Der Schwur der Venezianerin
seine Antwort hätte warten können. Er kehrte unmittelbar nach der Auseinandersetzung in den Palazzo Bianca ein. So erfuhr sie umgehend von dem Misserfolg eines Versöhnungsgespräches.
„Ich kann es einfach nicht glauben, dass Ferdinando nicht zu einem Gespräch in Ruhe und Frieden bereit ist. Er ist ein Mann mit einem Machtanspruch. Er ist vor allem ein Mann, der auch ein Mann ist“, sagte sie zu Francesco. Insgeheim dachte sie, er wäre der erste Mann, der nicht auf eine schöne Frau reagierte.
„Gebt mir die Erlaubnis, mit seiner Eminenz dem Kardinal zu sprechen. Wir müssen alles tun, um mit ihm einig zu werden. Wir sollten mindestens an dieser Front Ruhe haben. Es reibt mich zu sehr auf.
„Wenn du es willst, so gehe hin und tue es. Es wird unnütz sein. Es wird nur die Zahl der Niederlagen gegen Ferdinando um eine weitere erhöhen.“
„Ich werde es schaffen, seine Meinung zu ändern.“
„Wenn du willst“, gab er nach. „Es wird schon ein Triumph für Ferdinando sein, wenn du auf einmal auftauchst. ‚Jetzt schickt er seine Mätresse’, wird er deinen Besuch kommentieren.“
Noch während seines derzeitigen Besuches in Florenz erhielt der Kardinal aus Rom eine zweite Einladung mit dem Siegel des Großherzogs zu einem Gespräch.
Amüsiert betrachtete er den Brief.
„Nun, der Briefverkehr nimmt zu. Die Audienzen werden häufiger, wenn auch nutzloser. So sollt Ihr denn, Venezianerin, Euren Wunsch in Erfüllung gehen sehen.“
Er empfing sie in seiner Residenz im Ostflügel des Palazzo Vecchio.
„Und nun, Bianca Cappello, habt Ihr Euer Ziel endlich erreicht?“
Ferdinando vergrub seinen Blick in ihrem sehr offenen Busen. Er ergötzte sich an dem prachtvollen Fleisch, das sogar den Ansatz der leuchtenden Brustwarzen zeigte. Seine Mundwinkel zogen sich bis zum Unterkiefer, als er mit den Fingern der rechten Hand auf die emporgehobenen lustvollen Hügel tippte.
„Ein Weib hat eben doch mehr Möglichkeiten, als ein Mann zu erkennen vermag. Der Charakter eines Weibes ergötzt die lustvolle Gier eines Mannes.“
„Eure Eminenz, was meint Ihr? Wie soll ich Euch verstehen?“
„Wenn Ihr verstehen wollt, dann könnt Ihr verstehen. Ihr versteht es schließlich auch, alle Wege und geheimen Pfade zu begehen, um Eure Ziele zu erreichen.“
Erneut tippte er mit der rechten Hand auf die Brüste der Frau, während die Finger der Linken Ihre Stirn berührten.
Nicht vor lustvoller Erregung, eher vor den Anwallungen des Zorns erbebte ihr Busen, eine steile Ader war aus ihrer Stirn gesprungen. Mühsam hielt Bianca ihre Erregung im Griff. Sie wollte endlich den Bruder des Großherzogs umstimmen, seine feindseligen Ansichten über sie ändern, seine Gunst gewinnen. So zwang sie sich mühsam zur Ruhe, und doch erzitterte ihre Stimme und vibrierend bat sie endlich um das befreiende Gespräch.
Sie wartete lange, bevor er sich zu einer Antwort herabließ.
„Ein Medici gewährt jedem seiner Untertanen eine Audienz“, höhnte Ferdinando, „so auch Euch, Venezianerin.“
Sie überhörte seine steife Stimme, vergaß das provozierende Wort „Venezianerin“.
Er schob sie, mit der Hand auf ihrem Rücken, einige Räume weiter, bis sie im Audienzsaal des Palazzo anlangten. Ohne Umschweife nahm Ferdinando auf dem Audienzstuhl des Großherzogs Platz, hieß sie vor ihm stehen bleiben. Seinem Blick fehlte jede Milde, seinen Augen jede Wärme, seinem Mund jegliche Liebe. Kalt und eingefroren stachen die Worte auf sie ein.
„Was gibt es Bürgerin von Venedig?“
Sie spürte es. Sie sollte getroffen werden. Er wollte sie vernichten, sie die er nie als ebenbürtig akzeptiert hatte. Mit seinen Fingern, wie mit seinen Worten berührte er sie willkürlich, zeigte seine Missachtung, gab seine Macht zu erkennen. So saß er auf dem Audienzstuhl umgeben von seidenen Tapeten, dem brokatbesetzten Baldachin, seine Arme und Hände genüsslich die Figuren der Holzlehnen umspielend.
Dann sprang er plötzlich auf, stand neben ihr und schob sie mit Gewalt auf den Audienzsessel, in dem er eben noch selbstherrlich geruht hatte.
„Verzeiht, Bianca Cappello, der gebührt natürlich Euch. Ich bin nur ein Kardinal. Ihr seid die Regentin an der Seite des Großherzogs. Das ist es doch, worauf Ihr schon immer gewartet habt. Bei diesem Spiel ist Euch doch kein Trick zu billig, keine List zu schelmig gewesen.“
Erneut demonstrierte er, dass er ihr Positionen zuweisen konnte, erhöhte und erniedrigte, wie es ihm beliebte. Obwohl
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