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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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vor mehr als einhundert Jahren diese Festung erbaut. Ich nenne mich, wie einer meiner ehrwürdigen Vorfahren Astorgios Manfredi. Kommt einmal mit.“
    Er führte Bianca die sehr engen Stiegen bis zur Turmspitze hinauf und ließ sie vor das Wehr treten. An der brusthohen Mauer wies er mit seinem Arm in alle Himmelsrichtungen.
    „Was seht Ihr?“
    Die Überwältigung des beherrschenden Blickes in alle Himmelrichtungen hieß Bianca schweigen.
    Und da sie nicht antwortete, fuhr er fort.
    „Von hier aus könnt Ihr fast das ganze Lamone Tal überschauen. Von dieser Burg aus habe ich die Gegend weit und breit unter meinen Fittichen. Das war schon immer der Stolz meiner Vorfahren. Nur ein heimtückischer Mord des damaligen Kardinals konnte den letzten der Manfredi dahinraffen. Jeder versuchte Angriff wäre fehlgeschlagen.“
    Manfredi zeigte wieder in die Täler hinunter.
    Von dort drüben, aus dem Norden seid Ihr gekommen. Doch längst einige Ortschaften zuvor seid Ihr meinen Männern aufgefallen. Sie haben mir von Euch Bettelmönchen die Kunde überbracht. In Verbindung mit der Aufregung der Cappellos über Eure Flucht und die des jungen Mannes aus Florenz war es mir schnell klar, wer sich unter der Kutte des kleinen, schmalen Bettelmönches, der stumm zu sein schien, verbarg. Alle diese Einzelheiten, ehrwürdige Bianca, sind ein guter Trick aber unwirksam, wie Ihr feststellen könnt. Nun gut, ich ließ Euch beobachten und hierher bringen. Ein einfacher, gerader Weg.“
    „Dafür mussten wir den beschwerlichen Weg den Berg hinauf auf uns nehmen, damit Ihr Euch bestätigen könnt? Das sehe ich nicht als Hilfe an. Es ist eine zusätzliche Belastung.“
    Der Burgherr lachte laut und seine Lache verfing sich in den Festungsmauern unter ihnen.
    „Signorina Cappello, ja, ja, ich hatte ein wenig vergessen, wie empfindlich und schwach Ihr aus der Stadt seid. Ihr tut keinen Schritt zu viel, steigt sofort in eine Gondel und lasst Euch überall herumfahren. Auf den wenigen trockenen Wegen in Venedig werdet Ihr auch noch in Sänften getragen. Habt Ihr überhaupt noch Füße?“
    Der Graf beugte sich nieder und hob die Kutte an, um Ihre Füße zu betrachten. Mit einer schnellen Bewegung trat sie ihm vor das Schienbein, dass er entsetzt zurückwich.
    „So sieht also Eure Hilfe aus“, beschimpfte sie ihn, „was wollt Ihr in Wirklichkeit?“
    „Ich bitte Euch um Verzeihung, das Temperament ist mit mir durchgegangen“, dabei brüllte er erneut vor Lachen.
    „Ich will Euch helfen, das ist alles. Vielleicht ist es gerade das, was schwerfällt zu verstehen. Euer Fußmarsch ist bewundernswert, Eure Leistung grandios. Eine der wenigen erholsamen Nächte will ich Euch schenken. Seid unbesorgt, Euch geschieht nichts. Ich sehe Euch eher als eine Tochter an, um die ich mich sorge.“
    „Die Sorge um die Töchter kenne ich, Graf Manfredi, dann habe ich nichts Gutes zu erwarten, und eine ruhige Nacht schenke ich mir alleine“, spie sie bissig aus.
    „Ich sehe, ich habe wieder ein falsches Wort benutzt. Verzeiht erneut. Ihr seid ständig auf der Hut, Ihr vermutet immerwährende Gefahr. Machen wir es jetzt einfach. Ihr seid so frei, wie Ihr es wollt. Ihr könnt tun und lassen, was Ihr wollt. Ihr könnt gehen, wohin Ihr wollt.“
    Sie glaubte der zu offenherzig vorgetragenen Fürsorge nicht. Welcher Grund könnte Manfredi dazu verleiten, sich mit Cappello in eine Auseinandersetzung zu stürzen. Das Lebensprinzip zumindest in Venedig hieß: „Nimm, was du kriegen kannst.“
    „Meine Einladung ist die“, sagte Manfredi mit einem Lächeln, dass seinen Forscherblick noch immer nicht verloren hatte, „Ihr könnt ein Bad nehmen, das ist übrigens ein Luxus auf dieser Burg. Ihr könnt gemeinsam mit Eurem Freund und mir zu Abend speisen und anschließend in aller Sicherheit die Nacht verbringen. Ich gebe Euch einen Schlüssel von Eurer Kammer und außerdem könnt Ihr sie von innen verriegeln. In dieser Schlafkammer befindet sich ein schmales, eisernes Bett. Einfach aber bequem. Ruht Euch aus, ab morgen dürftet Ihr wieder anstrengende Tage vor Euch haben. Für morgen biete ich Euch ein Fuhrwerk an. Ein Kutscher wird Euch bis weit in das Gebirge geleiten, Euch am späten Nachmittag zurücklassen und heimkehren. Ihr könnt Euren Weg in jede gewünschte Richtung fortsetzen. Dann aber, Bianca Cappello, seid Ihr schon einen großen Teil des Weges weiter von Venedig entfernt, Eure Spur wird sich hoffentlich verlieren, da Ihr Euch eine Zeit lang

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