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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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Wort mit ihm und lief den Weg weiter.

Ein wahrer Mönch
    Durch die Unterstützung von Manfredi war Druck aus Ihrer Flucht genommen worden. Es gab noch Landsleute, die sie unterstützten. Würde das so bleiben, oder was erwartete sie auf dem Weg nach Florenz?
    Die Dämmerung legte sich über das Land. Durch die Täler zogen dampfende Wolken. Noch hatten sie keine Bleibe gefunden. Die Bauernhöfe am Wegesrand waren spärlicher geworden, bis sie seit langer Zeit gar keinen mehr gefunden hatten. Mit der Feuchtigkeit der Wälder und saftigen Wiesen, den aufgewärmten Feldern und aus dem Fluss unten im Tal legte sich ein dichter werdender Nebelschleier über das Land. Der lange Weg zeigte seine Spuren in ihren wunden Füßen, und mit der körperlichen Erschöpfung wuchs die Unsicherheit und Angst über die Richtigkeit und Sinnhaftigkeit ihrer Entscheidung. Die eben noch grünen und fruchtigen Bäume reckten sich mit einem Male wie ungeheure Dämone in das endlos werdende Grau eines drohenden Firmamentes. Hinter jedem dichteren Nebelbalken vermuteten sie mehrarmige Ungeheuer einer ihnen unbekannten Bergwelt. Die Geräusche der nächtlichen Wanderung griffen exotisch auf sie zu. Der Weg war kaum noch auszumachen, jeder Kuppe und jeder Kurve folgend schienen drohende Gestalten sich auf sie stürzen zu wollen. Bianca stieß mehrmals kurze Gebete in den Himmel, sie fasste Pietro fester bei der Hand. Die Dunkelheit war so dicht, dass sie nichts mehr erkennen konnten. Eine finstere, bedrohliche Nacht hatte sich über die Bergwelt gelegt.
    Erschöpfung, Angst vor Konsequenzen und die Furcht vor einer unbekannten Tierwelt griffen spinnenhaft auf Pietro zu und schnürten sein bisschen Selbstvertrauen ab.
    Da vernahmen sie Pferdehufe. Das Getrappel kam von vorne aus einiger Entfernung. Es war das Stampfen und Schnaufen mehrere Rösser. Die Nachtwanderer erschraken, hielten sich fest aneinandergeklammert.
    „Was ist das“, fragte er ängstlich.
    „Ich weiß nicht“, auch ihre Stimme zitterte.
    „Wir müssen hier fort. Wir müssen uns verstecken“, flüsterte sie, „das können keine harmlosen Bauern oder Pferdehändler sein. Die wären nicht zu solch später Stunde unterwegs.“
    „Es sind bestimmt Räuber, Diebe, Verbrecher. Sie werden uns umbringen“, ängstigte sich Pietro.
    „Suchen wir Schutz.“
    Die Gruppe war näher gekommen. Ein lautes Gespräch begleitete sie. Ein Streit zeichnete sich ab.
    Im letzten Augenblick versuchten die Flüchtlinge, sich im Wald zu verstecken. Dort befand sich kein Weg und sie stürzten in das Gebüsch. Talseitig ging es steil den Fels hinunter. Sie mussten ein anderes Versteck finden. Sie befreiten sich von den Dornen, liefen ein paar Meter zurück und stürzten erneut in ein Dornengebüsch. Sie erhoben sich, starrten auf den Weg vor Ihnen.
    Vergeblich versuchte die Gruppe, die Stimmen zu dämpfen. Noch war in dem dunstigen Nachtlicht niemand auszumachen. Die Ersten lösten sich aus dem Nebel. Die Bettelmönche liefen den Weg zurück, verbargen sich mit wild schlagenden Herzen hinter einem Felsvorsprung. Ein Pferd in der Mitte der Gruppe wurde von einem der Burschen am Zügel geführt. Auf seinem Rücken wand sich ein Mensch, festgezurrt und offenbar geknebelt. Unartikulierte Laute drangen an ihre Ohren.
    Von Balzano hatte sie eine Menge über herumziehende Briganten gehört. Blitzartig schossen ihr die Gedanken durch den Kopf. Die Erzählungen hatten grauenvolle Bilder bei ihr hinterlassen. Die Berichte aus Cosimos Schlacht gegen Siena ließen kein gutes Haar an den Briganten. Mörder und Strolche, entlassene Soldaten aus den aufgelösten Armeen, die niemand mehr brauchte. Sie hatten ihre letzten Schlachten geschlagen, waren nach Hause geschickt worden. Sie kehrten aber nicht heim. Töten und Morden, Rauben, Vergewaltigen und Quälen hatten sich bei ihnen eingeprägt wie eine unveränderbare Tätowierung auf der Brust. In Gruppen zogen sie durch die Lande, gingen weiter ihrem mörderischen Geschäft nach, raubten und mordeten um des Geldes und um des Vergnügens wegen. Ihnen in die Hände zu fallen, bedeutete das sichere Ende. Ein Mönch, ein Priester, eine Frau, sie alle bedeuteten nichts für diese Henkersknechte. Zu lange hatte man sie in den regulären Kriegen gelehrt, wie man seinen Kampf gewinnt, mit welchen Mitteln der Feind bezwungen wird, ob sie gegen den Kaiser oder gegen den Papst kämpften. Dem Gegner Angst einjagen durch Brutalität, das hatten sie gelernt.
    In Panik

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