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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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keiner Antwort, zu keinem Ende führen?«
    »Es hat ein Ende. Nur ist es keines, das dir gefällt.«
    Ich drehte mich zu ihm um.
    »Die Zeit ist reif, Isabella. Wir können nicht länger herumlavieren. Als katholische Herrscher müssen wir ein Beispiel geben. Ketzerei darf in unseren Reichen nicht länger geduldet werden.«
    »Bist du dir so sicher, dass das der richtige Weg ist?«
    »Ja. Wir sind die von Gott bestimmten Herrscher. Er würde uns nie in die Irre führen.« Fernando beugte sich über mich. Im Kerzenschein wirkten seine markanten Züge weicher. »Es ist unsere heilige Pflicht, Isabella. Das wissen wir beide. Bisweilen müssen wir gegen unsere eigenen Herzen handeln, weil das eben das Richtige ist, das Einzige, was zu tun ist.«
    Ich sah ihm forschend in die Augen. »Wenn wir diesen Weg beschreiten, sterben unsere Untertanen.«
    »Nur die Schuldigen. Nur diejenigen, die sich weigern zu bereuen. Wahre Christen haben nichts zu befürchten.« Er streichelte mir die Wange. »Meine Luna , du darfst nicht zweifeln. Du fragst dich immer, ob wir wirklich Gottes Willen ausführen, und ich sage dir: Ja, das tun wir . Wir können nichts anderes tun. Torquemada ist zu auffahrend, aber er spricht wie ein Prophet: Eine Krone, ein Land, ein Glaube. Das und nichts weniger ist unsere Aufgabe. Wir errichten eine neue Nation für ein neues Zeitalter; davon haben wir vor so vielen Jahren geträumt. Jetzt ist unsere Zeit. Und haben wir erst Kastilien und Aragón gereinigt, richten wir unser Schwert gegen Granada. Wir setzen die reconquista fort und befreien das Land für immer von den Gottlosen.«
    Ich wollte kapitulieren. Ich wollte mich seinem unerschütterlichen Glauben an unsere Bestimmung unterwerfen, von dem er sich durch nichts abbringen ließ. Plötzlich verachtete ich mich für meine eigene Schwäche, für mein untaugliches weibliches Herz, das so fehlbar, so leicht zu täuschen war. Ich traute mir selbst nicht mehr.
    »Warum trotzen uns diese falschen conversos ?«, flüsterte ich. »Warum leugnen sie Gottes Wahrheit und verdammen unsere unsterbliche Seele? Ich kann einfach nicht glauben, dass ein Mensch so etwas wissentlich tut. Sie sind in die Irre geführt worden und brauchen einfach Zeit, um zu verstehen, worin sie sündigen, damit sie bereuen können.«
    Er zog mich an sich. An seine Brust gepresst, spürte ich den Rhythmus seines Herzschlags. Er war der Fels, an den ich mich, verloren in diesem Meer des Zweifels, klammern konnte.
    »Die Häretiker sind halsstarrige Sünder«, sagte er. »Du darfst dich nicht von ihrem Trotz quälen lassen. Wir sind König und Königin. Was immer wir befehlen, wir tun es für das übergeordnete Wohl.« Er umfasste mein Kinn und hob mein Gesicht zu seinem empor. »Lass Torquemada seine Aufgabe verrichten. Er kann in Sevilla anfangen und uns zeigen, wozu er in der Lage ist. Falls wir mit seinen Methoden nicht einverstanden sind, können wir eingreifen. Aber auch wenn er unsere neue Inquisition leiten wird, aufgrund unseres päpstlichen Edikts ist er uns verantwortlich – und zwar uns allein.«
    Ich antwortete nicht. Das Schweigen zog sich lange zwischen uns hin. Ich erinnerte mich an meine eigenen trotzigen Worte Jahre zuvor, als Torquemada wegen seines Ansinnens zum ersten Mal an mich herangetreten war: Selbst wenn ich morgen gekrönt werden sollte, wäre die Verfolgung meiner Untertanen das Letzte, was ich billigen würde.
    Seit dem Tag am Strand vor zwei Jahren, an dem ich das Edikt aus Rom zur Inquisition bewilligt hatte, war mir klar gewesen, dass es irgendwann so weit kommen würde. Es hatte sich zusammengebraut wie ein Sturm in der Ferne, der unausweichliche Preis, den ich für alles, was Gott mir gegeben hatte, bezahlen musste.
    »Ich werde zustimmen«, sagte ich schließlich, »aber nur unter folgenden Bedingungen. Erstens: Was immer von den Verurteilten konfisziert wird, muss dafür verwendet werden, die von uns angestrebte Einheit voranzubringen. Zweitens: Die Inquisition muss ihre Maßnahmen auf gefallene conversos beschränken.«
    »Bien« , murmelte Fernando. »Ich werde mich darum kümmern. Bist du jetzt bereit, wieder hineinzugehen?«
    Hand in Hand kehrten wir in den Saal zurück, wo Torquemada geduldig mit gefalteten Händen stehen geblieben war, als wüsste er bereits, was wir ihm antworten würden.
    »Wir sind über all das, was wir gehört haben, zutiefst bestürzt«, erklärte ich. »Und wie Pater Talavera Euch versichert hat, nehmen wir diese

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