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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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zu begleiten. Jetzt empfand ich die kalkulierte Heiterkeit seiner Augen als beunruhigend. Mir war, als schaute er durch mich hindurch in eine Zukunft, die nur er sehen konnte.
    Die Prinzessin, die man in endlos lange, mit Perlen besetzte weiße Samttücher gewickelt hatte, lag in Königin Juanas Armen. Sobald ich geknickst hatte, streckte mir Juana den Säugling entgegen und zwang mich, ihm die weiche milchweiße Wange zu küssen. Der Anblick der schlafenden kleinen Joanna brachte mich für einen Moment zum Schmelzen. Ein so unschuldiges Wesen konnte doch gewiss keinen Aufruhr auslösen.
    »Du wirst ihre Taufpatin sein«, erklärte mir Juana mit einem Lächeln so künstlich wie das Karmesinrot auf ihren Lippen. »Wir haben eigens für dich ein Geschenk anfertigen lassen, damit du es ihr bei der Feier heute Abend überreichen kannst – ein silbernes Taufbecken mit ihrem darin eingravierten Namen. Wie würde es schließlich ausehen, wenn die Taufpatin mit leeren Händen käme?«
    Worte der Dankbarkeit murmelnd, wandte ich mich von ihrem stechenden Blick ab. Falls sie sich für das ihr nachgesagte Verhalten schämte, ließ sie sich zumindest nichts anmerken. Ich jedenfalls begann bereits, an den schmutzigen Gerüchten zu zweifeln, die ich noch vor wenigen Stunden fast geglaubt hätte. Im kalten Licht des Tages schien es einfach unvorstellbar, dass sie, eine portugiesische Prinzessin, Schwester des Königs dieser Nation und eine Verwandte meiner Mutter, so weit gehen würde, die Krone auf ihrem Haupt aufs Spiel zu setzen.
    Ich nahm meinen Platz neben Alfonso ein. Enrique, der mit juwelenbesetzter Krone auf dem Kopf und in seine Robe gehüllt auf dem Thron saß, wirkte höchst unbehaglich. Sein Gesicht war mit Bartstoppeln übersät, seine geröteten Augen waren verschattet. Meinen Blick mied er. Stattdessen beäugte er nervös die Versammlung, als sein Herold die Proklamation verlas, mit der der kleinen Joanna der Titel Prinzessin von Asturien verliehen wurde, was sie zur Thronerbin machte.
    Nun mussten noch die Cortes von Kastilien, die aus Vertretern sämtlicher wichtiger Provinzen des Reichs gebildete Ständeversammlung, die geänderte Erbfolge per Abstimmung bewilligen. Doch als die Granden einer nach dem anderen auf das Podest traten, um auf den Knien zu schwören, dass sie die Rechte der Prinzessin achten würden, waren ihre Mienen versteinert, und sie leierten ihren Eid derart monoton herunter, dass die Zeremonie eher an eine Trauerfeier erinnerte.
    »Wo sind die Herzöge von Alba, Cabra und Paredes?«, hörte ich die Königin Enrique ins Ohr zischen, als die letzten Granden dem Kind ihre Aufwartung machten. »Wo sind die andalusischen Granden, Medina Sidonia und Cádiz? Soll das eine Beleidigung sein? Sie sind schon vor Wochen hierher- befohlen worden! Sie alle müssten hier sein, um unserer Tochter zu huldigen!«
    Enriques Kinn versank immer tiefer in seinem Hermelinkragen. Als Alfonso an die Reihe kam, streckte Carrillo die Hand nach ihm aus. Ein Schreck fuhr mir in sämtliche Glieder, denn einen Moment lang sah es so aus, als würde er Alfonso zurückhalten, doch er tätschelte meinem Bruder nur aufmunternd den Arm. Nachdem Alfonso die Eidesformel gesprochen und sich entfernt hatte, war ich die Nächste. Unter Enriques gequältem Blick kniete ich mich vor das Kind und erklärte: »Ich, Isabella de Trastámara, Infantin von Kastilien, gelobe, Prinzessin Joanna, der ersten Thronerbin, treu zu dienen und ihre Rechte zu schützen.«
    Die Worte waren wie Asche in meinem Mund. Ich wusste nicht, ob ich selbst daran glaubte oder nicht und ob ich soeben mit der Anerkennung dieses Kindes, dessen Vaterschaft umstritten war, eine Sünde begangen hatte. Doch als ich an meinen Platz zurückkehrte, verspürte ich nur noch endlose Erleichterung. Mochte meine Mutter toben, sobald sie es erfuhr, mochten die Adeligen schimpfen oder die Höflinge mir Böses nachsagen, geschehen war geschehen. Die kleine Joanna war jetzt Enriques Erbin, es sei denn, die Cortes entschieden anders. Wir hatten ihr gehuldigt. Wir hatten unseren Treueeid geleistet. Wir durften unser Wort nicht brechen.
    Bleierne Stille breitete sich aus.
    Enrique erhob sich, wobei ihm seine Gewänder eine gewisse schwerfällige Würde verliehen. Ich dachte schon, er wolle eine Ansprache halten, doch dann drehte er sich abrupt um und stieg vom Podest. Aus der Menge trat sein Gefährte von gestern Abend auf ihn zu, der heute mit schlichtem Wams und Strumpfhose

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