Der Schwur der Königin
zusammen mit Fernando eine Verfügung erlassen, die jede ungenehmigte Abreise aus Städten, wo die Inquisition Gericht hält, unter Strafe stellt. Wie Fernando gesagt hat: Wahre Christen brauchen nichts zu befürchten, denn sie haben nichts zu verbergen.«
»Wie wahr«, seufzte Beatriz, sichtlich erleichtert, dass die Bestürzung über Torquemadas Bericht meine Sorgen um meinen Sohn vertrieben hatte. Ich schlug die nächste Akte auf und war bald wieder in meine Arbeit vertieft, die mich – wie immer – voll in Anspruch nahm und es vermochte, alle anderen Probleme an den Rand zu drängen. Zumindest hier konnte ich meinen Weg selbst bestimmen; hier, in den Details, die mein Reich betrafen, war ich nach Gott die höchste Richterin und nur selten Opfer der hilflosen Ängste, die das Muttersein oft mit sich brachte.
Unter einem leuchtenden Himmel hielten wir zwei Tage später in Saragossa, der Hauptstadt des Nordens, Einzug. Silbrig legte sich das Licht auf den spiegelglatten Fluss Ebro und strahlte zurück von der spindelförmigen Turmspitze der San-Salvador-Kathedrale und den alabasterfarbenen Bollwerken des Aljafería-Palastes, der Geburtsstätte meiner Ahnin, der heiligen Isabella von Portugal. Hier würden wir in der Zeit unseres Aufenthalts Residenz beziehen. Die Bevölkerung von Saragossa feierte unsere Ankunft mit tagelangen Festen. Und wir mussten ein ganzes Programm von Ereignissen absolvieren, die unter anderem die Darbringung eines Blumenopfers für die Schutzheilige der Stadt, La Virgen del Pilar, beinhalteten. Erschöpft, aber auch stolz, verfolgten Fernando und ich Wochen später, wie die Cortes von Aragón unseren Sohn als Thronerben vereidigten.
Wir verweilten noch bis November in Saragossa, ehe wir schließlich in unseren Palast im kastilischen Medina del Campo zurückkehrten, wo wir zu überwintern gedachten. Dort entdeckte ich, dass ich wie Beatriz guter Hoffnung war. Und es war auch der Ort, wo uns eines eisigen Nachmittags eine Nachricht erreichte, die unser Schicksal bestimmen sollte.
Fernando döste, seine Jagdhunde zu seinen Füßen, vor dem Feuer, während Isabél und ich ein Altartuch bestickten, das wir für die örtliche Kathedrale genäht hatten. Dabei behielt ich eine Gruppe junger Damen in meiner Nähe im Auge, die ebenfalls nähten. Da ihre Niederkunft bald bevorstand, hatte sich Beatriz zur Rückkehr nach Segovia entschlossen, um näher bei Cabrera sein zu können. Bei uns ließ sie eine Gruppe adeliger Frauen aus ihrem Begleittross zurück, von denen die meisten noch jung und unerfahren waren und darum ständiger Überwachung bedurften, bevor ihre Flausen überhandnahmen und sie unzüchtigen Verlockungen erlagen. Das hätte mir gerade noch gefehlt, dass ich gezwungenermaßen in aller Hast Ehen anbahnte, nur um Lüsternheit auch noch zu belohnen. Unter diesen Damen befand sich auch eine entfernte Verwandte von Beatriz, María de Bobadilla – eine dunkelhaarige, üppige Schönheit mit aufsehenerregenden grünen Augen. María, die durchtriebener war als die anderen Mädchen, wusste sehr wohl um den Wert ihrer Gaben und hatte schon binnen wenigen Tagen nach ihrer Ankunft unseren Männern den Kopf verdreht. Doch mir ging es nur um einen Mann im Besonderen, und jetzt beobachtete ich, wie María kokett zu meinem Gemahl hinüberlugte, nur um von meinem glühenden Blick durchbohrt zu werden.
In diesem Moment kam Inés in den Raum gestürmt. Ihr folgte ein Jüngling in derart verschmutztem Umhang, dass seine Livree unter dem Staub und Lehm kaum noch zu erkennen war. Er warf sich vor mir auf die Knie und zog unter seinem dreckstarrenden Wams einen nicht minder besudelten Umschlag hervor. »Ich bringe eine dringende Nachricht vom Marquis von Cádiz!«, keuchte er mit vor Erschöpfung heiserer Stimme. »Die Stadt Zahara ist den Mauren in die Hände gefallen. Mein Herr hat in einem Vergeltungsschlag die maurische Zitadelle Alhama de Granada erobert, aber jetzt ist er dringend auf Verstärkung angewiesen, wenn er die Festung halten und den Fall von Zahara rächen soll.«
Die inzwischen zehnjährige Isabél, die neben mir saß, wurde auf einmal ganz still, und ihre wunderschönen blaugrünen Augen weiteten sich. Fernando fuhr mit einem Schnauben hoch, nachdem er die letzten Worte des Boten vernommen hatte. »Unmöglich!«, knurrte er. »Zahara ist uneinnehmbar. Und Alhama hat diese berühmten heißen Quellen. Die Kalifen ziehen sich gern dorthin zurück, allein schon wegen seiner Nähe zu
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