben wir ihm alles bewilligt, was wir hatten. Und mit den kürzlichen Ausgaben für Infanta Isabéls Aussteuer … Ich fürchte, es ist nichts mehr vorhanden.«
»Nichts mehr vorhanden?«, wiederholte ich fassungslos. »Was soll das bedeuten?«
»Genau das: In der Schatzkammer ist nicht mehr genug da, um die Ausgaben zu finanzieren, die Ihr verlangt.«
»Unmöglich!«, rief ich, nicht bereit, seinen Worten zu glauben. Aber ein Blick in die Gesichter um mich herum ließ mich verstummen. Bei Isabéls Abschied hatte ich keine Ausgaben gescheut, das war mir klar. In meiner Sorge um ihr Wohlergehen hatte ich keinen Gedanken daran verschwendet, dass Baeza uns womöglich so lange widerstehen könnte, wie es jetzt der Fall war.
»Aber irgendetwas muss es doch geben, das wir tun können«, murmelte ich, an Mendoza gewandt.
Er seufzte. »Es besteht immer die Möglichkeit einer Steuererhöhung, aber der Adel wird sich zweifellos wehren, und die Cortes müssen
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