Der Schwur der Venezianerin
willst mir Angst machen, um diese scheußliche Strapaze zu begründen.“
„Du gehörst zu den Weichlingen, die so oder so frühzeitig im Leben umkommen. Lass dir das gesagt sein. Du wirst deinen Weg niemals gehen können, weil du keinen Weg hast. Du hast kein Ziel, also auch keinen Weg. Du trudelst von einer Bettkante zur anderen. Die Scharfrichter warten schon darauf, dir deinen unnützen Leib aufzuschlitzen. Treffe endlich, Pietro Bonaventuri, treffe endlich eine gangbare Entscheidung, folge ihr und bleibe bei ihr.“ Sie wies auf den Weg zurück den Berg hinab ins Tal. „Wenn du willst, gehe dorthin, bergab, immer bergab. Ich werde dich nicht mehr aufhalten.
Nur mit einer klaren Entscheidung wirst du dich selbst und deinen Weg mit einem Schutzmantel versehen können, so wirst du unangreifbar und fest und sicher im Leben. Aber nicht mit schwächlichen Anfällen wie ein altes Weib. Du weißt nicht, was du willst, du weist nicht, wie du deinen eigenen Weg zu gehen hast. Du versagst. Letztendlich wirst du selbst im Bett einer schönen Frau eines Tages umgebracht werden. Man wird keine Achtung vor dir haben, man wird dich einfach nicht im Leben berücksichtigen, du wirst immer im Weg stehen, anderen lästig sein. Wie eine Fliege wird man dich fangen und an die Wand klatschen. Wahrscheinlich wird dann noch nicht einmal jemand da sein, der dich betrauert. Oh Gott, Bonaventuri, mach dich nicht zum Jammerlappen und zum Weichling.“
Sie hatte sich heiß geredet, ihre Augen glühten, der Zorn der letzten Tage, sein immerwährendes Jammern hatte sich bei ihr aufgestaut und war mit einem Mal, bei diesem kleinen Anlass zum Ausbruch gekommen. Pietro fühlte sich zu Unrecht so behandelt. Wie konnte er ihre Perspektive sehen, wenn er nicht einmal sein Versagen sah. Wieder einmal zog er sich in sein Schneckenhaus zurück und spielte den Verletzten.
Mit auseinander gestellten Beinen hatte sie sich auf dem Boden niedergelassen, die Knie gespreizt und stützte ihre Arme darauf und legte ihr Gesicht in die gerundeten Hände. Sie blickte in das herrliche Tal vor ihnen am Fuße des Monte La Faggeta. Zu ihrer Linken zogen sich die Serpentinen am Hang hoch, rechts unter ihr waren deutlich die bereits überwundenen Wege zu erkennen. Wie ein Flickenteppich lagen die Felder und Wiesen der Bauern unter ihnen.
„Pietro, schau, soviel haben wir bereits hinter uns gebracht. Viel mehr, als noch vor uns liegt. Danach werden wir auch bald wieder in die Täler zurückkehren, den Blick von Pratolino auf die Hügel von Florenz genießen, dann werden wir in Sicherheit sein und ein Leben in Frieden und Eintracht mit unserem Kind erfahren dürfen.“
„Wenn das alles so einfach wä…….“
„Oh Gott, Pietro hör auf mit deinem nicht enden wollenden Jammergesang. Erhebe dich, es geht weiter“, rief sie zornig.
Dann blieb sie plötzlich noch einmal stehen und wandte sich ihm zu.
„Pietro Bonaventuri, ich habe dich sehr lieb. Daher ist es besser für dich, wenn du umkehrst und dein Leben, wie bisher, weiterführst.“
Sie fand sich wie niemals zuvor lächerlich in ihrer Mönchskutte, warf die Kapuze nach hinten über, ließ ihre langen Haare um den schönen Kopf im Wind wehen und schritt mit energischem Gang weiter der Anhöhe zu. Bianca schnaufte und stöhnte. Doch ließ sie dem Bankmann hinter ihr nichts anmerken. Er könnte sie ohnehin nicht hören, da sie schon zu weit weg war. Sie würde jetzt erst recht keine Schwäche zeigen. Sie blickte sich ein paarmal um, und entdeckte keinen Pietro mehr.
„Wenn er nach Venedig zurückkehrt, wäre das in Ordnung für ihn“, dachte sie, „und ebenso für mich. Allmählich entwickelt er sich zu einem Klotz am Bein. Ich gehe meinen Weg. Mein Leben würde nicht von ihm abhängen.“
Sie schaute sich nicht mehr um und war glücklich alleine forsch vorangehen zu können. So hätte sie auch in Florenz kein Hemmnis das zu tun, was sie tun wollte.
Bianca lief und lief bergan. In ihrem Kopf gestaltete sie das Leben ohne den Banker.
Auf der nächsten Höhe angekommen, blieb sie erneut auf einem Felsvorsprung hocken und blickte in das wunderschöne Tal vor sich. Doch schon nach wenigen Augenblicken erhob sie sich wieder, um weiter zu laufen.
Ein Geräusch hinter ihr ließ sie ihren Kopf wenden. Als sie die Quelle entdeckt hatte, wandte sie sich ohne ein Wort zu sagen ihrem Weg zu und schritt zügig voran.
Das Schnaufen hinter ihr nahm zu.
„Warte auf mich“, keuchte Pietro.
Sie wechselte kein
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