Der Schwur der Venezianerin
schlecht.
Nur selten fand sich die Gelegenheit, bei denen sich die verfeindeten Brüder, Francesco I., Großherzog der Toskana, und Ferdinando, Kardinal in Rom, ernsthaft auseinandersetzen konnten. Frühzeitig war für den jüngeren Ferdinando das Kardinalsamt auserkoren worden und er verbrachte einen Großteil seiner Zeit in Rom. Keiner von beiden ließ eine Gelegenheit aus, sich aus dem Weg zu gehen, oder pflichtgemäße Einladungen des anderen höflich mit Abwesenheit zu entschuldigen. Bianca litt unter dieser kalten Beziehung, zumal sie sah, dass sich Ferdinando feindselig von ihr fernhielt. Sie mochte ihn nicht, würde ihn nie mögen. Dennoch wäre es besser, ein duldsames Einvernehmen zu erreichen. Kälte bemächtigte sich des Palazzo Pitti. Immer wieder drängte sie ihren Gatten zu einem Versöhnungsgespräch mit seinem Bruder, der ein hohes kirchliches Amt bekleidete.
„Was wollt Ihr durchlauchtigste Hoheit?“, sprach Ferdinando bei einem solch inszenierten Gespräch seinen Bruder zynisch an. „Ihr habt mich zu dieser Audienz gedrängt, was soll das bringen? Darf ich davon ausgehen, dass Eure Bettgenossin, die eingeschlichene Patrizierin aus Venedig Euch dazu veranlasst hat?“
Er konnte es nicht unterlassen, in fast jedem seiner Sätze, eine Spitze gegen seinen Bruder unterzubringen. Misstrauisch, unsicher und doch arrogant schlich der Großherzog um den Kardinal, als ginge es um eine Löwenjagd.
„Das einzig Wahre wäre, Ihr würdet Euch gleich wieder in die Gemächer der schönen Frauen von Rom zurückziehen, Kardinal Ferdinando“, schon nach dem ersten Satz bereute es Francesco, seinen Bruder zu diesem Gespräch gebeten zu haben.
„Wer es mit den schönen Frauen hat, mein Bruder, ist nicht schwer auszumachen. Dabei ist nicht die schöne Frau der Dorn im Auge der Medici. Es ist die Intrigantin, die sich mit Tricks und Lügen in unsere Familie eingeschlichen hat. Was habt Ihr an „der“? Nehmt Euch, wenn Ihr es schon nicht lassen könnt, einige andere aus den besten Häusern Florenz‘. Ihr könnt mir nicht erzählen, dass die Damen aus Florenz schlechter im Bett sind als diese Bianca. Sie versteht nur das Spiel der Intrigen, des Betrugs und der Zauberei besser als die anderen. Was macht sie mit Euch in den vielen Stunden und Tage in Eurer Hexenküche der Alchemie? Hat sie für Euch auch den Liebestrank gemischt, der Euch die Leistung vollbringen lässt, die für ihre unersättliche Begierde gefordert ist? Es hat den Anschein, sie hält Euch wie einen Tiger in einem Käfig. Das kann nur an einem Zaubertrank liegen, den sie Euch täglich, vielleicht sogar stündlich mischt. Es wird Zeit, dass die Inquisition hinter die Machenschaften dieses Weibes schaut.“
Zumindest kannte er jetzt die Gedanken Ferdinandos über Bianca, schloss Francesco als dürres Resultat aus dem Gespräch.
Dennoch, das waren zu viel giftige Worte. Jeder einzelne Satz, jedes einzelne Wort hatte die Gefühle seiner Hoheit mehr zum Wallen gebracht, als dass er sich noch beherrschen konnte. Sein launisches, haltloses aggressives Temperament konnte diese Anklagen nicht auf sich beruhen lassen. Und Ferdinando schaute dem aufgeregten Treiben seines Bruders amüsiert zu.
„Schweigt Ferdinando, oder Euer Leben ist beendet, bevor Ihr einen Schritt Richtung Rom gesetzt habt. Der Unterschied zu Euch ist, dass ich diese teuflische Inquisition nicht brauche. Nur ein Fingerzeig und man findet Euch mit einem Messer zwischen den Rippen im Arno wieder.“
Zynisch zog der Kardinal die Lippen herunter, lächelte.
„Das hatten wir schon einmal, erinnere ich mich. Aber nun gut, Eure durchlauchtigste Hoheit, Großherzog Francesco, versuchen wir die Sache neu anzugehen. Ihr wolltet ein Versöhnungsgespräch. Dann bietet die Versöhnung an.“
„Schon jetzt habt Ihr zu viel zerstört, als dass ich noch einen Sinn in der Fortsetzung sehen würde.“
Es war an Francesco sich zu ärgern und die Angriffe seines Bruders verdauen zu müssen. Ihm war es stets gleichgültig, welches Leben sein Bruder führte, so sollte es Ferdinando ebenso gleichgültig sein, wie er lebte.
„Was schwebt Euch vor. Was passt Euch nicht an meiner Regierung und meiner Liebe zu Bianca?“
„Alles, mein Bruder, alles. Und all dies hat die Hexenmeisterin aus Venedig angezettelt. Der Einzige, dem das entgeht, seid Ihr. Es geht nicht nur um Euch. Wenn Ihr das Erbe der Medici übernommen habt, dann tragt es mit Würde und Verantwortung. Der Großherzog ist nicht ein
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